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Die facebook-Falle

Die facebook-Falle

Titel: Die facebook-Falle
Autoren: Sascha Adamek
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Stift bedienen musste, setzte sich nur bedingt durch. Jeff Hawkins jedoch begriff Niederlagen stets als Ansporn, und seit der Informatiker sich mit Computern befasste, ließ eine Frage ihn nie los: »Ich will nicht nur verstehen, was Intelligenz ist und wie das Gehirn funktioniert, sondern auch, wie man Maschinen bauen könnte, die in derselben Weise arbeiten. Ich möchte wirklich intelligente Maschinen bauen.« 280
    Der britische Mathematiker Alan Turing, eine der Schlüsselfiguren der frühen KI-Forschung und Erfinder der Idee eines Allzweckrechners, definierte schon im Jahr 1950, was ein intelligenter Computer leisten müsse: Wenn es ihm gelänge, einen Menschen im Gespräch davon zu überzeugen, dass er nicht mit einem Computer spreche, sondern mit einem Menschen, dann sei der Computer intelligent.
Hawkins war schon früh davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz nicht ohne den Faktor Mensch zu bewerkstelligen sei. Der legendäre IBM-Superrechner Deep Blue schlug zwar 1997 sogar Schachweltmeister Gary Kasparow, aber nicht weil er klüger war als Kasparow, sondern weil er schneller rechnen konnte als ein menschliches Hirn.
    Deep Blue hatte keinerlei Intuition, er spielte Schach, ohne das Schachspielen zu verstehen, wie ein Taschenrechner, der rechnen kann, ohne die Mathematik zu verstehen. Deutschlands führender KI-Forscher Wahlster drückt es plastisch aus: »Hier sind wir auf dem Stand eines Siebenjährigen, und es gibt keinen Computer weltweit, der ein Abitur schaffen würde – allenfalls das Mathe-Abitur.« Die bislang entwickelten Maschinen seien hochgezüchtete Spezialintelligenzen und auf ihrem Gebiet beeindruckend gut. Große Bereiche der menschlichen Intelligenz besäßen diese Maschinen hingegen nicht: die Intuition, die Emotionalität und letztlich die Fähigkeit, auch spontan auftretende Alltagsprobleme zu lösen. »Computersysteme können sich noch nicht intelligent durchs Leben schlagen wie wir Menschen«, sagt Wahlster.
    Der Informatiker und Veteran der KI-Forschung John McCarthy stellte schon im Jahr 1959 fest, eine solche Intelligenz müsse über »Common Sense«, gesunden Menschenverstand oder Alltagsverstand verfügen. 281 Sie müsse beispielsweise wissen, dass das Geburtsdatum eines Menschen vor seinem Todestag liegt, dass Bäume nicht laufen können und dass man an einem Strick ziehen, ihn aber nicht schieben kann. McCarthy schätzt, dass der Mensch etwa 30 bis 50 Millionen solcher »Tatsachen« weiß. »Auf vielen Gebieten
der KI-Forschung scheiterte man bislang an umfassenden Wissensbasen, das musste man dreißig Jahre lang mühsam per Hand in die Softwaresysteme einfüttern«, sagt Wolfgang Wahlster, »dies war sehr teuer und zeitaufwändig und führte nur auf Spezialgebieten zum Erfolg.«
    Das Einsammeln von Alltagserfahrungen besorgen seit einigen Jahren aber soziale Netzwerke wie Facebook. Sie tun das in Echtzeit gleichzeitig bei mehreren hundert Millionen Menschen weltweit. Wolfgang Wahlster sieht darin sehr langfristig eine Chance für die weitere Entwicklung der Künstlichen Intelligenz: »Durch diese Massenbewegungen im Web und die extremen Datenmengen gibt es die Chance, sich schrittweise diesem Common Sense anzunähern, da braucht man Medien wie Facebook, das ist der Grundmotor. Mit maschinellem Lernen und Sprachtechnologie können wir aus diesen Massendaten zuverlässige und maschinenverstehbare Wissensbasen erzeugen.«
    »Social Computering« ist der nächste Schritt
    Europäische Forschungsinstitute, darunter das deutsche DFKI, haben bereits ein Arbeitsprogramm entwickelt, um diese Vision Realität werden zu lassen. Das Projekt soll den Titel »Social Computering« tragen, und es basiert auf Künstlicher Intelligenz, die ständig durch das Wissen Hunderter Millionen Internet-Nutzer, angereichert wird – auf dem Wege des sogenannten »Crowdsourcing«.
    Angenommen, die Stadt Wanne-Eickel beschließt ein ehrgeiziges Programm zur Reduzierung ihres CO 2 -Ausstoßes,
ein ziemlich kompliziertes Vorhaben, weil nicht nur die öffentliche Infrastruktur, sondern alle Einwohner und Unternehmen der Stadt betroffen wären und einbezogen werden müssen, damit das Ziel erreicht wird. Anschließend wären komplizierte Berechnungen erforderlich, die Rechner leisten könnten, die von Wissenschaftlern bedient würden. Diese Berechnungen würden am Ende in politische Entscheidungen einfließen. Leider würde das Projekt auf ganzer Linie scheitern. Denn in Wanne-Eickel fehlt die Erfahrung,
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