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Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten
Autoren: Michael White
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dem sie lebend raus kamen. Kyle erinnert sich dunkel an die Sache. Eine der Operationen, von denen man nie in den Nachrichten liest. Vor allem dann nicht, wenn sie so grandios in die Hose gehen wie diese.
     
    Von daher eine beeindruckende Leistung, dass diese drei Typen aus diesem Topf voll Scheiße lebendig rausgekommen sind, denkt Kyle. Er pinnt die Fotos an die Wand, lehnt sich in seinem Stuhl zurück und prägt sich die Gesichter ein. Gefährliche Männer. Die es gewohnt sind zu töten.
     
    Und mit dieser Truppe hängt sein Zielobjekt ab. Er schüttelt den Kopf und blättert die Unterlagen noch einmal durch, doch zu dieser Lee hat man wohl nicht viel gefunden. Ändert nichts an dem Fakt, dass sie sich ihren Platz erkämpft hat in einer Truppe, deren Anführer schon mal Leute umlegen, die ihnen dumm kommen. Wenn die Informationen in dieser Hinsicht stimmen. Genauso gut könnte sie auch ein Maskottchen sein oder das Betthäschen von Hammerfist oder einem der anderen beiden Typen, denkt er.
     
    Kyle verzieht den Mund und wirft den Stift, mit dem er herum gespielt hat, auf den Schreibtisch. Sein Blick wandert wieder zu dem Foto von Lee. Diese Augen. Wunderschön und gleichzeitig so vertraut. Als hätte er sie schon einmal gesehen. Aber wo? Kyle zuckt mit den Schultern. Er pinnt Lees Bild unter die drei anderen und verschränkt die Arme hinter dem Kopf.
     
    Warum zwingt man ihn dazu, sich an diese Rocker-Göre dranzuhängen?
     
    Möglichkeit eins – sie ist auf der Flucht vor den Typen, die ihre Familie umgelegt haben. Und jetzt will man sich mit seiner Hilfe doch noch abschließend um sie kümmern. Macht aber für ihn keinen Sinn. Das könnte seine Auftraggeberin einfacher haben, und er ist auch nicht der Mann für solche Sachen.
     
    Bleibt Möglichkeit zwei - dass diese Lee gar nicht vor den Killern flieht, sondern vor der Frau, die ihn gerade in diese Sache hineinzieht.
     
    Seufzend lehnt sich Kyle in seinem Stuhl zurück und betrachtet Lees Bild, während die untergehende Sonne sein Gesicht in ein fahles Licht taucht und seine Lebenszeit wie Wüstensand durch ein Stundenglas verrinnt.
     
    ***
     
    'Was wollen Sie eigentlich von dieser Lee?'
     
    Kyle starrt hinaus auf die von tausend Lichtern erleuchtete Stadt, doch er hat keinen Sinn für die kalte Schönheit, die sich unter ihm ausbreitet.
     
    'Mein lieber Kyle – wenn ich der Meinung bin, dir etwas erklären zu müssen, werde ich es tun.'
     
    Kyle wartet, aber die Frau am anderen Ende der Leitung schweigt.
     
    'Tut mir leid, zu solchen Bedingungen nehme ich keinen Auftrag an. Entweder ich bekomme mehr Informationen, oder Sie suchen sich einen anderen für den Job. War nett, mit Ihnen gesprochen - '
     
    'Wenn du es jetzt wagst aufzulegen, wirst du das Beten lernen.'
     
    Die Stimme aus dem Hörer ist jetzt ein Fauchen, und Kyle zuckt zusammen. Für eine Sekunde hat er das Gefühl, dass jemand hinter ihm steht und ihm seinen eisigen Atem in den Nacken haucht. Er dreht sich unwillkürlich herum, doch er ist allein.
     
    ‘Du hättest besser auf deine kleine Hure aufpassen sollen. Nun ist es zu spät.'
     
    In Kyles Magen beginnt sich ein Eisklumpen zu formen, während die Stimme wie durch Watte an sein Ohr dringt. 
     
    ‘Du wirst tun, was ich dir aufgetragen habe. Du hast eine Woche Zeit. Dann werde ich mich wieder melden. Und wenn du dann nicht liefern kannst, wie man das heute so schön nennt, wirst du herausfinden, dass es keinen Gott gibt, einen Teufel aber sehr wohl.'
     
    Kyle ist für einen Moment sprachlos, und als er zu einer Erwiderung ansetzen will, ist die Leitung bereits tot. Er atmet einmal tief durch und lässt dann pfeifend die Luft durch die Zähne gleiten, während er mit seiner Linken so hart auf die Tischplatte schlägt, dass es schmerzt. Was meint diese –
     
    Ein Klopfen an der Tür lässt ihn von seinem Stuhl hochschnellen und nach der Waffe in seinem Schulterholster greifen, dass er heute Nacht trägt. Mit schnellen Schritten ist er bei seiner Tür, aber als er sie mit der Waffe im Anschlag aufreißt, sieht er niemanden. Ein sichernder Blick den Flur hinunter - nichts. Wer auch immer hier war, er oder sie scheint sich in Luft aufgelöst zu haben.
     
    Dafür hat sein Besucher einen dünnen Umschlag hinterlassen. Vorsichtig hebt Kyle ihn auf und verriegelt die Tür hinter sich. Er hastet zurück zu seinem Schreibtisch, reißt ihn auf und breitet den Inhalt auf seinem Schreibtisch aus.
     
    Fotos. Schwarz-Weiß. Er wirft
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