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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir
Autoren: Richard Schwartz
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über ihn, als ob sie ihm etwas mitteilen wollte.
    »Ich weiß gar nicht«, sagte sie. »Ob ich das überhaupt noch sein will.«

 
    65
     
     
     
    Eine Soldatin der Federn stand nahe dem Eingang und sah aus hasserfüllten Augen durch die Halle der kleinen Gruppe zu. Es war für sie unfassbar, dass der Plan fehlgeschlagen war. Eben noch hatte sie die Truppen ihres Herrn gesehen, wie sie stolz durch das magische Tor schritten, hatte mit großen Augen bewundert, wie Feltor ungeheuerliche Magien in sich band und kontrollierte, war von einem unbändigen Stolz darüber erfüllt gewesen, dass Männer wie Feltor ihrem Herrn dienten… Und dann war innerhalb eines Lidschlags alles vorbei!
    Für einen Moment spürte sie die Genugtuung, als der Rückschlag der Magie des alten Knotenpunkts die Maestra ergriff und in einem Fanal in die Höhe hob. Sie sah schon fast die feurige Säule, in der die Maestra hätte vergehen sollen, aber dann entließ die Magie sie sanft aus ihrem Griff, ohne sie verbrannt zu haben.
    »Das ist nicht gerecht!«, flüsterte sie hasserfüllt. »Wir haben das nicht verdient!«
    »Nein, das hast du nicht«, hörte sie eine leise Stimme in ihren Gedanken. »Keiner von uns konnte etwas dafür. Nun ja, vielleicht waren wir etwas überheblich. Aber du kannst nichts dafür. Es ist nicht deine Schuld, dass du heute hier stehst und bedauerst, dass Kolaron verloren hat.«
    Asela wirbelte herum. Niemand war zu sehen, aber… vielleicht dort, im Schatten der Säule… Ihre Augen weiteten sich, als eine durchscheinende Gestalt vor ihren Augen Form annahm.
    »Das kann nicht sein«, hauchte sie. »Du bist tot!«
    »Der Tod ist, wie ich mittlerweile gelernt habe, ein dehnbarer Begriff.« Bevor sie verstand, was geschah, trat die schattenhafte Gestalt einen Schritt auf sie zu und in sie hinein, dann spürte sie nur noch die Eiseskälte, als er sich ihres Körpers bemächtigte.
    Verzweifelt versuchte sie, sich dagegen aufzubäumen, aber es war vergebens. Er war zu stark.
    »Ich war schon immer zu mächtig für dich, meine Liebe«, sagte der Geist sanft in ihren Gedanken. »Vor allem jetzt, wo dein Wille nur noch ein Bruchteil dessen ist, was er einst war. Feltor hat recht, die Frau, die er liebte, ist schon fast vergangen.«
    »Was willst du von mir?«, fragte sie verzweifelt. »Du hast kein Recht…«
    »Das ist nicht richtig«, sagte der Geist sanft. »Erinnerst du dich an den Eid, den wir geschworen haben? Aber lass uns ein Stück gehen, bevor wir hier noch Aufmerksamkeit erregen.«
    Hilflos musste sie zulassen, dass sich ihr Körper in Bewegung setzte. Zuerst taumelte sie ein wenig, dann ging sie gerade.
    »Es gibt zwischen Mann und Frau einen Unterschied in der Art des Gehens«, erklärte der Geist ihren Gedanken erheitert. »Aber so schwer ist es nicht zu lernen.«
    »Was willst du von mir?«, fragte sie, aber sie erhielt bereits ihre Antwort, als sie eine Hand ausstreckte und ein Teil der Wand vor ihr zur Seite glitt, um einen steilen Abgang in die Tiefe zu offenbaren. Ein Licht erschien vor ihr, langsam und vorsichtig ging der Geist mit ihr hinab, während sich hinter ihr die Wand wieder schloss.
    Es ging tief hinunter. Ohne zu zögern, wischte der Geist die Spinnweben ab, die ihnen den Weg versperrten, dann erreichten sie den alten Wolfstempel. Eine Geste von ihr, und ein gutes Dutzend Fackeln brannten und tauchten den alten Tempel in ein flackerndes, düsteres Licht.
    Ein massives Tor aus Stein, mit dem Relief eines Wolfs darauf, versperrte ihnen den Weg. Eine weitere Geste, und der Stein glitt zur Seite.
    Die schimmernden Bänder des Weltenflusses tanzten vor ihren Augen, als Aselas Hand nacheinander die goldene Schalen schloss, die den Weltenstrom hier bannten. Dann trat sie in die Mitte des Raums, vor die Säule, in der der Wolfskopf ruhte.
    »Was willst du damit?«, fragte sie widerspenstig. »Du bist tot!«
    »Kein Grund, Unordnung zu hinterlassen«, sagte der Geist, und sie spürte sein Lächeln. Er nahm den Wolfskopf und steckte ihn ein, dann gingen sie gemeinsam wieder die Treppe hoch, durch die mittlerweile offene Tür der Gildehalle hinaus. Nur einmal noch ließ er ihren Körper anhalten und zurückschauen zu der fernen Gestalt in der blauen Robe, die dort zwischen ihren Freunden erschöpft auf einer Bank saß.
    Dann gingen sie weiter, ein Schimmern lief über sie, und sie war eine Eule, die mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze über den Platz schritt. Die Menschen traten beiseite, bestaunten sie
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