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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts
Autoren: Ralf Bönt
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wandte sich von dem Spektakel, aus Wissenschaft wieder Mysterien zu machen, ab, bis die hartnäckige Behauptung auftauchte, er habe sein Experiment widerrufen. Faraday dementierte.
    »Nur Bildung«, ließ er vom Bett aus wissen, »kann helfen.«
    Er musste sich berichten lassen, die Kollegen von Reverend Whitehead hätten die Kraft endlich genauer und jeden Zweifel ausräumend bezeichnen können: Sie war satanischen Ursprungs. Ein Einfluss unnützer Personen. Beweis: Jede Erklärung sei immer nur zum Wohle des Erklärenden und diene seinen Interessen.
    Wie kam er jetzt darauf?
    Ach ja: Maxwell stellte sich die Feldlinien als flüssigkeitsgefüllte Röhren vor und bekam ein Gesetz heraus, das elektrische und magnetische Kräfte zwischen zwei Körpern quadratisch mit dem Abstand abnehmen ließ: Im doppelten Abstand betrug sie nur noch ein Viertel.
    Für eine Theorie hielt Maxwell das zum Glück aber noch lange nicht: »Nicht mal für einen Schatten davon«, hatte er geschrieben. Der Mann war doch wirklich sympathisch. Der verstand was, und wäre Faraday nicht am Tage genau so müde gewesen wie nachts, er hätte vielleicht im Labor einen Beweis gefunden oder etwas anderes, was sie vorwärtsgebracht hätte. Er war der Natur aber, nahm er an, zu alt, denn sie wollte sich ihm nicht mehr zeigen. Und die Unfähigkeit, etwas zu sehen, ekelte ihn fast so sehr wie seine Unentschlossenheit. Er war froh, in einem Keller zu sitzen und nicht in einem Turm oder einem Hochhaus, wie man sie in Amerika jetzt baute. Er hatte Angst vor den Impulsen, die ihn überkamen und die zu kontrollieren oft genug alle Kraft erforderte. Wann würde sie nicht mehr ausreichen?
    Man bot ihm die Präsidentschaft der Royal Society an. Er lehnte ab: »Am Ende«, meinte er, »muss ich doch immer der einfache Michael sein.«
    4 Celeritas
    Maxwell lebte in Aberdeen, als Charles Robert Darwin sich endlich traute zu sagen, was er vor zwanzig Jahren zwischen den Orgien seiner Seekrankheit auf der Beagle herausgefunden hatte. Es wurde bald verkürzt als seine Behauptung kolportiert, er und wir alle stammten von Affen ab, was bei Henry Whitehead neue Kopfschmerzen verursachte.
    »Wie«, fragten die Londoner, »abstammen?«
    »Wir sind eine Weiterentwicklung«, sagten die Informierten.
    »Verbesserte Affen?«, fragten entsetzt die anderen.
    »Leicht verbessert«, die grinsende Antwort: »Nicht sehr.«
    Viele in Whiteheads Kapelle lächelten ebenfalls, statt lauthals gegen diesen Materialismus zu protestieren, wie es der Reverend von ihnen erwartete. Sie hatten das schließlich schon immer gewusst, dafür brauchten sie wirklich nicht seekrank um die Welt zu fahren, zwanzig Jahre zu grübeln und dann ein Buch zu schreiben. Sie hatten sich schließlich schon immer so benommen und fühlten sich nun frei, es weiter und bis in alle Ewigkeit so zu handhaben. »Wo«, sagte vor der Kapelle einer mit Zigarre und Daumen unter den Hosenträgern, »ist das Problem?«
    Kurz darauf wurde Maxwell an das King’s College in London berufen. Seine große Liebe Lizzy hatte er nicht heiraten dürfen, sie war seine Cousine, und alle in der Familie befürchteten für die Kinder das Schlimmste. Seine Frau Katherine freute der Umzug nach London. Sie nahm ihr Pony, mit dem sie im Hyde Park und in den Kensington Gardens ausreiten würde, im Zug mit.
    Niemand sagte: »So weit ist es jetzt schon.«
    Keiner fragte: »Wie weit?«
    Und niemand antwortete: »Dass Pferde Zug fahren.«
    Faraday lebte noch immer, und endlich trafen sich die beiden Freunde der Linien. Sie tauschten mit dem Altersunterschied von über vierzig Jahren heftige Funken, Wellen und Augenblicke aus und dazu noch ein paar Meinungen, Ansichten und Ideen. Maxwell gab eine Freitagsvorlesung, in der er mittels dreier Filter das erste Farbfoto der Welt herstellte. Es zeigte ein Ordensband mit schottischen Karos.
    Danach setzte sich James Clerk Maxwell zu Hause hin und baute aus Papier, vielen Bleistiften, grauen Zellen, Zucker, Tee, Fantasie, einiger Zeit und reichlich Zuversicht und Eigensinn sowie einer Wagenladung Intuition ein theoretisches Modell beweglicher elektrischer Ladungen und drehbarer magnetischer Räder. Um den von Faraday beobachteten Eigenschaften des Feldes näher zu kommen, um alles, was Ampère und Coulomb je gesehen und gemessen hatten, zu integrieren, erlaubte er bald hier und da elastische Effekte an den Rädern, dann Auslenkungen ihrer Achsen aus der Ruhelage. Er erlaubte Stöße. Zur Verfügung hatte er
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