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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben
Autoren: William Golding
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Wasser. Sie kreischte und zog die Füße aus dem Schlamm, ergriff Has ausgestreckte Hand und stand dann keuchend und zitternd auf festem Boden.
    Mal ging auf die Alte zu und redete sie freundlich an. »Will sie es jetzt hinübertragen?«
    Die Alte fand nur mit einem Teil ihres Wesens in die Wirklichkeit zurück. Sie schritt zum Wasser hinab und hielt das Bündel immer noch in Brusthöhe mit den hohlen Händen. Sie war fast nur noch Haut und Knochen und dünnes, weißes Haar. Als sie schnell hinüberlief, rührte sich der Stamm kaum im Wasser. Mal beugte sich zu Liku hinunter. »Willst du jetzt hinübergehen?«
    Liku nahm die kleine Oa vom Mund und rieb ihren roten Lockenschopf an Loks Schenkel. »Ich bleibe bei Lok.«
    Lok war, als gehe in seinem Kopf eine Sonne auf. Er öffnete den Mund weit und lachte und redete auf die anderen ein, wenn auch zwischen den schnell aufzuckenden Bildern und den Worten, die herauskamen, wenig Zusammenhang war. Er sah, wie Fa zurücklachte und Ha ernst lächelte.
    Nil schrie herüber. »Sei vorsichtig, Liku. Halt dich fest.« Lok zog Liku an einer Haarlocke. »Hoch!«
    Liku nahm seine Hand, hob einen Fuß auf sein Knie und kletterte in die Locken auf seinem Rücken. Die kleine Oa ruhte in ihrer warmen Hand unter seinem Kinn. »Los!« rief sie ihm zu.
    Lok ging auf dem Pfad bis unter die Buchen zurück. Er blickte finster zum Wasser hin, rannte darauf zu, hemmte dann den Lauf und stockte. Die über dem Wasser drüben begannen zu lachen. Lok sauste vor und zurück und scheute jedesmal vor dem Stamm. Er schrie.
    »Seht Lok, den kühnen Springer!«
    Er nahm stolz Anlauf, der Mut verließ ihn, er duckte sich und eilte zurück. Liku hopste und kreischte. »Spring! Spring!«
    Ihr Kopf rollte hilflos gegen den seinen. Er lief wie Nil mit hocherhobenen Armen zum Uferrand. »Ai! Ai!«
    Sogar Mal mußte jetzt grinsen. Likus Lachen hatte das lautlose, atemlose Stadium erreicht und das Wasser rann ihr aus den Augen. Lok verbarg sich hinter einer Buche und Nil hielt sich die Brüste vor Lachen. Da kam Lok plötzlich wieder hervor. Er schoß dahin, fast waagrecht, sauste über den Stamm hinweg mit einem Donnerruf, sprang, landete auf trockenem Boden, hüpfte umher und hüpfte immer weiter und verhöhnte das besiegte Wasser, bis Liku den Schlucken bekam an seinem Hals und die anderen sich halten mußten vor Lachen. Schließlich verstummte sie, und Mal trat vor. Er hüstelte und lächelte ihnen verzerrt zu. »Jetzt Mal.«
    Er hielt den Dornenast waagrecht vor sich, um das Gleichgewicht zu bewahren. Er lief auf den Stamm zu und seine alten Füße griffen und rutschten. Dann war er auf dem Stamm und schwang den Dornenast. Er hatte nicht genügend Anlauf genommen, um sicher hinüberzugelangen. Sie sahen, wie die Angst sein Gesicht überzog, sahen seine entblößten Zähne. Da riß sein Fuß ein Stück Rinde vom Stamm, daß eine glatte Stelle entstand, und er war nicht schnell genug. Der andere Fuß glitt aus, und er fiel nach vorn. Er warf sich noch zur Seite und verschwand in einem schmutzigen Wasserwirbel. Lok lief hin und her und schrie aus Leibeskräften. »Mal ist im Wasser!« »Ai! Ai!«
    Ha watete hinein und verzerrte das Gesicht unter der fremden, kalten Berührung. Er bekam den Dornenast zu fassen, und Mal war am anderen Ende. Dann packte er Mal am Handgelenk und sie fielen und taumelten und schienen miteinander zu ringen. Mal machte sich frei und kroch auf allen vieren das sichere Ufer hinauf. Er brachte eine Buche zwischen sich und das Wasser und rollte sich erschauernd zusammen. Die Gefährten traten in engem Kreis um ihn herum. Sie hockten sich nieder und rieben ihn mit ihren Leibern, wanden die Arme zu einem schützenden, wärmenden Flechtwerk. Das Wasser lief an ihm herunter und seine Haare richteten sich auf. Liku bohrte sich in den Knäuel und drückte ihren Bauch gegen seine Waden. Nur die Alte verharrte immer noch regungslos. Die Gruppe hockte um Mal herum, und sie teilten sich in sein Zittern. Liku sprach. »Ich habe Hunger.«
    Der Knoten um Mal löste sich, und er stand auf. Er zitterte immer noch. Dieses Zittern lief nicht außen über Haut und Fell, es kam von innen heraus, so daß es sogar den Dornenast mit ihm schüttelte. »Kommt!«
    Er ging ihnen auf dem Pfad voran. Hier standen die Bäume weit auseinander mit vielen Büschen dazwischen. Bald kamen sie auf eine Lichtung, die ein großer Baum gemacht hatte, ehe er starb – eine Lichtung am Flußufer, die immer noch von dem
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