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Die Engelsmuehle

Die Engelsmuehle

Titel: Die Engelsmuehle
Autoren: Andreas Gruber
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ansetzt.«
    »Du …«
    »Wie läuft es?«, fragte Garek, ehe Eichinger etwas antworten konnte.
    »Ich kann nicht klagen. Morgen habe ich einen Termin bei Helmut Rast.« Kommerzialrat Rast, der Vorstandsdirektor und Geschäftsführer von Medeen & Lloyd, war ein guter Freund von Hogarts Vater gewesen. Ab und zu arbeitete Hogart für das Versicherungshaus.
    »Der Brand in der Gebietskrankenkasse?«
    Hogart nickte. »Ich soll den Fall übernehmen. Die hoffen, es war Brandstiftung.«
    »Blödsinn.« Garek wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wer sollte die Krankenkasse anzünden? Jemand, dem die Rezeptgebühren zu hoch sind? Unsere Jungs vom Branddezernat haben sich das schon angesehen. Eine lecke Gasleitung im Keller - und Bum!« Er zuckte die Achseln.
    »Ich weiß. Aber eben weil die Kripo nichts gefunden hat, soll ich mir das ansehen.«
    »Und ein Experte wie du ist sicher schlauer als die Jungs vom Brand.« Eichingers Stimme klang zynisch.
    Hogart sagte nichts darauf. Es war nicht notwendig. Eichinger wusste genauso gut wie er, dass er schon öfters Fälle aufgeklärt hatte, die die Kripo ungelöst zu den Akten gelegt hatte.
    »Warum seid ihr hier?«
    »Dienstschluss, eigentlich sind wir auf dem Heimweg.« Garek sah sich um. »Kannst du mir einen Gefallen tun?«
    »Was soll ich diesmal verkaufen? Den Lampenschirm deiner Oma?«
    Garek zog ein dickes Bündel alter Postkarten aus der Gesäßtasche: Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Wien aus den Dreißigerjahren. »Sind die was wert?«
    Hogart schüttelte den Kopf, ohne durch den Stoß zu blättern. »Höchstens zehn, fünfzehn Euro - falls überhaupt.«
    »Jede?«
    »Alle«, antwortete Hogart. Bestimmt hatte Garek die Karten von einem Tatort mitgehen lassen, etwa aus der wackeligen Kommodenschublade in der Altbauwohnung einer Rentnerin, die von ihrem Sohn erstochen worden war - oder Ähnlichem. Gewiss hatten sie den Fall gelöst und die Karten würde niemand vermissen.
    Hogart legte die Postkarten zu den anderen. »Wollt ihr eine komplette Edgar-Wallace-Sammlung auf Video? Klaus Kinski, Blacky, Eddi Arent?«
    Eichinger, der abseits stand, als gehöre er nicht dazu, blickte erst jetzt wieder herüber. »Nein danke, das alte Zeug würde ich mir nicht einmal im Fernsehen ansehen, wenn ich einen vierwöchigen Liegegips hätte.«
    »Du hast keine Ahnung.« Hogart strich über die Videohüllen. »Das waren noch richtige Filme - wenn das Bild flimmert und der Ton kratzt. Auf den kristallklaren DVDs siehst du jeden einzelnen Pixel. Das sind keine Filme mehr, sondern Computerprogramme.«
    »Wie du meinst.« Eichinger fuhr mit einer wegwerfenden Bewegung über den Tisch. »Ich würde den ganzen Mist über E-Bay verkaufen: Sofort-Kaufen und zack! Nach einer Woche ist alles weg.«
    »E-Bay«, schnaubte Hogart verächtlich. Bis aufsein Handy, das er stets bei sich trug, konnte er gern auf den digitalen Wahnsinn verzichten.
    Eichinger ließ den Blick über Hogarts Stand schweifen. »Geht natürlich nur, wenn man einen Computer besitzt.« Da läutete sein Handy. Rasch fischte er es aus der Anzugtasche. Bestimmt der letzte Schrei von Nokia, mit Infrarotschnittstelle und mindestens zwei Gigabyte Speicherplatz. Damit konnte er sich tonnenweise Mist downloaden - und es passte perfekt zu seinem geschniegelten Outfit.
    Gareks Miene wurde finster, als er das Gespräch mitverfolgte. Schließlich legte Eichinger auf.
    »Der Chef«, sagte er knapp. »Wir haben einen Fünfundsiebziger. Ein Rentner. Die Haushälterin hat ihn vor einer Stunde gefunden.«
    »Scheiße - wir haben Dienstschluss!«, murrte Garek.
    »Sag’s dem Chef!« Eichinger setzte sich in Bewegung. Garek folgte ihm.
    »Weißt du, wie wir in die Waldorfgasse kommen?«
    Im nächsten Moment waren sie außer Hörweite.
    Hogart wusste, was ein Fünfundsiebziger war - und wieder einmal hatte es einen Rentner getroffen. Bald würde Garek wieder hier auftauchen, mit einer Tüte Briefmarken oder alten Bildbänden, die niemand vermissen würde. Im Prinzip war es Hehlerei, was er da betrieb: Garek brauchte Geld, Eichinger sah weg, und er selbst verkaufte das Zeug auf dem Flohmarkt. Er konnte es sich nicht leisten, Nein zu sagen. Eine Hand wäscht die andere - wie es so schön heißt -, und ohne Gareks Informationen aus dem Morddezernat ließen sich manche Fälle, die er als freiberuflicher Versicherungsdetektiv übernahm, nicht lösen. Wer so lange bei der Kripo war wie Garek, der kam an alle Informationen heran - es war nur eine Frage des
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