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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft
Autoren: Camilla Läckberg
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herauskäme, sagte sie, er habe nie um unser Schweigen gebeten. Und außerdem warf sie mir an den Kopf, daß ich, Nelly, Karl-Erik und Birgit nicht an sie beide gedacht hätten, als wir beschlossen haben, die Sache geheimzuhalten, sondern daß es uns nur darum gegangen sei, unser eigenes Ansehen fleckenlos zu halten. Können Sie sich eine solche Frechheit vorstellen?«
    Die blinde Wut, die einen Moment in Veras Augen aufflammte, erlosch genauso rasch, wie sie gekommen war, und wurde von einem gleichgültigen leblosen Blick ersetzt. Sie fuhr mit eintöniger Stimme fort: »Etwas in mir ist zerbrochen, als ich hörte, was für eine Ungeheuerlichkeit sie da behauptete. Daß ich das alles nicht zum Besten von Anders getan habe. Ich konnte beinahe hören, wie es klickte, und ich handelte, ohne zu denken. Ich hatte meine Schlaftabletten in der Handtasche, und als sie in die Küche ging, habe ich ein paar davon in ihren Cidre zerbröselt. Sie hatte mir ein Glas Wein eingegossen, als ich gekommen war, und als sie aus der Küche zurückkam, tat ich, als würde ich das von ihr Gesagte akzeptieren und fragte, ob wir nicht unsere Gläser als Freunde leeren könnten, bevor ich ging. Sie schien dankbar zu sein und leistete mir beim Trinken Gesellschaft. Nach einem Weilchen schlief sie auf dem Sofa ein. Ich hatte mir nicht richtig überlegt, was ich dann tun wollte, die Schlaftabletten waren eine momentane Eingebung gewesen, aber ich kam auf die Idee, daß ich es wie Selbstmord aussehen lassen konnte. Ich hatte nicht genug Schlaftabletten dabei, um ihr eine tödliche Dosis einzuflößen, das einzige, was mir einfiel, war, ihr die Pulsadern aufzuschneiden. Ich wußte, daß viele das in der Badewanne taten, also schien mir das eine gute und durchführbare Idee zu sein.«
    Ihre Stimme klang monoton. Es war, als würde sie von einem ganz alltäglichen Ereignis erzählen und nicht von einem Mord.
    »Ich zog ihr die Kleider aus. Ich dachte, ich würde es schaffen, sie dorthin zu tragen, vom jahrelangen Putzen habe ich Kraft in den Armen, aber die Sache erwies sich als unmöglich. Statt dessen mußte ich sie ins Badezimmer schleifen und sie in die Wanne wuchten. Dann schnitt ich ihr beide Pulsadern mit einer Rasierklinge auf, die ich im Badezimmerschrank gefunden habe. Da ich das Haus jahrelang einmal die Woche geputzt hatte, kannte ich mich gut aus. Das Glas, aus dem ich getrunken hatte, spülte ich aus, löschte das Licht, schloß ab und legte den Ersatzschlüssel an seinen Platz.«
    Patrik war erschüttert, aber er bemühte sich, seine Stimme ruhig klingen zu lassen. »Sie verstehen sicher, daß Sie jetzt mitkommen müssen. Ich brauche doch wohl keine Verstärkung anzufordern, oder?«
    »Nein. Das brauchen Sie nicht. Darf ich nur ein paar Sachen zum Mitnehmen zusammensuchen?«
    Er nickte.
    Sie stand auf. In der Türöffnung wandte sie sich um. »Wie sollte ich denn wissen, daß sie schwanger war? Sie hat zwar keinen Wein getrunken, das fiel mir schon auf, aber ich hatte keine Ahnung, daß es deshalb war. Vielleicht hielt sie sich bei Alkohol ja einfach zurück oder wollte mit dem Auto weg. Wie sollte ich das wissen? Das war doch unmöglich, nicht wahr?«
    Ihre Stimme klang flehend, und Patrik merkte, daß er stumm nickte. Er würde ihr schon noch früh genug erzählen, daß das Kind nicht von Anders war, aber noch wagte er es nicht, um das Vertrauen, das sie ihm geschenkt hatte, nicht zu erschüttern. Es gab noch andere, denen sie ihre Geschichte berichten mußte, bevor man den Fall Alexandra Wijkner endgültig zu den Akten legen konnte. Aber etwas störte ihn noch. Seine Intuition sagte ihm, daß Vera noch immer nicht alles erzählt hatte.
    Als er wieder im Auto saß, nahm er seine Kopie des Briefes zur Hand, den Anders als letzte Mitteilung an die Welt geschrieben hatte. Langsam las er ihn Zeile für Zeile durch, und erneut spürte Patrik, wie stark der Schmerz war, der ihm aus diesen Worten entgegenschlug.
     
    6
     
    »Es ist mir oft durch den Sinn gegangen, welche Ironie mein Leben prägt. Daß ich die Fähigkeit habe, mit meinen Augen und Fingern Schönheit zu erschaffen, während ich in allem übrigen nur Häßlichkeit und Zerstörung zu bewerkstelligen vermag. Deshalb werde ich als letztes, was ich tue, meine Bilder vernichten. Um irgendeine Form von Konsequenz in meinem Leben zu erreichen. Besser konsequent zu sein und nur Dreck zu hinterlassen, als daß ich als komplexere Person dastehe, als ich verdiene.
    Eigentlich bin ich
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