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Die facebook-Falle

Die facebook-Falle

Titel: Die facebook-Falle
Autoren: Sascha Adamek
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schon lange bevor digitale Netzwerk-Organizer wie Friendster, MySpace, VZ oder Facebook in unser Leben eindrangen. Ohne soziale Netzwerke
ist das Leben von Menschen auf unserem Planeten undenkbar. Der Soziologe und Mediziner Nikolas A. Christakis und der Politologe James H. Fowler haben in ihrem Buch Connected! eine Menge erstaunlicher Forschungsergebnisse über die Bildung und Wirkung dieser Netzwerke zusammengetragen. 273 Netzwerke, so schreiben sie, verbreiteten nicht nur Geschlechtskrankheiten, sondern auch Zufriedenheit und Glück. Aggression, Depression und Kriminalität seien in Netzwerken ebenso ansteckend wie Wohltätigkeit oder Gesundheit. 274 Dabei würden nicht nur wir die Netzwerke prägen, sondern auch unsere Freunde und die Freunde unserer Freunde. 275 Nach diesem uralten Prinzip generiert das Unternehmen Facebook seine Werbeeinnahmen durch »Empfehlungsmarketing«. Je offener und durchlässiger die Gemeinschaft dabei nach außen wird, desto mehr Milliarden spült sie in die Konzernkassen.
    Die digitale Klassengesellschaft
    Die Berliner Studentin Sarah Weinknecht zum Beispiel weiß das alles. Sie mag auch die sogenannte soziale Werbung mit dem »Gefällt-mir«-Button nicht: »Ich will nicht, dass eine Modemarke oder ein Stifte-Hersteller mit meinem Bild bei meinen Freunden wirbt, das finde ich total schrecklich.« Sie sei auch kein »Fan des Unternehmens Facebook«, aber persönlich gebe ihr Facebook trotzdem viel. Und das betrifft nicht nur die Handvoll echter Freunde oder ihre 87-jährige Oma auf Facebook.

    Sarah Weinknecht arbeitet neben ihrem Studium in einer PR-Agentur und will beruflich dort einsteigen. Spätestens an diesem Punkt ihres Lebens wird aus der Neigung zu Facebook eine Pflicht: »In der PR und Kommunikation läuft alles über persönliche Kontakte und damit über Facebook. « Vernetzt sein gilt heute als das Erfolgsrezept für berufliches Fortkommen und scheint beinahe wichtiger zu sein als tatsächlich vorhandene Bildung und Kompetenz. Denn zuerst muss eine potenzielle Arbeitskraft gefunden werden. Und die suchen laut Branchenverband Bitkom schon heute zwölf Prozent der Unternehmen in sozialen Netzwerken. 276 Der Handelsriese Otto zum Beispiel hat eine eigene Facebook-Karriere-Seite, um Bewerber anzulocken. Über den Twitter-Hauskanal informiert der Konzern über offene Stellen. »Social Media Recruiting« heißt der neue Trend. »Zwei Mitarbeiter durchforsten Business-Plattformen wie Xing oder LinkedIn und sprechen Kandidaten gezielt an«, erklärt Otto-Personaldirektor Michael Picard der Zeit. 277
    Wer im modernen Wirtschaftsleben mithalten möchte, sitzt längst in der Facebook-Falle: vom kleinen Immobilienmakler über die Headhunter und Jobvermittler bis hin zu den Werbe- und PR-Strategen der Industrie. Marken und Menschen wandern scharenweise unter ein Dach: Facebook. Und wer sich weigert, läuft Gefahr, sich ökonomisch ins Abseits zu stellen.
    Andererseits erleichtert Facebook die praktische Seite unseres Lebens. Eine Freundin berichtete kürzlich, sie habe für das Konzert einer Bekannten dringend nach einem Klavier gesucht und das auf ihrer Pinnwand gepostet. Nach
nur drei Stunden hatte sich das Problem erledigt. Vielleicht werden wir noch erleben, dass über Facebook Organspender gefunden werden.
    Aber je mehr wir uns Facebook anvertrauen, desto verletzlicher wird unsere Kommunikationsfähigkeit. Spätestens, wenn wir die Kontakte unserer herkömmlichen E-Mail-Provider gelöscht haben, bleibt uns nur noch das Netzwerk des Unternehmens aus Palo Alto / Kalifornien. Schon heute kommunizieren eingefleischte Facebook-Nutzer nur noch über das Netzwerk, die herkömmliche E-Mail ist für sie überflüssig geworden, ja, sie gilt als altbacken.
    Diese wachsende Abhängigkeit bedeutet zugleich die Ausgrenzung all jener, die nicht in der weltweiten Gemeinschaft mitmischen wollen oder können. Diese haben dann kein großes digitales Netzwerk mehr, auf das sie hilfesuchend zurückgreifen können, geschweige denn eines, das sie selbst mit prägen und sich somit ihren Einfluss in der Gesellschaft sichern. Sie werden digitale Underdogs und bleiben es. Ähnlich wie die analoge Klassengesellschaft wird auch die digitale konserviert, weil nicht mehr alle Menschen den gleichen Zugang zu Informationen haben.
    Jahrhundertealte Gesetze werden auf den Kopf gestellt
    Einige Beobachter sahen Facebook bereits in die gleiche Falle tappen wie den Internetriesen AOL, der, wie Facebook, zu einem
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