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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
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Veranda angestrengt zur Spitze des Teufelzahns hinauf. Auch die Augen der Wachen, der Scharfschützen und der Reporter waren auf den Fels gerichtet, und ebenso die Fotoapparate und Fernsehkameras. Es war ganz still geworden. Alles wartete gebannt...
    „Farber?" rief Delaney in sein Mikrofon. „Farber, klappt es? Legen Sie ihm den Gurt um?"
    „Ich kann nicht", antwortete Farber mit bebender Stimme. „Ich kann es einfach nicht."
    „Was ist denn los?"
    „Er... er hat die Arme weit ausgebreitet und die Beine von sich gestreckt, Captain. Und... Mein Gott, er hat überhaupt keinen Schwanz."
    „Was geht Sie sein Schwanz an!" schrie Delaney wütend. „Kümmern Sie sich nicht um seinen Schwanz. Und lassen Sie seine Arme. Bringen Sie seine Füße zusammen! Streifen Sie ihm den Gurt über und schieben Sie ihn rauf bis unter die Arme."
    „Ich kann nicht", antwortete Farber, und man hörte seiner Stimme die Angst an. „Ich kann einfach nicht!"
    Delaney holte tief Atem. „Hören Sie zu, Sie verfluchter Kerl, Sie haben sich freiwillig zu dieser Sache gemeldet. 'Ich hol den Scheißkerl', haben Sie gesagt. So, und jetzt sind Sie oben, und nun holen Sie den Scheißkerl. Legen Sie seine Füße zusammen."
    „Captain, er ist ganz kalt und steif wie ein Brett."
    „Was Sie nicht sagen! Kalt und steif wie ein Brett ist er?" sagte Delaney. „Welch ein Jammer, daß wir nicht Mitte Juli haben - dann könnten Sie ihn mit einer Schaufel und einem Löschblatt aufnehmen! Sind Sie Polizist oder nicht? Was glauben Sie denn, wofür Sie Ihren Sold bekommen? Damit Sie den Dreck der Welt wegschaffen, stimmt's? Und nun hören Sie mir zu, Sie Memme: Sie packen jetzt seine Beine und drücken sie zusammen!"
    Eine Weile herrschte Schweigen. Delaney sah, daß Captain Bertram Sneed sich abgewandt hatte und ans andere Ende der Veranda gegangen war. Dort stand er jetzt, die Hände um die Geländerstange gekrallt, und starrte in die entgegengesetzte Richtung.
    „Captain?" Farbers Stimme war kaum noch zu hören.
    „Ich bin hier. Kommen Sie mit den Beinen zurecht?"
    „Nicht sehr gut, Captain. Ich kann die Beine ein bißchen bewegen, aber ich glaube, er klebt fest. Seine Haut ist an dem Scheißfelsen festgeklebt."
    „Das kann ich mir denken", sagte Delaney, und plötzlich bekam seine Stimme einen sanften, ermutigenden Klang. „Sie ist am Stein festgefroren. Ist ja klar. Biegen Sie die Beine einfach nur langsam zusammen, mein Junge! Denken Sie nicht an die Haut. Bewegen Sie die Beine hin und her!"
    „Gut... also... O Gott!"
    Sie warteten. Delaney nützte die Pause, um seinen Mantel auszuziehen. Er sah sich um, und Chief Forrest nahm ihn ihm ab. Dem Captain wurde bewußt, daß er schweißgebadet war: Er fühlte, wie ihm der Schweiß über die Rippen lief.

    „Captain?"
    „Ich bin hier, mein Junge."
    „Etwas von der Haut an den Beinen und am Hintern ist abgerissen. Die Fetzen sind an dem Scheißfelsen klebengeblieben."
    „Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Er hat nichts gespürt. Haben Sie seine Füße jetzt zusammen?"
    „Ja, so ziemlich. Jedenfalls dicht genug, daß ich den Gurt drüberstreifen kann."
    „Fein. Sie machen Ihre Sache großartig. Und jetzt bewegen Sie seinen ganzen Körper hin und her. Schaukeln Sie ihn ein bißchen, damit der Körper sich vom Gestein löst."
    „Oh, mein Gott..." sagte Farber mit heiserer Stimme, und da wußten sie unten auf der Veranda, daß er jetzt weinte. Sie sahen einander nicht an.
    „Er ist ganz eingefallen", sagte Farber stöhnend. „Ganz eingefallen, und der Bauch ist aufgebläht."
    „Sehen Sie nicht hin", sagte Delaney. „Bewegen Sie ihn nur hin und her. Hin und her. Bis er freikommt."
    „Ja. In Ordnung. Jetzt ist er frei. Viel Haut ist nicht abgerissen."
    „Sehr gut. Sie machen das ganz fabelhaft. Und jetzt schieben Sie den Gurt hoch. Können Sie seine Beine anheben?"
    „Oh, natürlich. Mein Gott, der wiegt doch fast gar nichts - das reinste Skelett. Seine Arme sind immer noch weit ausgebreitet."
    „Lassen Sie nur. Das macht nichts. Wo ist jetzt der Gurt?"
    „Ich bin dabei, ihn hochzuschieben. Warten Sie einen Augenblick... So. Okay. Jetzt sitzt er richtig. Unter seinen Armen."
    „Kann er auch nicht rausrutschen?"
    „Unmöglich. Seine Scheißarme sind starr ausgestreckt."
    „Alles bereit für den Hubschrauber?"
    „Mein Gott, ja!"
    „Chilton eins an Chilton zwei."
    „Chilton zwei. Laut und klar. Hier spricht Barnes."
    „Der Gurt ist an der Leiche befestigt. Sie können sie
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