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Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Titel: Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman
Autoren: Jessica Grant
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in ein Abenteuer geraten. Ich musste ein Rätsel lösen. Ich hatte Angst.
    Sei nicht wie die Maus, die sich zum Sterben eingräbt. Oder wie der Pilot, der seine Maschine mit letzter Kraft zu einer einsamen Insel fliegt, um dort heimlich, still und leise abzustürzen. Flieg Qantas. Sei vorsichtig. Sei Onkel Thoby.
    Wach auf.
    Übrigens, ich hätte da noch eine Frage. Bist zu bereit. Los geht’s. Warum hast du mich verlassen.
    Weil ich der Tropfen war, der dein Fass zum Überlaufen brachte, oder
    weil Toff gesagt hat: Genug ist genug, das Spiel ist aus, oder
    weil du dich mit Großmutter versöhnen wolltest oder
    weil du dich an einen Ort zurückziehen musstest, wo mein toter Dad nicht um dich war, oder
    weil du Angst hattest, vor meinen Augen abzustürzen.
    Beantworte meine Frage.
    Es ist meinetwegen, stimmt’s. Es ist meine Schuld.
    Wenn es aber nicht meine Schuld ist – und ich eine Falschaussage treffe -, dann musst du sofort aufwachen und mich korrigieren. Dann musst du sofort aufwachen und mir sagen, dass es nicht meine Schuld ist.
    Direktor Grün, weißt du noch, wenn wir Cluedo spielten, und mein Dad klagte jemanden an – zum Beispiel Frau Weiß -, und er sah in den Umschlag, und es war gar nicht Frau Weiß, dann wurde er fuchsteufelswild und unterstellte uns, Frau Weiß gestohlen und versteckt zu haben. Weißt du noch. Dabei hatte gar niemand Frau Weiß. Niemand hatte geschummelt. Okay, manchmal habe ich schon geschummelt. Manchmal machte es einem dein langer Arm nicht allzu schwer, dir in die Karten zu schauen. Und manchmal, wenn ich wegen dringender Geschäfte aus dem Zimmer ging, warf ich unterwegs einen verstohlenen Blick auf den Punktezettel. Aber sonst ging alles mit rechten Dingen zu. Sonst war alles koscher. Und ich war eine ziemlich gute Cluedo-Spielerin, obwohl ich mich standhaft weigerte, zu würfeln und die fünf Zimmer abzuklappern, in die ich nicht springen konnte.
    Weißt du noch.
    Aber manchmal verschwand auch eine Karte. Manchmal fiel eine Karte auf den Boden. Und wir waren so sehr in das Spiel auf dem Tisch vertieft, in das nudelholzplattgewalzte Haus, das dem Haus in England, dem mein Dad entkommen war, so ähnlich sah, dass wir alles um uns herum vergaßen, den Fußboden, das Haus, ja sogar die Welt unter dem Tisch, die womöglich neue, unbekannte Rätsel barg.
    Ich jedenfalls.
    Denn ich war in Gedanken ganz und gar auf dem Brett. Ich hüpfte. Und ich gebe es zu: Ich schummelte. Wenn auch nur ein klitzekleines bisschen.
    Und wo war Frau Weiß.
    Ich rutschte von meinem Stuhl, und da lag sie, auf dem Boden. Als ich mich bückte, um sie aufzuheben, sah ich, wie meine beiden Gegenspieler unter dem Tisch Händchen hielten. Was nicht zum Spiel gehörte.
    Ich schnappte mir die Karte und sprang von Freude überwältigt auf. Was war der Grund für diese Freude. Die Entdeckung der verschollenen Karte, dachte ich. Guckt mal! Guckt mal, was ich gefunden habe! Aber mit der Entdeckung der verschollenen Karte hatte diese Freude nichts zu tun. Verstehst du. Ich war aus einem ganz anderen Grund so froh.
    Ich schüttele den Kopf. Weißt du, als ich deine Nachricht das erste Mal gelesen habe, dachte ich, du wärst nur rasch Schlagsahne oder Clipart kaufen gegangen. Ist das nicht komisch. Ich meine, wer kauft schon Clipart. Deine Schrift ist aber auch wirklich schwach. Oder hat zumindest ihre Schwächen. Das Einzige, was ich entziffern konnte, war demnächst . Das konnte ich entziffern. Nur: Wie lange ist demnächst. Wie lange würde es dauern, bis du wiederkommst. Oder stand Wiederkommen nicht auf deiner Liste.
    Warum stand Wiederkommen nicht auf deiner Liste.
    Ich schaue aus dem Fenster. Der Schnee sprenkelt die Luft mit weißen Tupfen. Sieh mal, Schnee, der auf Palmen fällt. Sieh doch, Onkel Thoby. Hast du so etwas schon mal gesehen.
    Keine Antwort.
    Warum gibst du mir keine Antwort.
    Langsam hebt und senkt sich seine Brust.
    Ein altes Sprichwort lautet: Lenk das Flugzeug in eine andere Richtung. Lenk das Flugzeug in meine Richtung. Weißt du noch.
    Du wirst es nicht glauben, aber Wedge ist verschwunden. Wedge ist weg, und ich habe eine internationale Suchaktion gestartet und mich allerhand Gefahren ausgesetzt. Ich bin mit Schrammen und blauen Flecken förmlich übersät. Sieh mich an. Sieh mir ins Gesicht. Ich bin fast genauso ein Wrack wie du. Sieh mich an. Bitte wach auf.
    Okay, letzte Karte.
    Ich weiß, wer du bist, Direktor Grün. Mr. Moss. Ich weiß, dass du meinen Dad überhaupt nur meinetwegen
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