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Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten
Autoren: Michael White
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weiß nicht, woher Sie diese Nummer haben, aber ich bin mir sicher, dass Sie falsch verbunden sind. Gute Nacht.'
     
    'Schau in die Schublade links neben dir, Kyle, dann - '
     
    Kyle beendet das Gespräch und wirft das Handy auf den Schreibtisch. Im Bad hört er Mel, wie sie ihn etwas fragt, aber er nimmt es nicht wirklich wahr, denn sein Blick wird wie von Geisterhand von einem roten Stück Stoff angezogen, das aus der linken Schreibtischschublade herausragt. Langsam öffnet er sie und zieht einen Slip heraus.
     
    Der ist nicht von Mel, denkt er - die hatte keinen roten, sondern einen schwarzen. Und der war auch nicht zerrissen. Wo kommt das Ding denn her? Das erneute Summen des Handys reißt ihn aus seinen Gedanken. Wie in Zeitlupe drückt Kyle den Knopf.
     
    'Ihr Name war Samantha. Sie wurde bedauerlicherweise das Opfer eines Perversen. Davon gibt es in dieser wunderschönen Stadt eine ganze Menge. Dummerweise sammelt dieses Exemplar gerne Trophäen. Eine davon hast du gerade in deiner Schublade gefunden. Mach dir keine Sorgen, wenn du tust, was ich dir sage, wird niemand etwas davon erfahren. Haben wir uns verstanden?'
     
    Kyle atmet einmal tief durch.
     
    'Ja. Ja, ich habe verstanden. Was wollen Sie von mir?'
     
    'Das werde ich dir zu gegebener Zeit mitteilen. Gute Nacht, Kyle.'
     
    Kyle will noch etwas erwidern, doch die Leitung ist tot.
     
    'Sag mal, sammelst du Schlüpfer? Kannst meinen haben, wenns dich antörnt. Aber ich würde gern noch ein bisschen schlafen. Morgen früh kannst dus mir noch mal besorgen, ok? Ist im Preis mit inbegriffen.'
     
    Kyle dreht sich wie in Zeitlupe um und betrachtet abwechselnd Mel, den Slip und das Telefon.
     
    'Was erzählst du da gerade?'
     
    'Überlegs dir einfach. Ich leg mich wieder hin.'
     
    Mel gähnt und geht zurück ins Schlafzimmer. Kyle nickt immer noch leicht abwesend, stopft den Schlüpfer zurück in die Schublade und folgt Mel ins Bett. Doch obwohl er hundemüde ist, findet er lange Zeit keinen Schlaf. Denn er wird das Gefühl nicht los, dass ihn jemand beobachtet.
     
    Jemand, der gekommen ist, um ihn zu holen.
     
    Und der sich durch nichts und niemanden aufhalten lassen wird.
     
    ***
     
    Am nächsten Morgen erwacht Kyle später als gewohnt. Obwohl er verschlafen hat, fühlt er sich wie gerädert. Die ganze Nacht hat er seltsame Träume gehabt. Er begibt sich in die Küche, macht sich einen Kaffee und reibt sich seine gereizten Augen, als Mel aus dem Schlafzimmer auftaucht.
     
    'Was ist los? Keine Lust mehr? Ich hab gar nicht gemerkt, wie spät es schon ist. Wenn du noch willst, müssen wir uns ein bisschen beeilen. Ich hab noch ein paar Termine heute.'
     
    Kyle betrachtet Mel von der Seite, während sie sich einen Kaffee organisiert. Sie ist sieht wirklich gut aus – sportlich, lange Beine, modisch geschnittene blonde Haare. Fast könnte man sagen, sie hätte Klasse. Wenn er es nicht besser wüsste. Unter dem Strich sind sie sich ähnlicher als es ihm gefällt. Beide verkaufen sie sich, wenn der Preis stimmt. Und beide können sie sich nicht immer aussuchen, wer den Preis zahlt. Ihre haselnussbraunen Augen sehen ihn fragend an, und plötzlich hat er das Gefühl, dass man ihn wie durch ein Zielfernrohr anvisiert. Unwillkürlich schaudert es ihm.
     
    'Nein, will ich nicht. Mach dich einfach fertig und verschwinde. Ich hab ziemlich viel zu tun.'
     
    Mel will zu einer Erwiderung ansetzen, spart es sich dann aber. Sie lehnt sich mit dem Rücken gegen den Türrahmen und lässt ihren Blick über Kyle wandern. Du könntest als Modell arbeiten, denkt sie. Bringst alles mit für den Job. Gewinnendes Lächeln, gute Manieren, eine nicht zu knappe Portion Eitelkeit und ein wirklich überbordendes Ego. Du wirst mal vor einem Spiegel sterben, Kyle.
     
    'Ok, ich hüpf noch kurz unter die Dusche und - '
     
    'Hab ich mich missverständlich ausdrückt? Ich bin derzeit wirklich etwas im Stress.'
     
    'Schon gut, schon gut, ich hab verstanden. Bin schon weg. Wenn du was willst – meine Nummer hast du ja.'
     
    Sie zieht sich rasch an, nimmt den Umschlag mit dem Geld vom Tisch und stopft ihn in ihre Tasche.
     
    'Dann bis zum nächsten Mal.'
     
    'Ja ja...'
 
    Mel schüttelt den Kopf und geht zur Tür.
     
    'Machs gut Kyle - hey, da ist was vor deiner Tür. So eine Art Paketsendung. Soll ich es in den Flur stellen?'
    Mels Stimme scheint aus weiter Ferne zu kommen, und von einer Sekunde auf die andere spürt Kyle eine unerklärliche Unruhe. Er springt von
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