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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir
Autoren: Richard Schwartz
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oder lächelten sie an.
    »Erinnerst du dich daran, wie es war, als die Menschen dich so bewundernd und respektvoll angesehen haben?«, fragte der Geist sanft.
    »Warum sollte ich?«, gab sie scharf zurück und begehrte erneut gegen seinen Willen auf, doch er hielt sie wie mit einer eisernen Faust. »Sie respektieren Macht, um nichts anderes geht es.«
    »Hör, was sie sagen. Es gibt schon ein Gerücht. Das geht schnell hier in Askir«, sagte der Geist. »Es wird von einem Kampf gesprochen und dass die Eule die Verfluchten besiegt hat. Aber niemand weiß, wie ihr das gelingen konnte.«
    »Es ist ihr auch nicht gelungen«, sagte Asela bitter.
    »Richtig. Ihr Freund war es. Ein ganz gewöhnlicher Dieb, der für sie gestorben wäre. Freunde eben. So, wie wir es einst waren. Du, Feltor, ich, Serafine und Jerbil. Erinnerst du dich? Wir wären füreinander gestorben.« Die Stimme des Geists wurde bitter. »Wir sind füreinander gestorben. Wir beide sind die Letzten. Wenn es Feltor nicht doch irgendwie gelang, sich zu retten, was ich jedoch zu bezweifeln wage.«
    Die Soldaten am Tor der Zitadelle salutierten, als sie durch das Tor gingen, dann lenkte der Geist Aselas Schritte in Richtung des Eulenturms.
    »Der Turm ist mir verwehrt«, sagte Asela gehässig. »Was auch immer du vorhast, es wird dir nicht gelingen.«
    »Der Turm ist nicht dir verwehrt, Asela«, sagte der Geist sanft. »Sondern einem Nekromanten. Also lassen wir die Seelen frei, die du geraubt hast…«
    »Nein!«, rief sie, als sie spürte, wie er in ihren Gedanken suchte und die Bindungen fand. Hilflos musste sie mitansehen, wie die Beute, die sie so sorgsam über all die langen Jahre hinweg gesammelt hatte, ihr genommen wurde.
    »So viele?«, sagte der Geist betrübt. »Das müssen über hundert gewesen sein. Möge Soltar ihnen Frieden schenken und sie im nächsten Leben für die Qualen entschädigen, die du ihnen zugefügt hast.«
    »Keiner von ihnen verdiente sein Talent, noch wussten sie damit richtig umzugehen«, sagte sie. »Das war meine Beute, die du mir eben genommen hast!«
    »Nein. Es war die Beute deines Herrn, dessen Hündin du bist.«
    Sie waren vor dem Eingang des Turms angekommen. Vor Aselas Augen schimmerte die schwere Tür, die ihr den Zugang zum Turm versperrte, bedrohlich in einem dunklen Rot. Ein paar Schritte näher, und die alte Magie des Ewigen Herrschers würde sie vernichten.
    »Wir alle haben daran mitgewirkt, dass kein Verfluchter den Turm betreten kann. Auch du. Und jetzt stehen wir hier.« Er zögerte einen langen Moment. »Es tut mir leid, dass ich das jetzt tun muss. Ich muss die Bande lockern, die dein Herr dir auferlegte. Du wirst erkennen, was er dir angetan hat.«
    Eingesperrt in ihren eigenen Gedanken schrie die gequälte Seele auf, als Maestra Asela vom Turm der Eulen aus ihrer langen Gefangenschaft erwachte und die Erinnerung wiederkam.
    »Balthasar«, hauchte sie. Sein harter Griff um ihren Körper konnte sie nicht davor bewahren, weinend zusammenzubrechen. »Was habe ich getan?«
    »Nichts«, sagte der Geist sanft, während er ihr erlaubte, sich die Tränen abzuwischen, und sie wieder aufstehen ließ. »Du warst es nicht, du warst ein Opfer, wie all die, die unter deinen Händen starben. Aber ich merke, ich kann den Zwang nicht ganz von dir nehmen. Du bist noch immer seine Sklavin, seine Hündin. Noch immer haucht sein Atem auf deine Seele und verwehrt dir und mir den Zugang zum Turm. Verstehst du, was ich dir sage?«
    »Ay, Primus«, sagte Asela leise in ihren Gedanken. »Ich verstehe. Meinst du, Feltor hat überlebt?«
    »Ich fürchte, nein«, sagte Balthasar, der Primus der Eulen, sanft. »Aber wenn er lebt, werde ich ihm ausrichten, dass dein letzter Gedanke der war, wie sehr du ihn geliebt hast.«
    Mit all seiner Kraft und so schnell es ihm nur möglich war, riss der Primus der Eulen Aselas Seele aus ihrem eigenen Körper. Für einen Moment meinte er sogar, sie zu sehen, mit diesem schiefen Lächeln, das nicht nur er an ihr geliebt hatte. Dann war sie gegangen. Mit jeder Faser seines Wesens hoffte er, dass Soltar sie aufnehmen würde und ihre Seele jetzt endlich vor dem Namenlosen sicher war.
    Allein in ihrem Körper, atmete Balthasar tief durch, und als er ihr diesmal die Wangen abwischte, waren es nicht ihre Tränen.
    Das Tor war ihm nun nicht mehr verschlossen. Langsam ging er hinein, blieb kurz vor dem Gemälde dort stehen und schüttelte sachte den Kopf, dann schritt er weiter, die Treppe hinab, tiefer und
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