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Die Enklave

Die Enklave

Titel: Die Enklave
Autoren: Michael Ann; Pfingstl Aguirre
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Katastrophe sich hier nicht wiederholen würde, entspannte ich mich ein wenig. Hier waren sie wachsam und vorsichtig. Mit einem Nicken ging ich los, um unsere Habseligkeiten zu holen. Es war nicht viel, nur die paar Sachen in meinem Beutel. Das war alles, was von der Enklave College noch übrig war, von den Untergrundstämmen, wie Tegan uns nannte. Draufgänger winkte uns noch einmal zu, dann drehte er sich wieder zu seinem Wagen, um das Entladen zu überwachen.
    Pirscher lief voraus und saugte alles in sich auf. Die jungen Frauen in der Enklave blieben stehen und schauten ihn mit großen Augen an; er erwiderte ihre Blicke mit einem wölfischen Grinsen. Bleich ging langsamer, den Kopf gesenkt, die Last der Trauer auf seinen Schultern.

    Sanft berührte ich seinen Arm. »Mach dir keine Sorgen. Tegan wird wieder gesund.«
    Er schaute mich mit seinen schwarzen Augen an und nickte, aber ich war nicht sicher, ob er mir glaubte. Wir hatten beide viele Menschen verloren. Vielleicht, dachte ich, sah er Banner oder Pearl, wenn er Tegan anschaute. Ich musste darauf vertrauen, dass Doc Tuttle sie retten konnte. Alles andere hätte mir das Herz gebrochen.
    Diesmal ging Bleich voraus. Die Siedlung war zwar nicht besonders groß, aber alles war so hell und schön, dass es mir beinahe wehtat, mich umzusehen, und das nicht nur wegen der Sonne. Ich wünschte mir, die Bälger hätten all diese Wunder sehen können, vor allem 26. Es hätte ihr gefallen.
    Wir fanden das Haus ohne Schwierigkeiten. Es war größer als die meisten anderen, höher, und es war mit weißer Farbe bemalt, die es in der Sonne glänzen ließ. Mit dem unbemalten dunklen Holz an manchen Stellen gab das einen schönen Kontrast, und ich sah sogar Pflanzen vor dem Haus, die rosa, rot und gelb blühten.
    Nervös strich ich meine Haare glatt und klopfte gegen die Tür. Die Frau, die öffnete, musste genauso alt sein wie Draufgänger. Ich konnte mich einfach nicht an den Anblick gewöhnen, ganz egal wie viele von diesen Gesichtern ich sah. Die Frau schreckte zurück, als sie uns erblickte, wegen unseres Aussehens und wahrscheinlich auch wegen unseres Geruchs. Als sie die Narben auf Pirschers Gesicht sah, weiteten sich ihre Augen. Klugerweise überließen die beiden das Reden mir.
    »Was wollt ihr?« Ihr Ton war alles andere als freundlich.
    »Draufgänger schickt uns. Er hat gesagt, Sie würden uns vielleicht in den beiden leeren Zimmern schlafen lassen.«

    »Und wie käme ich auf die Idee? Ihr seid dreckig.«
    Dieses Gespräch lief nicht gut, also klaubte ich die besten Manieren zusammen, die ich in der Enklave gelernt hatte, wenn ich versuchte, die Ältesten – und natürlich Seide – zu besänftigen. »Bitte, Sir. Wir machen uns draußen sauber, und wir können Ihnen bei der Arbeit helfen, wenn Sie uns sagen, was zu tun ist. Wir kommen von sehr weit her.«
    »Tatsächlich?« Ich schien ihr Interesse geweckt zu haben. »Von wo? Appleton?«
    Im ersten Moment konnte ich mich an den Namen der Ruinenstadt nicht erinnern. Ich glaubte, ihn gesehen zu haben, in der Bibliothek. Ich wühlte in meinem Gedächtnis in dem Versuch, ihn freizulegen, und dann hatte ich ihn. Ich sagte ihn laut, auch wenn ich ihn wahrscheinlich falsch aussprach.
    Die Frau wurde blass. »Ihr lügt. Niemand lebt mehr dort. Nicht seit der Evakuierung.«
    »Wir lügen nicht«, knurrte Pirscher.
    Ich wollte nicht, dass er ihr Angst einjagte, und hob die Hand. Die Frau war uns auch so schon nicht gerade wohlgesinnt, und wenn sie jetzt noch den Eindruck bekam, wir könnten gefährlich sein, würde sie einfach die Tür zuknallen, und wo sollten wir dann hin?
    »Zeig ihr das Buch«, sagte Bleich leise.
    Lächelnd fasste ich in meinem Beutel und zog die vergilbten Seiten von Tagjunge und Nachtmädchen heraus. Ehrfürchtig nahm die Frau es in die Hände, betrachtete die alten Seiten und blätterte es bis ganz hinten durch. Dort steckte eine verknitterte Karte, genauso gelb wie die Seiten des Buches, auf der stand: EIGENTUM DER BIBLIOTHEK VON NY.

    Sie hob den Kopf und begegnete meinem Blick. »Ihr kommt tatsächlich aus der Stadt. Das muss ich sofort dem Stadtrat sagen. Edmund!«, rief sie jemandem zu, den ich nicht sehen konnte. »Stell dir vor, im Süden leben noch Menschen. In Gotham!«
    »Wirklich?«, fragte die Stimme eines Mannes zurück.
    Ich hörte Schritte, dann stellte der Mann sich neben die Frau und musterte uns neugierig. Auch er war auf eine Art alt geworden, die mir Hoffnung gab. Sein Gesicht
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