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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts
Autoren: Ralf Bönt
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gehört hatte.
    Maxwell hatte als Kind einmal einen blauen Stein in der Hand gehalten und wissen wollen, wie das Blau zustande kam. Von Thomas Young stammte die These, dass im Auge drei Rezeptoren existierten, denn die Grundfarben der Künstler waren Rot, Blau und Gelb, und Maxwell baute zur Überprüfung einen Augenspiegel. Weil sich kaum jemand gern ins Auge schauen ließ, probierte er es bei Hunden aus. Tiere ließen ihn gern alles mit sich machen.
    »Was er sah«, erklärte Anderson langsam, »war faszinierend, brachte ihn aber nicht weiter. Er hat dann farbige Lichtstrahlen gemischt und dasselbe mit Pigmenten getan, die Ergebnisse unterschieden sich.«
    Es hieß, Maxwell habe eine schlüssige Farbtheorie aufgestellt, Pigmente seien subtraktiv, weil absorbierend, Lichtstrahlen additiv. Die Grundfarben waren nicht dieselben und zogen an Faraday vorbei wie eine Landschaft am Zug.
    Als Anderson ihm die Arbeit über die Linien in den Keller hinunterbrachte, sah Faraday ihn fragend an.
    »Das ist der Mann«, erklärte Anderson.
    Welcher Mann?
    »Der mit der Farbtheorie.«
    Farbtheorie? Was für Farben?
    Anderson gab ihm Zeit. Aber das half nicht.
    Farben.
    Und?
    »Dessen Großonkel angeblich die Schlachtordnung von Trafalgar in einem Buch beschrieben hat.«
    Faraday hatte nichts dergleichen je gehört.
    »Eine Landratte«, sagte Anderson, der ihm das erst vor ein paar Tagen erzählt hatte: »lange vor Trafalgar.«
    Faraday murrte.
    »Nelson hatte das Buch dabei.«
    Faraday murrte noch einmal, weil sich das lange nicht mehr aufgerufene Bild Nelsons herstellte, sein Abschied als kerngesunder, vor Kraft strotzender Mann, der jedem gesagt hatte, man sehe sich nicht mehr, und die Verachtung damit auf die Spitze getrieben hatte: was für ein schaler Triumph.
    Die Arbeit brachte Faraday nach oben, in die Wohnung, wo er sie auf den Tisch legte, die Überschrift erneut las: »Zu den Faradayschen Kraftlinien.« Dann zog er die Vorhänge im Schlafzimmer zu und legte sich ins Bett. Er hatte keine Chance, etwas zu verstehen. Schlafen konnte er nicht, aber das Liegen im stillen Dunkel war schön.
    Anderson kam nach einer Stunde und fragte, ob alles in Ordnung sei. Das war es: Nichts lag mehr in Faradays Hand. Nicht einmal gegen die Tischerücker war er angekommen. Je mehr er erklärte, welcher Unsinn es war, Elektrizität, Magnetismus, eine bislang nicht gekannte neue physikalische Kraft oder die Rotation der Erde dafür verantwortlich zu machen, dass Tische sich drehten oder gar vom Boden abhoben, wenn man die Hände auflegte oder nur darüberhielt, desto mehr wurde er zitiert. Zu viele hatten schwebende Tische gesehen, noch mehr mindestens sich drehende Tische. Die Sache war im Begriff gewesen, Pferdewetten den Rang abzulaufen.
    Wieso dachte er ausgerechnet jetzt daran?
    Man hatte ihn an die eigenen Berichte der Feldlinien des Zitteraales erinnert, an die Rotation des Drahtes um das unsichtbare Erdmagnetfeld und die Mutmaßung der Königin, es könne sich nur um Magnetismus oder Elektrizität handeln. Ob denn die Königin, Verzeihung, gar nichts davon verstehe?
    Als die Erklärungen abgenützt waren, hatte man diabolische und übernatürliche Kräfte dazugenommen, und gegen den Humbug, wie ihn die Times bezeichnete, die gleichzeitig gern Anzeigen der Tischerücker druckte, sie nannten sich nun Mesmeristen, gab es kein Mittel. Es waren schließlich in der Tat diabolische und vor allem übernatürliche, überirdische oder außerirdische Kräfte, fand Faraday: »Ausgerechnet hier. Auf der Erde.«
    Er hatte aber einen Versuch gemacht. Er hatte eine aufwendige Apparatur gebaut, die zeigte, ob der Tisch schob oder die Hände drückten: Es waren die Hände, die Fingerkuppen, die, taub nach langem Halten, Auflegen und perfekt senkrechtem Drücken, in die erwünschte Drehrichtung gedrückt hatten. Das Ergebnis war eindeutig.
    »Offenbar«, hatte Faraday freundlich gesagt, »unbewusst.«
    »Na eben«, sagten die Mesmeristen: »Das ist ja das Übernatürliche.«
    »Ich bin müde«, hatte Faraday da gesagt und die nachsichtige Antwort bekommen, das sei ganz normal, wenn man mit den Außerirdischen kommuniziere.
    Das hatte er nicht gewusst.
    »Eine Form der Hypnose«, sagten die Mesmeristen und lächelten ihn freundlich an: »Auch wenn die flüssige Magnetkraft eine entscheidende Rolle spielt.« Die flüssige Magnetkraft war dem Einfluss nämlich auch unterworfen.
    Dass Faraday mittlerweile schlecht hörte, es war jetzt kein Problem mehr. Er
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