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Die Eishölle

Die Eishölle

Titel: Die Eishölle
Autoren: Basil Copper
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mir in meinem entsetzten und aufgeregten Zustand womöglich eine Verletzung zugefügt.
    Mein Kopf glich einem heißen, roten Ofen, Schweiß lief mir über das Gesicht, und ich taumelte und torkelte wie im Fieber.
    Es dauerte ziemlich lange, bis ich daran dachte, die Schutzbrille abzunehmen, und ich warf sie hinter mich. Ich langte wieder beim Handwagen an, aber meine Furcht war so groß und meine Nerven so zum Zerreißen gespannt, dass ich nicht wagte, stehen zu bleiben.
    Mein Verstand konnte die Länge des Weges, der vor mir lag, nicht erfassen und so dachte ich einfach nur daran, die nächsten Stunden zu überstehen, so lange zu überleben, bis ich wieder Pläne schmieden konnte. Zumindest reimte ich mir das im Nachhinein zusammen, denn meine Erinnerung an diese Vorgänge ist verworren und schwammig. Auf dem Handwagen lag Proviant, das wusste ich; außerdem Waffen und Signalpistolen, die mir das Überleben und die Rückkehr in die geliebte Außenwelt ermöglichen konnten. In diesem Augenblick war es mir gleichgültig, ob ich starb oder lebte, aber wenn ich sterben sollte, dann wenigstens mit dem süßen Himmel der Erdoberfläche über mir, und dem Kuss der Sonne im Gesicht.
    Ich sehnte mich nach frischem Wind und hatte schreckliche Angst davor, hier unten wie eine Ratte in einem Loch zu sterben, Kilometer unter der Oberfläche. Obwohl ich eigentlich gedacht hätte, dass das meine damaligen Kräfte überstieg, gelang es mir, den Handwagen in Bewegung zu setzen, mochte er auch kaputt und schwer zu ziehen sein. Ich brach in südlicher Richtung auf. Immer wieder blieb ich stehen, um angestrengt zu lauschen, ob auch nur das schwächste Knirschen eines Schrittes, das Reiben der ledrigen Flügel oder ein bösartiges Flüstern zu hören war. Das hätte bedeutet, dass ich verfolgt wurde. Mein Verstand hing in diesen Momenten an einem seidenen Faden, und für alles Geld der Welt würde ich mich nicht erneut den Qualen aussetzen, die ich während der nächsten Tage erlitt.
    Tatsächlich waren meine Wangen eingefallen wie die eines alten Mannes, und meine Haare waren deutlich weißer, als die Tortur schließlich ein Ende fand. Aber in den langen Korridoren hinter mir bewegte sich nichts, der warme Wind blies von Norden her, und der schwache Puls, der stündlich schwächer wurde, sandte seine finstere Botschaft weiterhin aus. Ich ließ das Geräusch hinter mir, aber wie auf dem Hinweg war es noch lange Zeit vernehmbar.
    Gott sei Dank hatte ich einen kleinen Kompass bei mir, mit dessen Hilfe ich mich überzeugen konnte, dass ich südwärts eilte, denn in meinem Geisteszustand und dem Delirium, das folgte, wäre ich ohne ihn sicher wieder blind nach Norden gegangen. Meine letzte tragbare Kamera, die an ihrem Gurt um meinen Nacken hing, prallte immer wieder gegen die Wände, bis ich sie endlich abnahm und in den Handwagen legte.
    Die wenigen Bilder in der Kamera und ungefähr ein Dutzend Abzüge in einem Umschlag, den wir aus dem ersten Lager mitgenommen hatten, waren das Einzige, was ich von der Großen Nordexpedition mitbringen sollte. Wie ich alles andere verlor, werde ich später berichten. An jenem ersten Tag blieb ich noch vergleichsweise bei Verstand, obwohl sich meine körperliche Verfassung allmählich verschlechterte. Ich war vom Schweiß bis auf die Haut durchnässt, und der Wind, der in meinem Rücken wehte, musste, trotz seiner Wärme, zu Fieber geführt haben, denn meine Haut war eiskalt.
    Irgendwann – ich hätte längst vergessen, ob meine Armbanduhr Tag- oder Nachtstunden anzeigte – sank ich nieder und aß etwas Dosenproviant aus dem Handwagen. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch so weit klar im Kopf, dass ich einige der Vorräte aussortieren konnte. Ich ließ die schwereren Behälter und einige Elefantengewehre und ähnliche Waffen zurück, und es gelang mir, die Ladung erheblich leichter zu machen. Meine größte Furcht, die mich unablässig quälte, bestand darin, dass mich die Kreaturen durch die miteinander verbundenen Tunnel umgehen würden, wie sie es mit dem armen Holden und Van Damm getan haben mussten. Ich wagte nicht, darüber allzu lange nachzugrübeln, sondern fand glücklicherweise eine Flasche Whiskey auf dem Handwagen.
    Ich trank ein gutes Viertel davon, so dass mein Verstand abgestumpft und eingelullt wurde.
    Gott sei Dank wies nichts darauf hin, dass ich verfolgt wurde, und mit der Zeit fühlte ich mich etwas sicherer. Dies mag natürlich an der Abstumpfung meiner Wahrnehmung durch den Alkohol
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