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Die Fährte des Nostradamus

Die Fährte des Nostradamus

Titel: Die Fährte des Nostradamus
Autoren: Mathias Rückert
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wenn ich sie nicht mit jemand teilen könnte. Sie wissen ja. Geteilte Freud ist doppelte Freud.“
    Sheldon hockte vor den Kamin, und legte Holz nach. Dann nahm er den schweren Feuerhaken, und stocherte damit in der Glut.
    „Und Sie meinen tatsächlich, ich wäre ein geeigneter Kandidat, mit dem Sie bei einem guten Tropfen Ihre Freude über Not und Elend teilen möchten?“
    „Warum nicht. Als ich das römische Reich schuf, feierten wir legendäre Feste kann ich Ihnen sagen. Nicht alle Menschen sind so brav, wie sie scheinen. Gib ihnen Macht und Unsterblichkeit, und sie zeigen ihre wahren Charaktere. Alles was sie brauchen ist lediglich ein starker Führer, der ihnen das alles ermöglicht. Auch in Deutschland habe ich mich prächtig amüsieren können. Natürlich kommt dann irgendwann Langeweile auf. Aber dann sucht man sich eben einen neuen Spielplatz. Es gibt immer willige Seelen, die mir gerne zur Seite stehen. Schauen sie sich doch bloß in unserem Land um. Der Amerikaner und seine Waffen. Jeder hier hat so ein Ding im Schrank stehen. Eine Waffenlobby gibt es sogar. Ist das nicht herrlich? Eine Waffenlobby! Warum gibt es eigentlich noch keine Drogenlobby. Ich muss darüber nachdenken.“ Cole gab sich so, als wenn er tatsächlich darüber nachdachte. „Der Amerikaner ist so in seinen Patriotismus verliebt“, begann er weiter zu erzählen, „das er immer noch mit dem Finger auf die Deutschen, und ihren Verbrechen des zweiten Weltkrieges zeigt. Das er seine eigenen Ureinwohner größtenteils vernichtet hat, die Sklaverei bis zur Meisterschaft betrieb und auf der ganzen Welt in Kriege verwickelt ist, ignoriert er ohne mit der Wimper zu zucken. Ein herrliches Land, sage ich Ihnen. Wie war das noch, wo waren Sie, bevor sie in die staubige Welt der Diplomatie eintraten?“
    Sheldon ließ sich kein schlechtes Gewissen einreden, und verzichtete auf eine Antwort. Stattdessen versuchte er auf Zeit zu spielen.
    „In den Centurien soll etwas über das Ende der amerikanischen Präsidentschaft stehen. Wird Nostradamus auch mit dieser Prophezeiung Recht behalten, Cole? Fällt mir ehrlich gesagt schwer, das zu glauben.“
    Cole goss sich einen weiteren Whisky ein, und beobachtete durch das halb volle Glas das Spiel der Flammen.
    „Mein lieber Botschafter. Ich muss sagen, da fehlt es Ihnen erheblich an politischen Weitblick. Begreifen Sie denn nicht, was gerade passiert? Amerika isoliert sich! Gleichzeitig stellt sich das Volk immer mehr gegen seine Führung. Nur mit meiner bescheidenen Hilfe ist es dem Präsidenten ein zweites Mal gelungen, gewählt zu werden. Aber die Stimmen gegen ihn werden lauter, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Volk gegen seine egoistischen Pläne aufbegehrt. Es wird zu Tumulten kommen. Die Bürger werden rebellieren und zu ihren Waffen greifen. Amerikaner werden gegen Amerikaner kämpfen, und das Land ins Chaos stürzen. Bürgerkrieg verstehen sie. Vielleicht lässt sich das Land mit der schönsten Flagge der Welt ja wieder spalten. Nordstaaten gegen Südstaaten. Sie sehen… alles wiederholt sich. Soll ich weiter ausführen?
    „Nein!“ Sheldon hatte genug gehört. Vor seinem inneren Auge spielten sich Szenarien ab, die aus einem Endzeitfilm stammen könnten.
    Inzwischen glühte die Spitze des Feuerhakens hellrot. Sheldon bewegte sich vor dem Feuer nach links, in Coles Richtung.
    „Nun ja. Ich muss sagen... Ihr Angebot hat etwas. Und Sie haben natürlich Recht, ich war beim Militär. Und es war die beste Zeit meines Lebens. Die Kameradschaft, das Gefühl, wirklich etwas für das Land zu tun…
    Aber wissen Sie Cole. Irgendwann spürt man, dass man nicht mehr dazu gehört. Einfach blind absurdeste Befehle ausführen, bei denen unzählige Zivilisten ihr Leben lassen mussten, das war nichts mehr für mich. Kurz gesagt, ich werde Ihr Angebot leider ablehnen müssen.“
    Sheldon wirbelte herum, während er das letzte Wort aussprach. Entschlossen, den glühenden Feuerhaken in Coles Brust zu rammen, machte er einen Satz nach vorn.
    Cole hatte ihn jedoch längs durchschaut, und war belustigt auf das Spiel eingegangen.
    Mit einer gelangweilten Handbewegung ließ er Sheldon mitten in der Bewegung erstarren, und schaute den Bewegungslosen mitleidig an. Dann stand er langsam auf, ordnete sein Hemd und ging auf Sheldon zu.
    „Ich akzeptiere Ihre Entscheidung zu meinem aufrichtigen Bedauern, Botschafter.“
    Sheldon musste hilflos zusehen, wie Cole seine Schulter berührte. Dann kam der Schmerz.
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