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Die facebook-Falle

Die facebook-Falle

Titel: Die facebook-Falle
Autoren: Sascha Adamek
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Denn alle Informationen können sozialen Gruppen, Geschlechtern, kulturellen und kommerziellen Interessen zugeordnet werden. Die Computerserver des Unternehmens werden in jeder Sekunde weltweit mit dem gefüttert, was uns Menschen bewegt. So entsteht allmählich ein computergestütztes kollektives Weltgedächtnis.
    Forscher weltweit arbeiten seit vielen Jahrzehnten an der
Entwicklung einer Künstlichen Intelligenz (KI), also eines Computers, der genauso intelligent ist wie ein Mensch – ein Projekt, das bislang keinen Erfolg hatte. Stellt die nie dagewesene Möglichkeit der gleichzeitigen Auswertung der Reaktionen und Aktionen Hunderter Millionen Menschen jetzt das fehlende Glied bei der Entwicklung eines KI-Computers dar? Genügen die riesigen Datenmengen aus Facebook als digitales Futter für eine KI-Maschine, damit diese klüger wird als der einzelne Mensch?
    Geheimdienste und Konsum-Konzerne haben längst damit begonnen, soziale Netzwerke nach bestimmten Inhalten und Meinungen zu durchforsten. Sie tun das mit Hilfe von Filtern, die von der KI-Forschung entwickelt wurden.
    Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) hat bereits Programme entwickelt, um bestimmte Inhalte zum Beispiel aus Facebook herauszufiltern und diese auch zu bewerten. Wo früher aufwändige Meinungsumfragen mit tausend Befragten notwendig waren, genügt heute ein Mausklick: »Wir haben heute freien Zugriff auf absolute Massendaten von Menschen, die in sozialen Netzwerken unbefangen ihre Meinung äußern«, erklärt der Leiter des DFKI, Professor Wolfgang Wahlster. »Die Menschen betreiben dort einen Erfahrungsaustausch über Hotels, Geschäfte, Produkte und Persönlichkeiten, und unsere Informationsextraktions-Technologie dient dazu, all diese Datenströme zu analysieren und dann in einer Tabelle zusammenzufassen: 20 000 Leute haben sich negativ geäußert, 10 000 Leute positiv.« Allein an der Modalität von Sätzen kann diese Sprachtechnologie erkennen, ob sie Positives oder Negatives enthalten. Und sogar Analysewerkzeuge
für den Dienst Twitter haben die Forscher entwickelt. Die semantische Analyse für diese Kurzsprache mit einer begrenzten Zeichenzahl und starkem Slang sei natürlich schwierig gewesen, berichtet der KI-Forscher.
    Die Programme erfassen die Meinungstendenzen nicht nur quantitativ, sondern sie sind sogar in der Lage, besonders aussagekräftige Meinungen herauszufischen: »Wenn jemand schreibt, er habe im Hotel X drei Wanzen im Bett gefunden, kann dieser Textauszug als sogenannter Snippet extrahiert werden«, erklärt Wahlster. Solche Verfahren werden »opinion mining« genannt. Meinungen aus dem weltweiten Netz herauszufiltern, könnte im Sinne des Verbraucherschutzes durchaus sinnvoll sein – man denke an die sofortige Entfernung der Wanzen aus dem Hotel –, allerdings lässt das Beispiel auch an einen übelwollenden Konkurrenten denken, der das Gerücht von Wanzen im Netz streut. Für die Industrie ist das Aushorchen der Konsumenten in jedem Fall von unschätzbarem wirtschaftlichen Wert. Denn sie kann herausfinden, was uns interessieren könnte, ohne uns direkt nach unserer Meinung zu fragen. Das »Trendscouting« geschieht automatisch, sobald wir online sind.
    Aber auch für Politik und Geheimdienste sind diese Verfahren von großer Bedeutung. Wolfgang Wahlster glaubt allerdings, dass solche Verfahren in Deutschland bislang ausschließlich kommerziell genutzt werden. Allerdings hatten er und seine Kollegen schon häufiger Anfragen von Vertretern des US-Geheimdienstes NSA (National Security Agency) und anderer Dienste, die sich brennend für die deutschen Technologien interessierten.
    Die »freundschaftsbasierte« Künstliche Intelligenz
    Könnte die Datenflut aus Facebook ausreichen, um damit eine Art »freundschaftsbasierter« Künstlicher Intelligenz zu entwickeln? Die Beantwortung dieser Frage verlangt einen kurzen Exkurs in die Geschichte der KI-Forschung. Diese ist mit dem Namen eines Mannes verbunden, der mit der Entwicklung der Computertechnik ebenso verknüpft ist wie Bill Gates oder Steve Jobs – mit dem Unterschied, dass Jeff Hawkins geschäftlich nicht ganz so erfolgreich war.
    Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an ein Gerät namens Palm Pilot, das Mitte der Neunzigerjahre des vorigen Jahrhunderts auf den Markt kam. Es war der erste sogenannte Handheld-Computer. Und sein Erfinder hieß Jeff Hawkins, zugleich Gründer der Firma Palm. Doch das Gerät, das man mit einem
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