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Die eisblaue Spur

Die eisblaue Spur

Titel: Die eisblaue Spur
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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der Gruppe sind noch ein
Arzt, ein sehr erfahrener Rettungsmann und eine ehemalige
Mitarbeiterin von Bergtækni, die sich vor Ort auskennt.
Außerdem noch ein IT-Spezialist, der die Verbindung
wiederherstellen soll.« Matthias schwieg einen Moment.
»Und ich.«
    »Aha.« Das war ein
Pluspunkt. Das Land war ein Minuspunkt. Jedenfalls im Winter.
»Wann muss ich losfahren, und wie lange soll es
dauern?«
    »Es geht morgen früh
los. Der Wetterbericht ist gut – erstaunlicherweise.«
Matthias räusperte sich. »Wir werden versuchen, es so
kurz wie möglich zu machen, aber das klärt sich erst,
wenn wir da sind. Das Wetter spielt natürlich eine große
Rolle.«
    »Wo werden wir
übernachten?«, fragte Dóra, die schon eine
böse Ahnung hatte. In Grönland gab es garantiert kein
5-Sterne-Hotel mit karibischem Flair.
    »Im Camp. Falls es da
sicher ist. Wenn nicht, müssen wir die Einheimischen um
Unterkunft bitten.«
    Dóra starrte wieder auf
den Stumpfsinn auf ihrem Bildschirm. Vor fünf Minuten hatte
sie noch dagesessen und sich über langweilige Aufträge
beklagt – und jetzt kam plötzlich ein kleines Abenteuer
in Sicht. Sie konnte sich problemlos für ein paar Tage
loseisen. Die Referendare mussten in der Zwischenzeit eben ein
bisschen weniger im Internet surfen. »Ich komme mit«,
sagte sie, »aber erst muss ich die Kinder bei Hannes
unterbringen oder meine Mutter dazu bewegen, auf sie
aufzupassen.«
    »Großartig!«
Die Zufriedenheit in Matthias’ Stimme war nicht zu
überhören. »Wir können die Sache nachher
genauer besprechen. Du solltest vorbeikommen und mit dem
Verantwortlichen reden. Der Job ist übrigens echt gut
bezahlt.«
    »Warum fährt keiner
von euren Anwälten?«
    »Die haben zurzeit viel zu
tun und interessieren sich nicht besonders dafür. Und sie sind
sowieso nicht so gut geeignet. Du bist genau die
Richtige!«
    Dóra war nicht klar,
warum Matthias das glaubte. Sie war keine gute Skifahrerin oder
Bergsteigerin und hielt nicht viel von Outdoor-Aktivitäten,
kurze Spaziergänge bei schönem Wetter einmal ausgenommen.
»Äh, diese Männer«, sagte sie, »glaubst
du, dass sie tot sind?«
    Matthias atmete hörbar ein.
»Der eine vielleicht, aber hoffentlich nicht
beide.«
    »Wie meinst du
das?«
    »Einem Mitarbeiter von
Bergtækni hier in Island ist es ganz kurz gelungen, ins
interne Firmennetz zu kommen. Weitere Versuche sind seitdem
fehlgeschlagen. Es gab also anfangs noch eine instabile
Netzverbindung, die jetzt ganz abgerissen ist. Jedenfalls hat der
Mann die neuesten Dateien herausgesucht und ist auf etwas sehr
Bemerkenswertes gestoßen: eine Datei, die gespeichert wurde,
als das Team das Camp schon verlassen hatte. Der Mann hat sie
runtergeladen und an seine Teamkollegen verschickt. Und diese Mail
ist der Hauptgrund dafür, dass die Mitarbeiter sich jetzt
weigern, nach Grönland zurückzukehren.«
    »Wieso?«
    »Sieht danach aus, dass
einer der Männer noch am Leben ist. Irgendjemand vor Ort ist
jedenfalls noch sehr lebendig. Deshalb hat die Sache auch
allerhöchste Priorität.«
    »Was in der Datei
war?!«, hakte Dóra nach.
    »Am besten schicke ich sie
dir. Lässt sich schwer beschreiben. Willst du das wirklich
sehen? Ist nichts für schwache Nerven.«
    Natürlich wollte
Dóra, und zwar so schnell wie möglich. Sie beendeten
das Gespräch, und Dóra wartete ungeduldig auf
Matthias’ Mail mit der angehängten WMP-Datei, deren Name
sich aus einer unverständlichen Zahlenreihe zusammensetzte. Es
konnte kein Datum sein und war wahrscheinlich automatisch von der
Kamera vergeben worden. Dóra klickte mit der rechten
Maustaste die Datei an und sah, dass sie vor vier Tagen
abgespeichert worden war, am 13.März kurz vor
Mitternacht.

2.
Kapitel
    18. März 2008
    Der Film war kurz, aber
wirkungsvoll. Dóra brauchte eine ganze Weile, um sich
darüber klarzuwerden, was da eigentlich aufgenommen worden
war. Die Qualität war schlecht, und der Clip erschien in einem
sehr kleinen Fenster. Als Dóra versuchte, es zu
vergrößern, wurde das Bild so grobkörnig, dass es
noch schwerer zu erkennen war. Der Ton wurde von einem leisen,
anhaltenden Rauschen begleitet. Bei
         
    CSI Miami wäre es kein
Problem gewesen, ihn zu verbessern, aber die Kanzlei verfügte
leider nicht über die notwendige Kriminaltechnik. Was schade
war, denn das, was man durch das Rauschen hören konnte, klang
interessant. Der Film war drinnen aufgenommen worden, aber man
konnte nicht feststellen, in welcher Art von Raum, denn
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