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Die Farm am Eukalyptushain

Die Farm am Eukalyptushain

Titel: Die Farm am Eukalyptushain
Autoren: Tamara McKinley
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unterhalten.
    Veldas Bangigkeit nahm zu, als von dem Arzt keine Nachricht eintraf. Aber sie konnte nichts tun, und als sie sich schließlich erheben und es sich hinter der Bühne in einem Korbsessel bequem machen durfte, lenkte sie sich damit ab, dass sie Streitigkeiten schlichtete, beim Schleifenbinden half und zusammen mit ihrer Freundin Poppy für Frieden sorgte.
    Die Nacht im Outback brach schnell herein. Das Licht wurde eingeschaltet, und die Aufregung wuchs, als die ersten Zuschauer ihre Plätze einnahmen. Das Orchester war klein, aber gut, und schon bald klatschte das Publikum zu seinen Lieblingsliedern, gespielt von Akkordeon, Trommel, Klavier und Violine.
    Velda hatte in der Garderobe geholfen, so gut es ging. Es war drangvoll eng dort, denn viele Leute mussten sich hineinzwängen. Sie hatte zerbrochene Fächer repariert, Strümpfe gestopft, Streitereien zwischen den Mädchen geschlichtet und allgemein für Ordnung gesorgt. Nun war sie müde, und der Schmerz war wieder da; in erbarmungslosen Wellen durchströmte er sie und war schier überwältigend. Aber sie wusste, sie durfte sich von niemandem anmerken lassen, wie schlimm es war. Die Vorführung musste weitergehen, und die Akteure durften nicht abgelenkt werden. Wenn es zum Schlimmsten kommen sollte, würde sie hinausschlüpfen und im Hotel Hilfe suchen. Poppy hatte ihr versichert, der Arzt sei unterwegs.
    Das aufgeregte Gemurmel schwoll an, als die Lichter ausgingen und der Vorhang sich öffnete und Poppy und die fünf anderen Mädchen die Beine in die Höhe schwangen. Der Rest der Truppe wartete hinter den Kulissen. Die Show hatte begonnen.
    Jetzt war Velda allein in der Garderobe. Sie lauschte der Musik und dem Stampfen der Tänzerinnen auf den Brettern der Bühne.Sie roch den Staub des Saales, den stechenden Geruch von Kampfer, die Fettschminke und das Parfüm der Frauen im Publikum. Ihr scharfes Gehör vernahm eine schräge Note des Geigers, den verpassten Einsatz einer Chorsängerin, der zwei Takte früher hätte kommen müssen, und das Rattern des Deckenventilators, der eher wirkungslos in der schwülen Luft rührte.
    Declans Stimme hallte unter den Deckenbalken, als er seinen Monolog aus dem Schottischen Stück deklamierte, und Velda sank in den Korbsessel zurück und schnappte vor Schmerzen nach Luft. Die Schraubzwinge wurde immer fester und nahm ihr den Atem. Sie stürzte in eine Leere, in der kein Laut zu hören und nichts zu sehen oder zu empfinden war als reine Qual.
    Ihre Angst wurde abgrundtief. Sie hätte schon eher ins Hotel gehen und um Hilfe bitten, sie hätte auf die Warnungen ihres Körpers hören und ihr ungeborenes Kind nicht um einer Vorstellung willen in Gefahr bringen sollen. Sie wollte jemanden rufen, aber das Publikum lachte und klatschte, und ihre Stimme ging im Lärm unter. Sie atmete flach und stoßweise. Mühsam erhob sie sich aus dem Sessel und schleppte sich aus der stickigen Garderobe in den schmalen Korridor, der zur Bühne führte. Wenn ich noch jemanden auf mich aufmerksam machen kann, wird alles gut werden, sagte sie sich. Wenn nicht, würde sie versuchen müssen, im Hotel Hilfe zu finden. Hoffentlich würde sie es noch rechtzeitig schaffen.
    »Zu dumm«, keuchte sie. »Zu dumm, dass ich nicht früher Hilfe geholt habe.«
    Die Mädchen traten von der Bühne ab und hätten Velda beinahe umgerannt. »Velda?« Poppy packte sie beim Arm und hielt sie mit knapper Not aufrecht.
    »Es hat angefangen«, ächzte Velda. »Hol Hilfe, schnell!«
    Poppy übernahm das Ruder, wie sie es in Augenblicken der Krise immer tat. Sie war ein vernünftiges Mädchen von geringem Talent, besaß jedoch ein hinreißendes Aussehen, eine prächtigeFigur und ein gutes Herz. Sie funkelte die anderen fünf Mädchen an und erteilte ihnen in scharfem Flüsterton Anweisungen. Eine lief hinaus in die Dunkelheit, während die anderen Velda zurück in die Garderobe führten. Auf dem Fußboden bereiteten sie ein notdürftiges Lager aus alten Vorhängen, Kissen und geklauten Laken, die Poppy in ihrem Kostümkorb versteckt hatte.
    Velda wusste, dass Poppy die Erwerbsnatur einer Elster hatte, aber es kümmerte sie jetzt nicht, woher die Laken stammten. Der Schmerz kam in Wellen. Die Fruchtblase war geplatzt, und sie wusste, dass das Kind nicht mehr auf sich warten lassen würde. Schwitzend und angespannt horchte sie auf die Ankunft des Arztes, und sie hörte, wie Declan draußen Max und seinen kleinen Hund ankündigte. Der Klang seiner Stimme beruhigte sie
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