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Die Eishölle

Die Eishölle

Titel: Die Eishölle
Autoren: Basil Copper
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und staubig, und alle Glieder taten mir weh. Ich hatte einige Zeit nichts mehr gegessen, und ein schwaches Hungergefühl begann sich zu regen. Ich stellte fest, dass ich auf die Seite gerollt war und nun mit dem Kopf an der Seitenwand des Tunnels lag. Sobald ich vollständig wach geworden war, kam mir der ganze Schrecken unserer Lage wieder in den Sinn.
    Mühsam setzte ich mich auf, der Atem rasselte mir im Hals.
    Törichterweise hatte ich meine Schutzbrille aufbehalten, und als ich sie abnahm, bemerkte ich, dass tiefe Furchen in meine Stirn und den Nacken gegraben waren. Aber natürlich konnte ich in dem schwachen Licht ziemlich gut sehen, und meine Augen fielen zuallererst auf den Handwagen mit der krummen Achse, der uns nichtsdestotrotz so gute Dienste geleistet hatte.
    Ich zog mich an seinem Metallrahmen langsam in die Höhe und stellte erschrocken fest, wie erschöpft ich war. Alle meine Gliedmaßen zitterten, und zeitweilig wurde es mir schwindelig, was ich als Reaktion auf die Ereignisse der letzten Stunden verbuchte. Ich stützte mich mit einer Hand an der Tunnelwand ab, und als ich wieder klar sah, nahm ich die völlige Stille in diesem Abschnitt des Tunnels wahr. Im gleichen Augenblick sah ich Scarsdales Revolver, der genau dort am Boden lag, wo ich ihn zuletzt gesehen hatte.
    Der Schreck wirkte belebend wie eine Dusche mit kaltem Wasser. Plötzlich war ich hellwach, meine blanken Nerven wurden wieder unruhig, eine namenlose Angst zerrte an allen Ecken meines Verstands. Ich hatte mir eingebildet, dass Scarsdale auf der anderen Seite des Handwagens saß, den Blick den Tunnel hinab auf die Lichtquelle gerichtet, von wo aus uns am ehesten Gefahr drohte. Anfangs war ich beinahe zu besorgt und beunruhigt, um die wenigen Schritte zu gehen, die nötig waren, um meine Befürchtungen zu zerstreuen oder zu verwerfen.
    Ich musste meinen ganzen Mut zusammennehmen, um mich zu bewegen. Ich hatte meinen Revolver gezogen und hielt ihn schussbereit. Die andere Hand um das Geländer des Handwagens gelegt, glitt ich um ihn herum. Ich erwartete einen entsetzlichen Anblick und wurde von Erleichterung überwältigt, als mir bewusst wurde, dass der Platz hinter dem Handwagen mit nichts Greifbarerem als einem Schatten gefüllt war. Professor Scarsdale war nicht dort, aber diese Tatsache wurde mir, zusammen mit dem Umstand, dass sein Revolver auf dem Boden lag, nun in ihrer ganzen Tragweite bewusst.
    Das Bewusstsein, dass nicht alles in Ordnung war, brannte wie Säure und schien meine Nerven zu verbrennen. Gleichzeitig wurde ich hellwach und halb wahnsinnig vor Sorge.
    Ich war sofort von den unterschiedlichsten Gefühle durchdrungen und rannte den Tunnel wieder zurück, dem stärker werdenden Licht entgegen, und rief nach dem Professor. Ich erhielt keine Antwort, außer dem grauenhaften Echo meiner eigenen Stimme. Sie schien in den
    kilometerlangen Tunneln, die den unendlich weit abgelegenen Eingang zu diesem Hort der Verzweiflung unter den schwarzen Bergen bildeten, schmerzhaft widerzuhallen. Meine Furcht vor den Schneckenkreaturen wurde zeitweilig von dem größeren Grauen verdrängt, in diesem Abgrund vollkommen alleine zu sein.
    Ich wagte nicht, an die Mutmaßungen zu denken, die dadurch ausgelöst wurden, da meine geistige Gesundheit sonst ins Wanken geraten wäre, sondern rannte mehrere Minuten lang den Gang auf und ab. Als ich schließlich wieder zu mir kam, presste ich meine zitternden Hände zusammen und zwang meine Nerven zur Ruhe. Ich musste davon ausgehen, dass Scarsdale etwas zugestoßen war, sonst hätte er auf mein Rufen geantwortet; oder er hatte beschlossen, die entfernteren Regionen der Eishölle alleine zu erforschen, außer Hörweite.
    Oder für ihn kam jegliche menschliche Hilfe bereits zu spät.
    Mit diesen mühsamen Schlussfolgerungen suchte ich meine Nerven zu beruhigen. Es gab eine vierte Möglichkeit: Er war in der umgekehrten Richtung den Tunnel zurückgegangen.
    Aber das verwarf ich sofort. Es verstieß gegen unsere gesamte Denkweise, wenn nichts Fremdartiges oder Ungewöhnliches in dieser Richtung passiert war.
    Das konnte ich nicht glauben. Es blieb die
    unmissverständliche und unausweichliche Tatsache, dass ich in die Eishölle zurückkehren musste. Tot oder lebendig, Scarsdale musste gefunden werden. Und nur ich war übrig geblieben, um Scarsdale entweder vor dem selben
    scheußlichen Schicksal zu bewahren, das unsere Kameraden getroffen hatte oder – tragischer Gedanke – um sein Andenken zu
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