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Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)

Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)
Autoren: Madison Smartt Bell
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Theke in dem künstlichen Diner wegzukommen, froh über die Gelegenheit, sich was dazuzuverdienen. Aber Tammy war nun mal keine besonders gute Croupière. Ich wusste, sie würde den Tisch nicht lange halten.
    Ich musste wieder an Corey denken, als ich nach der Arbeit in mein Auto stieg. Bestimmt ertränkte er seinen Kummer jetzt in jener Bar an der Straße nach Vegas, einem fensterlosen Bunker namens Deadwood. Ich war einmal dort gewesen, als ich mit Pauley unterwegs war, und ich glaube, Corey wohnte irgendwo in der Nähe. Er konnte eines seiner dünnen, spitzen Ohren so zusammendrücken, dass das ganze Ding ins Loch gedrückt werden konnte. Ich erinnerte mich, wie er versucht hatte, Frauen mit diesem Trick anzumachen, aber ich glaube nicht, dass er je Erfolg damit hatte.
    Vielleicht lag er aber auch zusammengekrümmt irgend wo auf einem schmuddeligen Bett, versuchte, seine Atmung und seinen Herzschlag zu beruhigen, und überlegte, wo er das nächste Röhrchen Tabletten herkriegen sollte …
    Ich weiß nicht, warum ich weitere Gedanken an Corey verschwendete. Aber die Vorstellung, dass er irgendwie unsere
Feinde
begünstigte, war dermaßen idiotisch, dass sie mir unter die Haut ging. Hoffentlich würde Marvin bald einen anderen Kurs einschlagen. Er war normalerweise ein vernünftiger Kerl und zu den meisten im Saal ziemlich anständig. Aber er war auch loyal gegenüber der Firma, das versteht sich von selbst. Ich wendete den Wagen und steuerte ihn Richtung Wüste und Wohnwagen.

18
    Ich ging in die Wüste, bis die Welt anfing, sich zu wölben, bis die Lichter von Boulder City hinter der Krümmung des Horizonts versanken. Man kann der Lichtverschmutzung dieser vielen Städte hier nie so ganz entkommen, doch wo ich schließlich stehen blieb, waren die Sterne heller. Wieder kein Mond.
    Keine Reifenspuren weit und breit, aber ich ging neben einem Auspufftopf in die Hocke, den irgendwer hier verloren hatte. Das Ding lag schon so lange da, dass es bloß noch ein filigranes Spitzenkörbchen aus bräunlichem Rost war. Ich hätte das ganze Ding wegpusten können wie Löwenzahnsamen vom Stängel. Aber ich rührte es nicht an. In der Nähe reckte sich ein flacher stacheliger Kaktus über den hellen Sand. Eine Handvoll kleiner ausgebleichter Steine, glatt geschliffen wie Münzen, lag wild verstreut.
    Ich blieb reglos hocken. Ich wartete. Kurz darauf erschien eine Katze; sie schlich so langsam, dass ich die Bewegung gar nicht richtig mitbekam. Eine Weile war ich nicht mal sicher, ob es sich bei dem Schatten nicht doch bloß um ein unbelebtes Objekt handelte, das schon die ganze Nacht dort gewesen war. Ich konnte nicht sehen, wie sie sich bewegte, sah nur, dass sie sich bewegt
hatte
. Sie war etwa so groß wie eine herkömmliche Hauskatze, die nun vielleicht, wahrscheinlich verwildert war. Ein Hase duckte sich ein paar Schritte rechts von mir stocksteif in den Sand, absolut starr bis auf die Spitzen seiner langen Ohren, die sich drehten, auf Geräusche lauschten. Die Katze bewegte sich lautlos, aber als sie auf dreieinhalb Meter herangekommen war, riss sich der Hase los und flitzte davon. Im selben Moment sprang die Katze los, zu kurz, zu spät. Sie verfolgte ihn dennoch. Ihre Lautlosigkeit war eisern.
    Ich konnte nicht mal Pfotenabdrücke im Sand finden, so leichtfüßig hatte sich die Katze bewegt. Bloß zwei Schleifspuren, wo sie nach dem unzeitigen Sprung gelandet war.
    Mein Rücken schmerzte, Oberschenkel und Waden verkrampften sich, weil ich so lange in der Hocke geblieben war. Dennoch versuchte ich, meine Füße so weich und schwerelos wie Wattebäusche aufzusetzen, als ich zurück zur Wohnwagensiedlung ging. Orion stand am östlichen Himmel mit seinem Edelsteingürtel und dem Schwert, das daraus nach unten ragte. Der Schwanz, hatte Laurel gern im Scherz gesagt.
    Meine Hände waren kalt, als ich den Wohnwagen betrat, obwohl es in der Wüste noch nicht sehr kühl war. Meine Beine und mein Rücken waren wieder in Ordnung, aber meine Hände blieben steif, und irgendwie bekam ich sie nicht warm und locker. Falls ich Arthritis bekam, dachte ich, müsste ich meinen Job aufgeben. Ich kramte eine Dose Tigerbalsam hervor und massierte mir einen Klecks in Knöchel und Handteller, rieb so lange, bis das Fett gänzlich aufgesaugt war und das brennende Mentholprickeln abklang. Ich wusste, dass ich eigentlich keine Arthritis hatte.
    Ich wählte die Nummer, die Pauley für mich herausgefunden hatte. Es klingelte zwei Mal, drei Mal, vier
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