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Die Entscheidung liegt bei dir!

Die Entscheidung liegt bei dir!

Titel: Die Entscheidung liegt bei dir!
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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verirren, um die Dinge zu klären. Dafür will ich zwei Irrtümer aufzeigen und eine praktische Überlegung anstellen:

|222| Die Verwechslung von Freiheit und Zufall
    Niemand hat je bestritten, dass unsere Freiheit Grenzen hat. Eine grenzenlose Freiheit wäre leer – über sie könnte man schlicht keine Aussagen machen. Man könnte sie einfach nicht von Nicht-Freiheit unterscheiden. Erst wenn ich Bedingungen einführe, kann ich den Kontrast sehen. Deshalb ist Freiheit immer
innen
– innerhalb von Grenzen. Gäbe es diese Grenzen nicht, dürften wir nicht mehr von Freiheit sprechen, sondern von Zufall oder Chaos.
    Die Handlungsfreiheit zum Beispiel hat
faktische
Grenzen. Ich kann nicht ohne Hilfsmittel 10 Meter hoch springen; wer im Gefängnis sitzt, kann nicht gehen, wohin er will; wir können nicht wählen, ewig zu leben (jedenfalls nicht im Diesseits).
    Und genau so ist es auch mit der Willensfreiheit. Ein von unseren Erfahrungen, Prägungen und Erinnerungen losgelöster Wille wäre eben kein Wille mehr, sondern purer Zufall, Beliebigkeit. Aber keine unserer Entscheidungen ist zufällig. Sie ist gebunden an unzählige kleine Ursachen, Erfahrungen in Kindheit und Beruf, Menschen, denen wir begegnet sind, Bücher, die wir gelesen haben. Insofern sind Entscheidungen begründbar. Wir können sie uns bewusst machen, aber diese Prozesse finden auch ohne unsere Beobachtung statt. Und einerlei ob bewusst oder unbewusst, kein anderer Mensch auf dieser Welt hat exakt dieselben Erfahrungen in Kindheit und Beruf, ist denselben Menschen in gleicher Weise begegnet, hat kulturelle Prägungen in gleicher Weise verarbeitet.
    Wie anders sollten wir diese Unterschiede bezeichnen, wenn nicht als »Ich«? Schon bei simpler Selbstbeobachtung wird einem klar, dass ganz bestimmte Verhaltensweisen fremder Kulturen für einen selbst völlig ausgeschlossen sind. Man |223| käme »überhaupt nicht auf die Idee«. Um das festzustellen braucht es keine Hirnforschung. Insofern sind Freiheit und Determiniertheit keine Widersprüche, sondern bedingen einander. Die Krux der Willensfreiheit liegt nicht im »Dass« der Bedingtheit, sondern in ihrem »Wie«. Auf der Basis und im Rahmen von Grenzen erlebe ich mich als frei – das heißt, zu freien Entscheidungen fähig.

Die Trennung von Hirn und Person
    Menschen denken gern in Gegensätzen. »Entweder-Oder« ist ein beliebtes Stück, das auch in der aktuellen Diskussion gerne aufgeführt wird. Wer ist das, der da entscheidet? Ich
oder
Neuronen? Freiheit
oder
Hirn? Eigentümliche Gegensatzpaare. Der freie Wille schwebt ja nicht völlig losgelöst irgendwo herum in einem Paralleluniversum. Mein Gehirn – das bin ja auch ich! Jedenfalls lassen sich mein Hirn und seine Ströme auf mich als Person zurückführen und auf niemand anderen. Es mag sein, dass ich noch mehr bin als nur Gehirn, aber mein Gehirn ist von mir als Einheit nicht zu trennen. Wenn ich sage: »Ich habe aus freiem Willen entschieden«, dann sage ich nicht: »Ich habe ohne jegliche Ursache und völlig willkürlich entschieden.« Ich sage nur: »Ich habe aufgrund bestimmter Ursachen entschieden, von denen mir einige bekannt sind, einige unbekannt, die aber in jedem Fall mich als Person voraussetzen.« »Ich«, das ist kein Zufallsgenerator, sondern ein Mensch mit seiner – und nur seiner – Geschichte.
    Vielleicht hilft der Vergleich mit einem Eisberg. Bekanntlich ragen nur etwa 10 Prozent seines Volumens aus dem Wasser. Das ist unsere bewusste Denktätigkeit. 90 Prozent liegen |224| unter Wasser – das sind die unbewussten und nur schwer zu beobachtenden Prozesse in unserem Gehirn. Aber die eisberghafte Masse ist eine Einheit, auch wenn nur ein kleiner Teil sichtbar ist. Es mag mithin sein, dass alle unsere Entscheidungen von kausalen Prozessen in unserem Gehirn bestimmt sind. Na und? Wo ist das Problem? Deshalb erlebe ich mich doch als frei im Sinne von selbstbestimmt, das heißt, ich werde nicht gezwungen, handele nicht zufällig und erlebe mich als Urheber der Entscheidung. Und auch der Gesetzesbrecher weiß, dass er ein Gesetz bricht.

Willensfreiheit ist intuitiv und praktisch
    Bislang kannten wir als Gattung Mensch die drei großen Kränkungen: die des Kopernikus, dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Weltalls sei; die des Darwin, der mit seiner Evolutionstheorie das Schöpfungsvorrecht des Menschen bestritt; und die des Freud, dass nicht das »Ich«, sondern das Unbewusste Herr im Hause sei. Dazu käme jetzt als vierte
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