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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben
Autoren: William Golding
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Bild: gute Dinge, Honig und junge Triebe, Knollen und Maden, süßes und ungutes Fleisch. Er hob einen Stein auf und schlug ihn wider den tauben Fels zu seinen Häupten, so wie er bald an einen vielversprechenden Baum klopfen würde.
    Nil zupfte eine verdorrte Beere von einem Busch und steckte sie in den Mund. »Seht! Lok schlägt an einen Felsen!«
    Als sie über ihn lachten, verstellte er sich und schrie und tat so, als ob er dem Steinblock lausche. »Wacht auf, Maden! Seid ihr wach?« Aber Mal führte sie weiter.
    Die Spitze der Klippe neigte sich ein wenig zurück, so daß sie nicht über den gezackten Grat zu klettern brauchten, sondern an der abfallenden Seite entlanggehen konnten, wo das Felsmassiv aus dem wirren Nebel am Fuße des Falls emporwuchs. Der Steig gewann mit jedem Schritt an Höhe, ein schwindelnder Weg aus Schräge und überhängendem Gestein, Spalt und Felspfeiler, wo rauher Boden dem Fuße einziger Halt war, und darunter sprang das Massiv zurück und schuf zwischen ihnen und dem Sprühnebel und der Insel einen Raum nur aus Luft. Darinnen schwammen die Raben gleich schwarzen Stückchen Feuerholzes, die Wasserpflanzen bebten mit ganz schwachem Glanz in ihren Zöpfen, daß man gerade eben sah, wo das Wasser war: und die Insel, deren oberes Ende sich an den Fall anlehnte und den Sims der stürzenden Fluten zerteilte, war so fern wie der Mond. Die Klippe beugte sich vor, als wollte sie ihren Fuß ins Wasser tauchen sehen. Die Tangzöpfe waren sehr lang, länger als viele Mal und Lok und Ha, und sie spülten unter den kletternden Gefährten hin und her mit der Regelmäßigkeit des Herzschlags oder der Meereswogen. Lok fiel ein, wie die Raben immer krächzten. Er schlug nach ihnen mit den Armen. »Rab! Rab!«
    Das Junge auf Fas Rücken regte sich und rutschte ein Stück höher. Ha ging sehr langsam, denn sein Körpergewicht machte ihn vorsichtig. Er tappte dahin, auf besonnenen Händen und Füßen, die sich auf dem schrägen Fels beugten und streckten. Mal sprach wieder. »Wartet.«
    Sie lasen seine Lippen, als er sich zu ihnen umwandte, und traten zu ihm. Hier weitete sich der Pfad zu einer Plattform aus, auf der sie alle Platz hatten. Die Alte stützte ihre Hände auf die schiefe Felswand, damit sie nicht mehr so schwer trüge. Mal beugte sich vornüber und hustete, bis es ihn in den Schultern riß. Nil kauerte neben ihm nieder und legte ihm eine Hand auf den Leib und die andere auf die Schulter.
    Lok sah über den Fluß hinweg, um seinen Hunger zu vergessen. Er blähte die Nasenflügel und wurde sogleich mit einem ganzen Strauß von Witterungen belohnt, denn der Nebel vom Wasserfall verstärkte wunderbar jeden Geruch, wie Regen die Farben einer Blumenwiese sättigte und sie deutlicher voneinander abhob. Da waren auch die Gerüche der Gefährten, einen jeden vermochte er zu unterscheiden, und doch flossen sie alle in der Witterung des schlammigen Pfades zusammen, über den sie gekommen waren. All dies sprach so vernehmlich von ihrer Sommerheimat, daß er vor Freude auflachte und sich zu Fa umdrehte und spürte, daß er trotz seines Hungers gern bei ihr liegen würde. Das Regenwasser vom Wald war auf ihrem Fell getrocknet und die Lockenbüschel um ihren Hals und über dem Versteck des Jungen glänzten rot. Er berührte sie an der Brust, daß sie lachte, und strich ihr das Haar hinter die Ohren zurück.
    »Wir werden Nahrung finden«, sagte er, und sein breiter Mund ging noch weiter auseinander, »und wir werden beieinander liegen.«
    Das Wort Nahrung machte seinen Hunger so lebendig wie die Gerüche. Er wandte sich wieder nach links, von wo ihm die Witterung des Bündels der Alten kam. Da war aber plötzlich nur Leere und der Nebelschleier des Wasserfalls, der von der Insel herüberwehte. Er hing unten mit ausgespreizten Armen und Beinen, und Zehen und Hände saugten sich wie Schnecken an der Felswand fest. Er konnte unter seinen Achseln die Tangzöpfe sehen, deren Bewegung für einen Augenblick äußerster Bewußtseinsschärfe erstarrt schien. Liku plärrte auf der Plattform und Fa lag flach am Boden und beugte sich über den Rand und hielt sein Handgelenk umklammert, während das Junge wimmernd in ihrem Haar zappelte. Die anderen kamen zurück. Er sah Has Oberkörper. Ha handelte vorsichtig und doch rasch und faßte jetzt nach seinem anderen Arm. Lok fühlte den Angstschweiß auf ihren Handflächen. Zwischen Fuß und Hand abwechselnd zog er sich hoch und hockte dann auf der Plattform nieder. Er
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