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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung
Autoren: Jane Christo
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der Engel vor Urzeiten vereinbart war.
    „Kannst du die Hölle noch betreten?“, fragte sie, und strich geistesabwesend mit den Fingerspitzen über eine armlange Feder.
    „M-hm“, brummte er leise, und sie konnte sein Lächeln fühlen, was sie irritierte. Warum freute ihn das? Oh, Moment, sie zog die Frage zurück. Er würde auf einen Espresso bei Tchort vorbeisehen, um mit ihm über die gute alte Zeit zu plaudern. Obwohl … wenn er immer noch in Miceals Diensten stand, wie konnte er dann den Hades betreten, als wäre die Unterwelt ein Bahnhofscafé?
    „Und weiter?“, bohrte sie nach und legte den Kopf in den Nacken, um seine Augen zu sehen.
    „Tchort, also, Luzifer, braucht einen verlässlichen Mann, und da wir uns schon so lange kennen …“ Er beendete den Satz nicht.
    Stirnrunzelnd wuselte sie sich aus seiner Umarmung.
    „Arbeitest du jetzt für Tchort?“
    „Luzifer“, korrigierte er schmunzelnd.
    Sie verdrehte die Augen. „Weiß Miceal davon?“
    „Unsere Zusammenarbeit wird sein Schaden nicht sein.“
    „Sagt wer?“ Na toll. Ihr Dämon war wieder Herr des Nordens und würde auf Seelenfang gehen, um Tchorts neues Reich zu festigen. Am liebsten hätte sie geschrien. Wozu hatten sie diesen ganzen Mist hinter sich gebracht, wenn sie am Ende da weitermachten, wo sie angefangen hatten? Zurück auf Start. Keine 4.000 Euro, keine verdammte Schlossallee.
    Das konnte er vergessen.
    Als sie Anstalten machte, das Bett zu verlassen, packte er sie am Handgelenk und zog sie auf seinen Schoß.
    „Ssshhhh“, Beliars Lippen an ihrem Ohr übten gegen ihren Willen eine beruhigende Wirkung aus. Gefangen in seinen Armen vermied sie seinen Blick und konzentrierte sich darauf, nicht in Wuttränen auszubrechen.
    „Blanche“, flüsterte er in ihr Haar und zog sie dichter an sich. Sie würde sich nie an die Art gewöhnen, wie er ihren Namen aussprach. Als wäre er heiße Schokolade, die auf der Zunge schmolz.
    „Wir sind im Begriff, Geschichte zu schreiben. Das ist ein neues Zeitalter, und Tchort braucht unsere Hilfe, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Da unsere Zusammenarbeit allen zugutekommt, ist Miceal einverstanden.“
    „Wieso das denn?“ Hatte sie gerade geschnieft?
    Beliar bog ihren Kopf zurück und gab ihr einen sanften Kuss auf den empörten Mund.
    „Weil er mir vertraut, genau wie dein Vater. Sollte es Schwierigkeiten geben, wäre ich ein Vermittler, den beide Seiten akzeptieren.“
    Blöd nur, dass es ständig Schwierigkeiten gab. Um das zu kapieren, musste man kein Genie sein: Himmel, Hölle, und der ewige Stress um die Seelen der Menschen. Beliar wäre dauernd in die kleinlichen Konflikte der gegensätzlichen Mächte verstrickt, die niemals enden würden, im Gegenteil.
    Andererseits … Sie biss sich auf die Unterlippe. Auf diese Weise würde sie in Kontakt mit ihrem Vater bleiben und irgendwie auch mit Ithuriel. Davon abgesehen wäre sie eine ideale Botschafterin, zur Hälfte Engel, der andere Teil Dämon. Zusammen wären sie ein perfektes Team – hatten sie das in der Vergangenheit nicht bewiesen?
    Ein Blick in seine dunklen Augen verriet ihr, dass er ihrem Gedankengang mit regem Interesse gefolgt war. Als sich seine Mundwinkel nach oben bogen, wurde ihr einmal mehr bewusst, was für ein manipulativer Dreckskerl er war.
    Einmal Dämon, immer Dämon.
    „Ich hasse dich“, flüsterte sie in seine Armbeuge.
    „Dafür liebe ich dich umso mehr“, murmelte er gegen ihren Hals, dann suchte er ihre Lippen und küsste sie tief und gründlich.

Epilog
     
     
    A m darauffolgenden Abend waren sie bei Enzo eingeladen, um das Weihnachtsfest zu feiern. Oder besser gesagt, nachzuholen. Die Nacht von Saetans Vertreibung war der 24. Dezember gewesen, doch an dem Tag war niemandem zum Feiern zumute. Kosmologen, Geologen und Physiker standen vor einem Rätsel, als in der Weihnachtsnacht ein Stern explodierte – ausgerechnet Algol, auch bekannt als Teufelsstern . Gleichzeitig brachen überall auf der Erde Vulkane aus, vom Ätna bis zum Vesuv, Mont Perlé über Mount Rainier, kein Kontinent blieb verschont. Was natürlich ein Fressen für Orthodoxe und Extremisten war, die von der Strafe Gottes faselten und das Ende der Welt ankündigten.
    Was für Idioten, es war genau andersherum. War ja klar, dass Saetan nicht lautlos abging, sondern noch einmal sein Gift verspritzte.
    Paris befand sich noch immer im Ausnahmezustand, dennoch schien die Stadt aufzuatmen, als wüssten die Menschen instinktiv, dass sie
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