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Die Einsaetze

Die Einsaetze

Titel: Die Einsaetze
Autoren: Markus Griesheim
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Palmstedt hier einen Mann vor
sich, der ihm nur um Jahre voraus ist? Ist es das, was ihm bleiben wird? Wird er einsam saufend auf einem alten Kahn verrotten wie der da ? Palmstedt erschaudert innerlich vor
diesem Bild.
„Sie leben davon?“
     
Palmstedt zeigt durch das Fenster auf die Bilder im Inneren.
     
„Was wollen Sie? Ja, ich lebe davon. Ich habe auch einen gültigen Liegeschein
und eine Rentenversicherungsnummer.“
    Der alte Kauz zieht ungeduldig eine abgegriffene Lederbrieftasche aus seiner verwaschenen
Latzhose
hervor
und
hält
sie
aufgeklappt
Palmstedt
vor
die
Nase.
Der
wirft
nur
einen
flüchtigen Blick darauf, er möchte die Begegnung auch beenden. Schließlich hat er zu dieser
Befragung überhaupt keine Befugnis. Frederic Dupont steht auf dem Liegeschein zu lesen, in
der
anderen
Hülle
kann
Palmstedt
den
Rücken
eines
Frankfurter
Passes
erkennen,
den
gelebten Solidarpakt der Stadt der Banker mit ihrer allgegenwärtigen Armut.
„Schon gut. Ich möchte Sie nicht belästigen. Es hätte ja sein können...“
     
Palmstedt tritt über eine alte Holztür, die auf dem Boden liegend Mauer und Boot verbindet,
den Rückzug an. Der Alte nickt ihm zum Abschied misstrauisch zu.
    Es stört Palmstedt nicht, dass der alte Frederic aggressiv war. Auch nicht, dass er eine Fahne
hatte, den Alkoholkonsum nicht so verschleiert wie Palmstedt durch die richtigen Zutaten .
Aber der Alte hat etwas zu verbergen. Das konnte Palmstedt stärker riechen als den Alkohol.
Als sich selbst.
    Arka springt in den Wagen, sie hat noch ein kleines Geschäft erledigt. Der silberne Spider
fährt die alte Seilerbahn hoch und Frederic Dupont sieht ihnen nach. Er steht dann immer
noch in der Sonne, als der Wagen längst hinter den Mauern des Bolongaro -Palastes, in dem er
vor zwei Jahren Hartz IV beantragt hatte, verschwunden ist und Palmstedt schon wieder frisch
geduscht auf der Fahrt zu seiner eigentlichen Arbeit ist.
*
    Obwohl Yvonne Hassinger seit Jahren im Rhein-Main-Gebiet lebt, war sie noch nie hier
oben in den Wäldern. Warum auch? Sie ist der City-Typ. Sie braucht schicke Klamotten und
urbanen Live-Style. Was soll sie daher hier oben unterhalb des Feldbergs? Sie ist keine dieser
auf Natur stehenden Runkelweiber, die in Karohemden und Cargohosen männlicher daher
kommen als die meisten ihrer Kollegen. Man kann Lesbe sein und trotzdem Stil haben. Frau
sein. Ohne Mann sein zu wollen. Sie mag daher auch keine tuntigen Schwulen. Das ist fast
noch schlimmer. Das sind die Abziehbilder, die das gängige Bild von Lesben und Schwulen in
der normalen Welt prägen. Das sind die Schubladen, in die die Normalen die Anderen stecken.
Damit die Normalen es einfacher haben und nicht nachdenken müssen. Darüber, dass es nicht
nur schwarz und weiß gibt auf der Welt. Oder darüber, dass sie selbst betroffen sein könnten,
wenn normale heterosexuelle Männer auf dem Nachhauseweg zu Frau und Kind kurz an dem
Autobahnparkplatz an der A5 bei Langen anhalten, um noch mal schnell die Böschung
hochzulaufen und durch die Wälder zu streifen, so wie dutzende andere normale Männer, die
dort zu jeder Tages- und Nachtzeit auf der Suche nach Ihresgleichen anzutreffen sind. Nach
dem schnellen stillen Sex. Von Mann zu Mann. Hart, aber fair. Nach dem Sex, der so anders
ist als der, den sie zuhause praktizieren, falls dieser überhaupt noch stattfindet. Bei Lesben
gibt es das nicht. Wenn doch, hat Yvonne Hassinger hiervon nie gehört. Mag sein, dass es das in der lesbischen Hardcore-Szene gibt. Sie hatte eine Handvoll normale Beziehungen mit
Frauen. Wenn es nicht mehr passte, hat man sich getrennt. Das ist normal. Parkplatzsex ist
was für verlogene Bi-Männer und gelangweilte Schwule. Für sie käme das nicht in Frage.
    Sie streicht sich über das Haar und zieht ihre Lederjacke gerade, bevor sie den Knopf drückt,
auf dem Petzold zu lesen ist. Yvonne Hassinger spürt den warmen Sommerwind im Gesicht,
der oben von der Spitze des Feldberges zu ihr herunter zu wehen scheint und sie umfängt wie
ein Freund, der einen behutsam in die Arme nimmt. - Die Mittagssonne steht hoch über dem
Wetterturm. Und eine andere Sonne geht auf, als Heike Petzold ihr die Tür öffnet.
*
    Seit ein paar Tagen wirkt der Bootsjunge von der Fahrradfähre verändert. Er kann seinen
Blick vom Höchster Ufer kaum lösen, wenn sie übersetzen. Anfangs hat sich der Bootsführer
dabei nichts gedacht, der Medizinstudent macht ordentliche Arbeit und ist immer pünktlich.
Er hatte vorher einen anderen
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