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Die Erfuellung

Die Erfuellung

Titel: Die Erfuellung
Autoren: Catherine Cookson
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verlieren.
    »Kommen Sie mit mir«, sagte er scharf. »Vielleicht brauche ich Hilfe.«
    »Ich komme.« Schon watete sie zum Heck der kleinen Jacht. Als sie die dort angebrachte Leiter erklomm, fragte sie sich vage, ob sie in einem Albtraum steckte und gleich zu einer friedlicheren Wirklichkeit erwachen würde. Dann jedoch ging Rouse Cadwell an Bord, griff sich die auf dem Dach der Kajüte befestigte Bootsstange und stieß sie ins Wasser. Ihr wurde klar, dass sie diesen Schrecken nicht träumte. Er war Furcht erregende Realität.
    »Gehen Sie zum Bug. Rufen Sie, wenn Sie die beiden sehen.«
    An die Reling geklammert, hangelte sie sich über das schmale Deck. Vom Bug aus konnte sie die beiden Gestalten sehen, die sich an die Felsen klammerten. »Sie halten sich noch«, rief sie nach hinten. »Er versucht, sie aus dem Wasser zu ziehen.« Einmal waren die Felsen mit den beiden auf dem Wasser tanzenden Köpfen direkt vor ihr, dann wieder schienen sie verschwunden, aber das lag an den sprunghaften Bewegungen der Jacht, die Rouse Cadwell mit der Stange durch das Wasser manövrierte.
    Die Ebbe zog die Jacht wie vorhin das Dingi schnell auf die Lücke zwischen den Felsen und damit aufs offene Meer zu. Nervös fragte sie sich, was passieren würde, falls Rouse Cadwell die Kontrolle über das Boot verlor und sie tatsächlich von der Strömung mitgerissen wurden.
    Die tanzenden Köpfe befanden sich nun direkt vor ihr. »Mehr in diese Richtung«, rief sie besorgt über die Kajüte hinweg, wobei sie wild mit dem Arm gestikulierte. »Schnell! Er muss sie über Wasser halten. Schnell!« Genau in diesem Augenblick wurde sie fast über den Bug geschleudert, und die Jacht hielt abrupt an.
    »Was … was ist das?« An die Reling geklammert, hangelte sie sich halb nach hinten, wo Rouse Cadwell wie wild gegen die Stange drückte. »Wir sind auf eine Sandbank gelaufen. Großer Gott! Die Jacht kippt. Vorsicht!« Er drehte sich um und griff nach Linda. »Kommen Sie zu mir nach oben!«
    Als sie sich an seine Hand klammerte, stellte sie zu ihrer Verblüffung fest, dass er auf einmal über ihr war. Das Kajütendach stand schräg. Entsetzt merkte sie, dass sich die Jacht vollständig auf die Seite gelegt hatte.
    »Der Rumpf ist völlig verrottet. Wir müssen auf einen Felsen gelaufen sein. Können Sie schwimmen?« Er musste brüllen, um das Tosen des Wassers zu übertönen.
    »Ja.«
    »Dann versuchen Sie, den Strand zu erreichen, ich kümmere mich um die beiden.«
    »Nein, ich komme mit. Ich bin eine gute Schwimmerin.«
    »Wie Sie wollen. Für Diskussionen ist jetzt keine Zeit.« Er zog seine Kleidung aus, und Linda tat es ihm gleich. Als sie sich direkt nach ihm ins Wasser gleiten ließ, stockte ihr das Blut in den Adern, so kalt war es. Sie war eine ausdauernde Schwimmerin, aber das galt für ruhiges Wasser und öffentliche Schwimmbäder. Hier ging es in erster Linie darum, sich nicht von der ablaufenden Flut mitreißen zu lassen. Sie kraulte, weil sie so am meisten Kraft hatte. Als sie einmal den Kopf aus dem Wasser hob, stellte sie zu ihrer großen Erleichterung fest, dass die beiden Gestalten nun bewegungslos auf den Felsen vor ihr lagen. Er hatte es geschafft, war in Sicherheit. Gott sei Dank.
    Dabei forderte der Kampf gegen die Strömung sie selbst aufs Äußerste. Nie in ihrem Leben war sie so froh gewesen wie in dem Augenblick, als sie den Kopf hob und das geliebte Gesicht von Ralph Batley über sich sah.
    Als er sie auf den Felsen zog, hatte sie das Gefühl, ihr würde die Haut von den Knien gerissen. Für einen Augenblick blieb sie hustend und Meerwasser spuckend liegen. Benommen fragte sie sich, warum er sie so schnell losgelassen und kein Wort mit ihr gesprochen hatte. Als sie sich mühsam auf die Seite drehte und sich das Salzwasser aus den Augen rieb, fand sie die Erklärung. Sie schrie entsetzt auf. Nun wusste sie auch, warum er sich wieder ins Wasser gleiten ließ.
    Aus Rouse Cadwells Frage hatte sie geschlossen, dass er selbst ein ausgezeichneter Schwimmer war. Allerdings hatte sie eben erst feststellen müssen, dass man sich bei einer solchen Strömung nicht auf sein Können verlassen konnte. Zu ihrem Entsetzen sah sie nun, dass Rouse in Not war. Er schwamm nicht mehr, sondern hielt sich nur noch über Wasser und wurde von der Strömung mitgerissen. Auch Ralph Batley war offenkundig erschöpft. Nach langen, qualvollen Momenten sah sie, wie die beiden Männer geradezu aufeinander prallten. Sie schlangen die Arme umeinander und
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