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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex
Autoren: Jo Clayton
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nicht.”
    „Ay. Da er sich selbst in diesen Schlamassel bugsiert hat, muß er zumindest ein Ziel gehabt haben. Was hat er Ihnen gesagt?”
    „Nichts.” Sie leerte die Tasse, starrte kurz auf den Satz und stellte sie beiseite. „Er hat etliche Stapel mit Notizen zurückgelassen.
    Auf Papier, im Computer. Den Zugriff darauf hat er nicht blockier
    - im Gegensatz zu den Vryhh-Daten.” Sie unterbrach sich, als bedauere sie, dies ausgesprochen zu haben. „In Sil Eva-reen gibt es keinen Tod… so lauten die Geschichten. Niemand dort stirbt.” Sie kratzte über die Tischplatte, und die Geräusche, die sie dabei verursachte, ließen sie offensichtlich frösteln. „Niemand dort stirbt”, wiederholte sie sehr leise. „Er hat sein ganzes Leben lang mit den Vrya zu tun gehabt, immer wieder mit denselben Leuten, Jahr um Jahr, Jahrzehnt um Jahrzehnt, und sie haben sich nicht verändert.
    Das ging ihm nahe, besonders nach dem Schlaganfall. Er wurde verschlagen, boshaft, verschlossen, noch mehr, als er dies schon war, und das will schon etwas heißen. Und er gab sein Geld schneller aus denn je, als wäre es… oh, ich weiß nicht… als wären es Blätter von diesem Busch.” Sie deutete mit dem Daumen auf eine gedrungene Pflanze nicht weit vom Tisch entfernt. „Alte Kunstgegenstände… es gibt einen großen Markt für alte Kunstgegenstände.
    Ich könnte es verstehen, wenn… Aber das war nicht der Grund …
    nein… Unsterblichkeit… Mein Gott, Jägerin, jede Kultur hat solche Geschichten… Er verbringt… verbrachte … Er -“Wieder bemühte sie sich, ihre Fassung zurückzugewinnen. Eine Hand umschloß die andere, und ihre Gelenke knackten unter dem Druck. „Alter Narr”, brach es aus ihr heraus. Sie riß die Hände auseinander und schlug sie flach auf den Tisch. „Was wollten Sie von Esgard? Was wollten Sie wirklich?”
    „Sie haben die Mitteilung gelesen.” Aleytys machte eine ungeduldige Geste, als wische sie nach Spinnweben. „Sie ist nicht schwer zu verstehen, keine versteckten Andeutungen. Meine Mutter war… ist… eine Vryhh, sie hinterließ bei Esgard eine Nachricht für mich. Es ist kein Geheimnis, daß ich eine Halbvryhh bin -und das ist wahrscheinlich auch der einzige wahre Teil der Geschichten, die über mich kursieren. Ich möchte diese Nachricht haben. Das ist alles.”
    Hana griff in einen Gürtelschlitz, holte ein zerknittertes Blatt Papier hervor, strich es auf dem Tisch glatt und starrte darauf. Die Mitteilung. „Für seriöse Nachforschungen werde ich mehr als das hier benötigen.” Sie strich mit dem Zeigefinger über das Papier.
    „Vryhh. Hmmm. Esgard hat seine Vryhh-Unterlagen immer gesondert von seinen anderen Geschäftsdingen aufbewahrt, sorgsam und raffiniert vor Schnüfflern geschützt, Stück für Stück; er hat nie jemanden wissen lassen, was er tat. Und als er aufbrach…” Sie unterbrach sich und starrte an Aleytys vorbei, als sehe sie etwas, das sie sehen wollte.
    „Als er aufbrach…?”
    „An jenem Tag änderte er den Zugriffscode. Er hat ihn versiegelt. Niemand kommt an die Informationen heran. Nicht einmal ich habe Zugriff. Es tut mir leid. Es sei denn, sie wissen irgend etwas - Daten, Namen, ganz gleich, was - mit dem ich die Sperre umgehen könnte.”
    „Ich kenne den vollen Namen und die Sippe meiner Mutter, ein paar Daten.” Sie blickte finster auf ihre Handrücken hinab; schloß die Finger zu Fäusten. „Und noch einen Namen. Ich muß nachdenken…”
    Der Blick aus den blassen Augen schoß hoch und weg und wieder hinab; zitternde Hände strichen über das Papier. Hana bemühe sich, ihren Eifer zu verbergen. „Je mehr Daten mir zur Verfügung stehen, je mehr Wege ich erkennen kann, desto größer ist die Chance, daß es mir gelingt, das Siegel zu umgehen. Ich bin sehr gut darin, wissen Sie, ich kenne mich mit Computern wirklich aus, sogar Esgard mußte das zugeben. Deshalb war er auch extrem vorsichtig. Ich habe versucht…” Sie schob den Zettel zu Aleytys her
    über. „Das hier genügt nicht.”
    Aleytys nahm das Blatt an sich, las die hingekritzelten Worte noch einmal. Sie zögerte, weitere Informationen herauszugeben, denn sie vertraute Hana keinesfalls mehr als zuvor, beim Niederschreiben dieser Notiz. Sie konnte das Durcheinander von Emotionen empfangen, das in der Frau herrschte - Ärger, Unwillen, Furcht, Habgier, Einsamkeit, Ambivalenz, Zweifel, verschlagene Belustigung, Selbstmitleid… so viele Empfindungen, daß eine direkte Lüge oder Halblüge
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