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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau
Autoren: Wolfgang Burger
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versprochen?«
    Ich winkte Keith Sneider, er möge auf mich warten.
    Â»Sie wird Ihnen nicht auf die Nerven gehen. Frau Guballa ist
wirklich eine Ruhige. Und hässlich ist sie übrigens auch nicht.« Aus
irgendeinem Grund schien meine Sekretärin plötzlich böse mit mir zu sein.
    Sneider stand breit grinsend vor mir und sah mich erwartungsvoll an.
    Â»Was machen Sie eigentlich so an den Abenden?«, fragte ich und
steckte das Handy ein.
    Â»Oh, wir … will sagen, meine Frau hat eine Menge Verwandtschaft hier
und alte Freunde. Mir wird nicht langweilig, falls Sie das befürchten.«
    Â»Hätten Sie trotzdem Lust, mal gelegentlich ein Glas mit mir
zusammen zu trinken?«
    Sneider zeigte zwei Reihen bestens gepflegter Nussknackerzähne und
schlug mir kräftig auf die Schulter.
    Â»Aber gerne. Sagen Sie einfach, wann und wo. Ich freue mich auf
einen zünftigen Männerabend und ein gutes Glas Wein. Allmählich kann ich keine
Verwandtschaft mehr sehen, und außerdem trinkt Margots Anhang nur Bier.«

4
    Â»Diese Frau hat schon wieder angerufen«, eröffnete mir
Sönnchen mit abgewandtem Blick, als ich mein Vorzimmer betrat. »Es sei wichtig,
sagt sie. Soll ich ihr beim nächsten Mal Ihre Handynummer geben?«
    Aus meinem Büro kam gerade der schwitzende und schnaufende
Hausmeister, gefolgt von einer unscheinbaren, ebenfalls ein wenig atemlosen
dunkelhaarigen Frau in dunkelbraunen Cordjeans und einer Bluse in etwas
hellerem Braun. Die Farbe ihres halblang und praktisch geschnittenen Haars lag
irgendwo dazwischen. Auf der kleinen Nase trug sie eine schmale Brille mit
rehbraunem Horngestell. Im Kinn hatte sie ein kleines Grübchen.
    Â»Auf gar keinen Fall!«, fuhr ich Sönnchen an. »Auf keinen Fall geben
Sie irgendwelchen Leuten meine Handynummer!«
    Â»Sie klingt …« Sönnchen sah die Fremde an und nickte ihr übertrieben
freundlich zu. »Ich glaub, sie ist ziemlich verzweifelt. Sie sagt übrigens, Sie
kennen sich.«
    Die braune Frau stand mit ausgestreckter Hand und verlegenem Lächeln
vor mir.
    Â»Guballa«, sagte sie mit dunkler Stimme. »Danke, dass Sie mir Asyl
gewähren. Helena, wenn Sie mögen.«
    Ich drückte ihre warme, weiche Hand und sagte gleichzeitig zu
Sönnchen: »Wie heißt diese Frau denn, die mich angeblich kennt?«
    Â»Will sie nicht sagen.«
    Ich ließ die Hand wieder los. Der Hausmeister, der wegen irgendetwas
wütend zu sein schien, knallte brummelnd die Tür hinter sich zu.
    Â»Sie behauptet, sie kennt mich, aber ihren Namen will sie nicht
verraten?«
    Sönnchen zuckte verstockt die Achseln, wies auf die Frau neben mir.
»Sie haben sich ja schon bekannt gemacht, sehe ich.«
    Die Frau in Cordjeans lächelte inzwischen nicht mehr.
    Â»Entschuldigung«, sagte ich und reichte ihr ein zweites Mal die
Hand. »Hier geht’s gerade ein bisschen drunter und drüber, wie Sie sehen. Sie
sind also meine neue Bürogenossin. Na dann, auf gute Koexistenz.«
    Jetzt lächelte sie wieder. »Guballa. Helena, wenn Sie mögen.«
    Sie roch nach nichts. Nicht nur ihre Hand war weich, auch ihre
Bewegungen, ihr ganzer Körper schien es zu sein. Die Jeans spannte ein wenig um
die Hüften.
    Â»Gerlach«, sagte ich. Das fehlte noch, dass irgendwelche wildfremden
Kolleginnen mich gleich am ersten Tag mit dem Vornamen anredeten. »Was wird
Ihre Aufgabe sein, wenn ich fragen darf?«
    Ich bat Sönnchen um einen zweiten Cappuccino und betrat, gefolgt von
meiner neuen Mitbewohnerin, mein Büro, wo mittlerweile zwischen Fenster und
Wand gequetscht ein kleiner Schreibtisch stand. Schon mit Telefon, aber noch
ohne Stuhl. Kurz entschlossen packte ich einen meiner vier Besucherstühle und
stellte ihn vor den Schreibtisch, der aussah, als hätte er schon einige Jahre
im Keller seiner Entsorgung entgegengemodert.
    Â»Ich bin Zielfahnderin«, sagte die Frau in meinem Rücken schüchtern.
    Â»Und nach wem werden Sie fahnden?«
    Â»Judith Landers. Der Name sagt Ihnen etwas?«
    Â»Da war mal irgendwas mit der RAF, nicht wahr?«
    Helena Guballa trug keinen Schmuck. Kein Ring, nichts an den Ohren,
nicht einmal ein dünnes Kettchen um den Hals. Ihre Nägel waren kurz geschnitten
und unlackiert. An manchen Fingern waren sie so kurz, als würde hin und wieder
an ihnen genagt.
    Â»Ich bin hier in Heidelberg«, erklärte sie ernst, »weil es
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