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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
Autoren: Diana Gabaldon
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scheint dir zu bekommen. Und du hast ein bisschen zugenommen, seit ich dich zuletzt gesehen habe.«
    »Wohl wahr«, erwiderte Jamie ausgesprochen trocken. Als er Tobias Quinn 1746 das letzte Mal gesehen hatte, war er fünfundzwanzig und gemeinsam mit dem Rest der Jakobitenarmee dem Hungertod nahe gewesen. Quinn war ein Jahr jünger als er, und bestürzt sah Jamie die Falten im Gesicht des Iren und das Grau in seinen Haaren. Falls Quinn bei Jamies Anblick Ähnliches empfand, so behielt er es für sich.
    »Du hättest Betty ruhig deinen Namen sagen können«, sagte Jamie auf dem Weg nach unten. Er hielt dem Iren die Hand entgegen, doch Quinn schlang die Arme um Jamie und drückte ihn. Verblüfft und verlegen spürte Jamie, wie ihm bei dieser Berührung die Tränen in die Augen stiegen, und er hielt Quinn eine Minute lang fest in den Armen, um die Augen zuzukneifen.
    »Sie kennt meinen Namen. Aber ich war mir nicht sicher, ob du kommen würdest, wenn du gewusst hättest, dass ich es bin.« Quinn trat einen Schritt zurück, fuhr sich seinerseits ohne jede Scham mit dem Finger unter den Augen entlang und lachte. »Bei der Heiligen Mutter Gottes, Jamie, ich bin so froh, dich zu sehen!«
    »Ich dich auch.« Das zumindest stimmte; nur die Frage, ob er gekommen wäre, wenn er gewusst hätte, dass es Quinn war, der hier oben auf ihn wartete, ließ er offen. Er ließ sich langsam auf einem Felsen nieder, um sich zu sammeln.
    Nicht, dass er den Mann nicht mochte; ganz im Gegenteil. Aber dieses Bruchstück seiner Vergangenheit vor sich aufsteigen zu sehen wie einen Geist, der sich aus blutgetränktem Boden erhebt, weckte Gefühle in ihm, die er mit großer Mühe begraben hatte – und Erinnerungen, die er nicht zurückhaben wollte. Darüber hinaus … hatte sein Instinkt das Murmeln aufgegeben und sprach laut und deutlich mit ihm. Quinn war einer von Charles Stuarts Vertrauten gewesen, aber kein Soldat. Von Culloden aus war er nach Frankreich geflohen; zumindest hatte Jamie das gehört. Was zum Teufel machte er jetzt hier?
    »Ach, diese Betty ist ein hübsches Mädchen, und diese schwarzen Augen«, sagte Quinn unterdessen. Er legte den Kopf schief, um Jamie zu betrachten. »Auf dich hat sie es besonders abgesehen, mein Junge, das merke ich.«
    Jamie unterdrückte das Bedürfnis, sich bei dieser Vorstellung zu bekreuzigen.
    »Oh, da hast du freie Bahn«, versicherte er Quinn. »Keine Angst, dass ich dir da im Weg sein könnte.«
    »Aber nicht doch – Betty ist die Schwester meiner dahingeschiedenen Frau. Gewiss hat doch die Bibel das eine oder andere dagegen, dass man es mit seiner Schwägerin treibt.«
    Jamie hatte die Bibel mehrfach von vorn bis hinten gelesen – aus purer Not; sie war damals sein einziges Buch gewesen – und konnte sich nicht an ein derartiges Verbot erinnern, doch er sagte nur: »Tut mir leid, das zu hören, Mann. Ist deine Frau schon lange tot?«
    Quinn spitzte die Lippen und legte den Kopf erst zur einen Seite schief, dann zur anderen.
    »Nun, wenn ich ›dahingeschieden‹ sagte, meine ich ja nicht unbedingt, dass die Frau verstorben ist, falls du verstehst.«
    Jamie zog seine Augenbraue hoch, und Quinn seufzte.
    »Als nach Culloden alles zu Bruch gegangen ist und ich nach Frankreich entwischen musste, hat sie sich meine Zukunftsaussichten genau angesehen und beschlossen, ihr Glück anderswo zu suchen. Meine Tess hatte schon immer einen gesunden Kopf auf ihren Schultern«, sagte er und schüttelte seinerseits bewundernd den Kopf. »Als ich das letzte Mal von ihr gehört habe, war sie in Leeds. Hatte dort ein Wirtshaus von ihrem letzten Ehemann geerbt. Also, wenn ich sage, von ihrem ›letzten‹, meine ich damit nur den, den sie zuletzt hatte, denn ich glaube keine Sekunde lang, dass sie vorhat aufzuhören.«
    »Oh, aye?«
    »Aber zufällig ist es genau das, worüber ich mit dir sprechen wollte«, fuhr Quinn fort, während er seine Verflossene mit einer graziösen Handbewegung abtat.
    »Über Leeds? Oder über Wirtshäuser?« Jamie betete, dass der Mann nicht Ehefrauen meinte. Er hatte seit Jahren nicht mehr von Claire gesprochen, und er hätte sich lieber die Zehennägel mit einer Hufzange ziehen lassen, als sich gezwungen zu sehen, über sie zu sprechen.
    »Culloden«, sagte Quinn, was in der Brust seines Zuhörers Erleichterung und Bestürzung zu gleichen Teilen auslöste. Culloden kam auf der Liste der Dinge, über die Jamie nicht reden wollte, ungefähr an vierter Stelle, gleich nach seiner Frau
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