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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung
Autoren: Frances Watts
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in der Zeitung drucken würden, oder? Wichtig ist, was sie nicht drucken ...«
    »Ich nehme an, ich könnte Granville fragen«, sagte Großvater Nelson zögernd. »Aber wie viel kann ich ihm erzählen?«
    »Nichts!«
    »Aber er war Lucias Pate. Er würde doch –«
    »Sag ihm nichts«, wiederholte Großtante Harriet. »Horche ihn nur aus. Finde heraus, wie viel er weiß.«
    »Und der Junge?«, fragte Großvater Nelson. »Komm schon, Harriet, wir müssen ihm helfen.«
    Großtante Harriet warf das nasse Geschirrtuch auf den Tisch und kam auf die Küchentür zu. »Nicht, wenn es bedeutet, dass wir Tibby Rose dadurch in Gefahr bringen«, sagte sie entschlossen. »Tibby Rose muss beschützt werden ... um jeden Preis. Und wenn ein Brief an den Onkel und die Tante des Jungen bedeutet, dass man auf Tibby Rose aufmerksam wird, dann können wir das nicht machen. Wir müssen ihn wohl einfach hierbehalten.«

3 ENTFÜHRT

    E ntführt?«, sagte Alex entgeistert. »Warum sollte jemand Alistair entführen wollen?«
    Seine Tante und sein Onkel sahen sich an. Beezer nickte ihrem Mann unmerklich zu.
    »Das erkläre ich euch beim Frühstück«, sagte Ebenezer. »Es handelt sich um eine sehr ernste Situation und mit ernsten Situationen kann man sich nicht mit leerem Magen befassen.«
    Alex, der nichts so sehr hasste wie einen leeren Magen, nickte zustimmend.
    »Aber –«, begann Alice.
    »Er hat recht, Alice«, sagte ihre Tante leise.
    Genervt nahm Alice Tante Beezer gegenüber an dem abgenutzten Holztisch Platz. Alex und Ebenezer liefen zwischen Küche und Esszimmer hin und her und brachten einen Teller mit einem Stapel Toastscheiben, eine Schale mit frischem Obst, eine Packung Frühstücksflocken und einen Krug mit Milch herein.
    Als die vier um den Esstisch saßen und sich so viel (wiein Alex’ Fall) oder so wenig (wie in dem von Alice) auftaten, wie sie essen wollten, hielt es Alice nicht länger aus. »Also, warum glaubt ihr, dass Alistair entführt worden ist?«
    Onkel Ebenezer räusperte sich. »Tja ... äh ... es ist möglich, dass Alistair etwas wissen könnte – oder eher, dass jemand glaubt, er könnte etwas wissen – was eure ... eure Eltern betrifft.«
    »Was gibt es da zu wissen?«, fragte Alice. »Glaubt ihr vielleicht, Alistair ist von jemandem entführt worden, der hinter Mamas Strickmustern her ist?«
    Ebenezer, der normalerweise eher Lachfältchen um die Augen hatte, sah ernst aus. »Nein. Nein, das glaube ich bestimmt nicht.« Er seufzte und fuhr sich mit der Hand über das zerzauste Fell auf seinem Kopf. »Wir wollten dieses Gespräch eigentlich erst in ein paar Jahren mit euch führen – erst, wenn ihr etwas älter seid. Aber da es mit dem Verschwinden eures Bruders zu tun haben könnte, glaube ich, dass uns nichts anderes übrig bleibt, als euch jetzt schon davon zu erzählen. Ich muss mich aber darauf verlassen können, dass ihr das, was ihr gleich hören werdet, absolut geheim haltet.«
    Er nahm den Becher mit dampfendem Tee, den Beezer vor ihn hingestellt hatte. Obwohl die Sonne warm durch die Fenster schien, hielt er ihn wärmend zwischen den Händen.
    »Was wisst ihr über Gerander?«, fragte er.
    Sein Neffe und seine Nichte sahen ihn überrascht an.
    »Gerander? Ist das nicht ein Teil von Souris?«, fragte Alice.
    Ebenezer lächelte traurig. »Wie ich schon dachte«, sagte er. »Nicht, dass es mich überrascht. Natürlich, wenn Gerander heutzutage überhaupt in der Schule erwähnt wird, dann wahrscheinlich nur als Provinz unseres größeren Nachbarn im Norden.«
    Alex nickte. »Wir haben in der Schule viel über Souris gelernt. Königin Eugenia und so weiter.«
    »Vielleicht habt ihr auch gehört, dass Souris ein sehr reiches und mächtiges Land ist«, vermutete Ebenezer, und die beiden jungen Mäuse nickten. »Nun, vor vielen Jahren ist dieses reiche und mächtige Land eingedrungen in –«
    Beezer machte ein Geräusch, als wolle sie etwas einwerfen, doch Ebenezer hielt die Hand hoch. »Es ist die Wahrheit, Beezer«, sagte er, »und in der Abgeschiedenheit unseres eigenen Hauses werde ich die Wahrheit doch wohl aussprechen dürfen ... Ja, Souris hat Gerander überfallen, ein kleineres, schwächeres Nachbarland. Und dieses einstmals so stolze Land ist heute nicht mehr unabhängig. Seine Grenzen sind geschlossen und seine Bewohner sind quasi Gefangene in ihrem eigenen Land, nahe am Verhungern und gezwungen, für den Wohlstand von Souris zu schuften. Man kann sagen, dass die Gerandiner nicht viel besser
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