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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex
Autoren: Jo Clayton
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Jetzt war ihre Stimme die Stimme eines kleinen Mädchens. „Er hat es versprochen.” Sie schwieg, und ihr Atem wurde hastig, dann federte sie aus dem Sessel hoch, stand über den Tisch gebeugt, ein Raubvogel. „Du lügst.
    Er hat es dir gesagt. Du willst mich bestrafen, weil ich dich auf diese Reise geschickt habe. Du lügst!”
    „Sei kein größerer Dummkopf, als du bisher schon warst. Ich war der Preis, den er für Sil Evareen bezahlt hat. Er hat es mir gesagt. Eine Halb-Vryhh für sie - und für ihre Experimente. Dich hat er nur dazu benutzt, um mich an Ort und Stelle zu bugsieren, das ist alles. Er hat dich hereingelegt, und er hat mich hereingelegt, und am Ende hat er sich selbst hereingelegt, weil er mich dort nicht festhalten konnte - und sie auch nicht. Hana, ich bin müde. Ich will wegkommen von dieser Welt. Du hast jetzt zwei Möglichkeiten.
    Entweder, du läßt mich jetzt meine Arbeit tun, oder du versuchst, mich abzuwimmeln. Entscheide dich.”
    Hana preßte eine zitternde Hand auf ihre Augen, stand tief atmend da, die andere Hand zur Faust geballt. Sekunden vergingen, dann straffte sie sich, wischte sich mit einer Hand übers Gesicht und sah ihr in die Augen. „Ich habe mich nicht sehr schlau angestellt, nicht wahr?” Sie erwartete keine Antwort darauf. „Aber ich bin kein völliger Dummkopf. Komm.” Sie durchquerte den Raum, legte ihre Hand flach auf die Handflächenkenntafel und trat beiseite, als die Tür lautlos in die Wand zurückglitt. „Du kennst das Programm. Nimm dir Zeit, soviel du brauchst.”
    Aleytys setzte sich an die Konsole, wartete, bis die Tür zugeglitten war. Sie starrte auf den Bildschirm und zögerte, da sie sich ein wenig elend fühlte; da war ein Druck in ihrem Kopf, als würde er zwischen den Backen eines Nußknackers festgehalten… Dann preßte sie die Lippen aufeinander und machte sich daran, die Zahlen-Buchstabenkombination des Codes einzugeben.
    Der Bildschirm erwachte mit einem Flackern zum Leben. Ein Gesicht tauchte darauf auf, ein bläuliches, metallisches Gesicht, auf Wesentliches reduziert, fern; leidenschaftslos. Ein Android.
    „Transfer im Gang”, sagte das Kunstwesen, starrte sie noch mehrere Sekunden lang an - und war verschwunden. Aleytys machte einen tiefen Atemzug. Und starrte in das Gesicht einer Frau. Direkt vor ihr. Nicht das Gesicht, das sie im Spiegel sah, wenn sie hineinblickte, jedoch ähnlich genug; ihr wurde unbehaglich. Sie konnte es noch immer nicht glauben. Das Gefühl der Unwirklichkeit wurde bedrückend. Die Frau sprach. „Aleytys.” Eine volle, tiefe Altstimme, fast wie Harskari, wenn sie milde gestimmt war. „Du hast es also bis nach Ibex geschafft.”
    „Shareem…” Aleytys flüsterte es; unmöglich, daß sie zu dieser Frau Mutter sagte. Sie räusperte sich. „Ja, ich habe es geschafft.”
    Die Banalität dieser Unterhaltung beschämte sie, ärgerte sie; das war so unangemessen. Aber was sagt man zu jemandem, der einem völlig fremd war; spielte es da eine Rolle, daß diese Fremde sie zur Welt gebracht hatte, sie an ihrer Brust hatte trinken lassen? Sie wartete auf den Zorn, doch nichts geschah; vielleicht hatte sie allen Zorn hinausgeblasen, über ganz Ibex verstreut.
    „Ich habe einige bemerkenswerte Geschichten über dich gehört.”
    „Glaube nicht alles, was du hörst.”
    „Das tu’ ich nie. Du hast dir etwas geschaffen. Ein gutes Leben?”
    „Im Großen und Ganzen ein gutes Leben.”
    Shareem rieb sich über die Nasenspitze. „Ich weiß nicht so recht, was ich als nächstes sagen soll… was ich dich fragen soll”, murmelte sie. „Was willst du, Aleytys?”
    „Vrithian”, antwortete sie. Sie zögerte, sprach hastig weiter.
    „Dich kennenlernen. Wissen, wer und was ich bin.”
    Shareems Mund deutete ein Lächeln an, und für einen Sekundenbruchteil sah sie auf einen Punkt jenseits des Aufnahmebereichs der Kamera, dann nickte sie. „Ich verstehe. Ich werde zu dir kommen. Ich glaube, so ist es am besten.”
    „Nicht hierher. Wolff.”
    „Natürlich. Wolff. Wann?”
    Aleytys rieb sich die Nase, lachte nervös. „Drei Standard-Monate. Es gibt da noch ein paar lose Enden, die ich verknüpfen muß.”
    „In drei Monaten also. Du siehst müde aus.”
    Aleytys hob eine Braue. „Mütterliche Gefühle? Das paßt nicht zu dir.” Sie seufzte und ließ sich in den Sessel zurückfallen. „Ich bin müde. Es war ein langer Weg.”
    „Das nehme ich an. Erzähl mir alles, in drei Monaten, und paß auf dich auf.” Der
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