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Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Titel: Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman
Autoren: Jessica Grant
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Campus eine C.-difficile -Epidemie grassiert.
    Ja, sagte Verlaine. Das hat mich ziemlich kalt erwischt. Angeblich sind die Versuchstiere schuld.
    Wie komisch.
    Das ist ganz und gar nicht komisch. Ach, ist das die tortue. Sie trat vor den Kaminsims. Ça va bien in deinem neuen Zuhause.
    Sehr bien sogar, vielen Dank.
    Sie trug trotz des Winterwetters kurze Ärmel, und ihre Arme sahen aus, als ob sie den einen der anderen Rasen gemäht hätten.
    Und du hast nicht gemerkt, dass er ein Landsmann ist, fragte Audrey.
    Ein suisse allemand ist kein Landsmann.
    Verlaine ging durch den Türbogen in die Küche. Sie starrte auf den Teich ohne Grund. Euer Politiker macht seinen Nachmittagsspaziergang, sagte sie.
     
    Schon seit Tagen beobachtete ich durch den Türbogen, wie der Politiker in Gedanken versunken seine Runden um den Teich drehte. Immer wenn er vorbeikam, steckten die Schwäne den Kopf unter Wasser, worauf ich prompt in meine Schüssel kletterte und es ihnen nachtat. Eines Tages schließlich stand er vor der Tür und teilte Audrey mit, er werde fortziehen. Es tue ihm schrecklich leid, sagte er, aber dafür habe er jahrelang geschuftet bis in die Puppen.
    Um nach Ottawa zu gehen.
    Ja, Kleines.
    Byrne Doyle trat vor den Kaminsims und bestaunte die Maus.
    Wedge war die ganze Zeit im Haus, sagte Audrey.
    Nicht zu fassen. Und die Schildkröte sieht ja goldig aus in ihrem neuen Pullover.
    Eigentlich ist es ein Schildkrötenwärmer. Judd hat ihn gestrickt.
    Wie nett von ihm. Speichert die Körperwärme.
    Dabei hat sie gar keine Körperwärme, die sich speichern ließe. Aber das weiß Judd nicht.
    Was. Das war mir neu.
    Sie sind doch nicht beleidigt, weil ich ein Clint’s Cab fahre, oder.
    Er zwinkerte. Nein, Kleines. Ich weiß ja, dass du ihn nicht gewählt hast.
     
    Audrey biegt auf die Straße zum Flughafen ab. Sofort herrscht dichter Nebel. Scheiße, sagt sie.
    Fünfzig Minuten, sagt Judd mit einem Blick auf den Monitor.
    Wir fahren auf den Kurzzeitparkplatz. Er ist fast leer. Einen Moment lang sitzen wir einfach da, während der Wagen im Leerlauf vor sich hin tuckert. Audrey starrt auf den Monitor. Findest du wirklich, dass das Flugzeug heller leuchtet als sonst.
    Ja, wirklich.
    Oder ist es draußen dunkler.
    Am anderen Ende des Parkplatzes ist der Kurzzeitparkwächter nur eine verschwommene Silhouette hinter beschlagenem Glas. Audrey sagt, er sitze seit Monaten in seinem Häuschen fest.
    Judd rückt meinen Schildkrötenwärmer zurecht. Alles klar, sagt er.
    Ja, ich habe mich für Judd erwärmt. Trotz Audreys Behauptung, ich sei im Wesentlichen wärmefrei, habe ich mich für ihn erwärmt. Die Umstellung fiel mir anfangs zugegebenermaßen nicht ganz leicht. Denn Judd ist nicht Cliff. Im Gegenteil. Er ist der Anti-Cliff schlechthin. Ruhig, unsportlich. Als Audrey uns miteinander bekannt machte, sagte er Hallo, Kröte. Worauf Audrey einwand, ich sei erstens kein Frosch und lebe zweitens nicht im Wasser, was sich schon daran erkennen ließe, dass ich keine Flossen hätte, sondern Füße. Sie ist schließlich keine Meerjungfrau, sagte sie. Stimmt, sagte Judd und schüttelte mir schüchtern den Fuß. Als sie ihm sagte, dass ich unbedingt warmgehalten werden müsse, erklärte er sich spontan bereit, mir einen Schildkrötenwärmer zu stricken.
    Als er weg war, ließ ich ein Salatblatt fallen. Was, zum Teufel, ist ein Schildkrötenwärmer.
    Judd ist ein passionierter Stricker, sagt sie. Und Weihnachtslichterkettenerfinder.
    Eine Woche später traf der Wärmer ein. Er war knallblau. Judd hatte zum Glück genauestens Maß genommen, sodass das gute Stück wie angegossen über meinen Panzer passte.
    Damit wird aber nicht geschwommen, sagte sie.
    Ist gut.
    Jetzt trage ich den Wärmer nur an kalten Tagen und wenn wir aus dem Haus gehen. Was recht häufig der Fall ist, weil ich so gern auf dem Armaturenbrett des Taxis mitfahre und ein paar Mal sogar auf dem Armaturenbrett des Vans mitfahren durfte.
    Wenn ich in Judds Van mitfahren soll, lässt er ihn vorher eine halbe Stunde laufen, damit ich es mollig warm habe (nicht besonders ökologisch, aber fürsorglich). Vor Kurzem sind wir zu dritt in Judds Van auf den Signal Hill gefahren und haben den Signalen beim Fliegen zugesehen. Der Wind war so stark, dass die linken Reifen vom Boden abhoben.
    Guck mal, Win. Das Meer.
    Es sah ganz anders aus als die Meere, die ich kannte. Verdammt kalt, um genau zu sein.
    Hier sind schon Autos vom Parkplatz geweht worden, sagte sie.
    Judd sagte: Heute
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