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Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten
Autoren: Michael White
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einen Blick auf das erste und spürt regelrecht, wie ihm das Blut aus dem Gesicht weicht. Seine Knie geben nach, und er schafft es gerade noch, sich in einen Stuhl fallen zu lassen. Fassungslos blättert er die Aufnahmen durch, die sich wie ein Gemälde aus der Hölle vor ihm ausbreiten. Es ist Mel. Eindeutig. Die Mel, die noch vor ein paar Stunden quicklebendig durch seine Tür verschwunden ist. Die Mel, die jetzt tot ist. Und die auf eine grauenerregende Art und Weise gestorben sein muss. Kyle spürt, wie sich die Übelkeit in seinem Magen ausbreitet. Ein Fake. Ganz eindeutig. Das kann niemand gemacht haben, nur um ihn auf Linie zu bringen. Das kann nicht sein.
     
    'Sammelst du Schlüpfer? Kannst meinen haben, wenn wir fertig sind.'
     
    Mels Stimme geistert ihm durch den Kopf. Wie in Zeitlupe entgleiten ihm die Bilder und sinken wie Ascheflocken dem Boden entgegen. Er schlägt die Hände vor das Gesicht, und zum ersten Mal seit langer Zeit empfindet er wieder dieses seltsame Gefühl des Verlustes. Hat sie ihm etwas bedeutet? Eigentlich war es doch nur eine Geschäftsbeziehung. Geld gegen Sex. Oder war da doch mehr?
     
    Kyle starrt auf das eisige Lichtermeer unter ihm, doch eine Antwort auf seine Frage bleibt ihm verwehrt.
     
    ***
     
    Kyle läuft durch einen Wald. Es muss Herbst sein, die Bäume sind kahl, und überall sitzen Raben in den Bäumen, aber sie sehen Skeletten ähnlicher als lebendigen Vögeln. Vor ihm auf dem unebenen Weg geht eine in eine dunkle Kutte gehüllte Frau, die einen riesigen Hund an einer Leine mit sich führt. Kyle bemüht sich sie einzuholen, er muss mit der Frau sprechen, sie und er wissen, dass ein Monster hier sein Unwesen treibt, und nur die Frau kann ihn retten. Aber immer, wenn er sie fast berühren könnte, stolpert er über etwas und die Distanz ist wieder die gleiche.
     
    Dann bleibt die Frau stehen, und er weiß, dass sie sich kennen. Sein Blick wandert zu dem Hundewesen, und Kyle läuft es kalt den Rücken herunter, denn es hat das Gesicht eines Mannes. Die Frau lächelt und das Tier spricht 'Keine Dunkelheit' und plötzlich weiß Kyle, dass das Monster vor ihm steht. Die Züge der Frau beginnen sich in Finsternis aufzulösen und Kyle schreit in einem Anfall von Panik auf und -
     
    'Ist Ihnen nicht gut Sir?'
     
    Die Stewardess weicht leicht erschrocken zurück, als sie Kyles Gesichtsausdruck sieht.
     
    'Was...wo...nein. Entschuldigen Sie bitte. Ich hatte einen schlechten Traum. Ja. Einen Alptraum. Entschuldigen Sie vielmals.'
     
    Die Stewardess schenkt ihm ein Lächeln und geht weiter den Gang hinunter, nicht ohne ihm noch einmal einen Blick zuzuwerfen.
     
    Kyle atmet einmal tief durch und lehnt sich in seinen Sitz zurück. Obwohl der Flug noch sehr lang dauert und er weiß, dass er jede Sekunde Schlaf brauchen wird, schließt er für den Rest der Nacht kein Auge mehr. Denn jedes Mal, wenn er seine Lider schließt, erscheint das Menschengesicht des Hundemonsters und zwinkert ihm zu.
     
    Tief in seinem Innern ist sich Kyle sicher, dass sie bald aufeinander treffen werden. 
     
    Weil das Monster seine Witterung aufgenommen und sich an seine Fersen geheftet hat.
     

Teufel / 5
     
    Während die anderen lachend und grölend zur Bar drängen oder sich Plätze an der Tanzfläche sichern, um bei der anstehenden Nummer hautnah dabei sein zu können, zieht sich Lee in eine Sitzecke zurück und verzieht den Mund. Nicht gerade das Red Lipstick hier. Aber sie sind jetzt schon seit Tagen nonstop unterwegs. Da kommt ein entspannter Abend gerade recht, selbst wenn er in einem zweitklassigen Stripschuppen stattfindet.
     
    Sie reibt sich die Augen und lehnt sich zurück, den Blick ins Nichts gerichtet. Am liebsten würde sie weiterfahren, wenn es sein muss auch allein. Denn sie spürt, dass wer auch immer hinter ihr her ist, ihre Fährte wieder aufgenommen hat.
     
    Dabei schien es ihr, dass sie davon gekommen sei. Sie war jetzt schon gefühlte tausend Jahre auf der Straße unterwegs. Es war fast die Form von Freiheit, die sie sich immer erträumt hat. Keine Zwänge, keine Verpflichtungen, und vor allem keine Erinnerungen mehr. Alles war gut – bis der Traum begann, sie heimzusuchen und sie zu spüren begann, dass jemand die Jagd auf sie eröffnet hatte.
     
    Lee streicht eine widerspenstige Haarsträhne hinter ihr Ohr. Wie sehr sie sich wünscht, dass jemand sie einfach in den Arm nehmen und ihr sagen würde, dass alles gut ist. Dass sie sich das alles nur einbildet. Dass sie
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