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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen
Autoren: Unbekannt
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unterbrach die Grübeleien des Kaisers, um Liuthars Worten vorsichtig zu widersprechen. In seine Pläne passte es viel besser, wenn der Zorn des Kaisers gebührend wach blieb. Schon seit Langem dürstete es ihn nach den Reichtümern der Wenden.
    Um aber den Schein zu wahren, sprach er mit möglichst sanftmütiger Stimme: »Aus dem Munde unseres lieben Liuthars dringen mithin fromme Worte. Zu meinem unendlichen Bedauern sind sie aber mitnichten dazu geeignet, um das heidnische Pack zu bekehren. Glaubet mir, mein Kaiser, ich habe tagtäglich mit diesem Pack zu tun und ich weiß, wovon ich rede. Bedenkt doch nur, wie viele unserer frommsten Glaubensverkünder ihren heidnischen Götzen bereits zum Opfer fielen. Wie viel reines Blut soll denn noch in Strömen über die heidnischen Opfersteine rinnen? Mit unendlicher Liebe im Herzen brachen alle treuen Glaubensmänner auf, um ihr gottgefälliges Werk zu verrichten. Als Gottesopfer fuhren sie ein ins Himmelreich. Mein Kaiser, diese widerspenstigen, ungebildeten Barbaren, sie verstehen ohnehin nur die Sprache von Feuer und Schwert. Erinnert Euch nur daran, wie oft sie uns die Treue brachen und wie viele Unannehmlichkeiten sie uns bisher zufügten. Sie wollen keinen Frieden mit uns und sie wollen erst recht keine Tribute zahlen.«
     Um seine Worte zu bekräftigen, entrollte Dietrich erneut das Pergament, auf welchem die jährliche Abrechnung seiner Vogtei stand. Die eindeutig düsteren Zahlen waren auch die Ursache für den jähen Zornesausbruch des Kaisers gewesen.
     »Gott sei mein Zeuge und möge mir beistehen, aber hier steht es fein säuberlich aufgeschrieben. Allein die Heidenstämme, durch dessen Lande die Peene fließt, und auch jene, die an dem großen See hausen, den sie Kleines Meer nennen, all dieses ungläubige Pack hat nur einen winzigen Bruchteil seiner Tribute beglichen. Es fehlt all jenes Vieh und Korn, was ich Euch versprach, weil es uns von diesem verfluchten heidnischen Pack vorenthalten wird. Diese Ungläubigen leben in Saus und Braus, fressen sich schmatzend eine dicke Speckschwarte an, schlürfen dazu literweise ihren Met, bis sie volltrunken unter dem Tisch liegen, und sie denken nicht im Traume daran, ihre Steuern zu begleichen. Und wenn Ihr vor sie hintretet und nichts Böses ahnend nach den gottgefälligen Steuern fragt, so antworten sie Euch mit einem lauten Rülpser. Ja, ich wage gar zu behaupten, mein geliebter Kaiser, wenn wir nicht mit aller erforderlichen Härte durchgreifen und diese Heidenvölker nicht gebührend strafen, dann werden sie Euch eines Tages auf der Nase herumtanzen und Euer heiliges Amt vor Gott, dem Allmächtigen, spotten.«
     Erneut durch die Tatsachen und Dietrichs leidenschaftliche Worte aufgestachelt hieb Otto mit der Faust auf den Tisch: »Recht habt Ihr, mein treuer Markgraf. Diese Barbaren verdienen es wahrlich nicht, geschont zu werden.«
     Um Dietrichs Mundwinkel spielte ein triumphierendes Lächeln. Trotz Graf Liuthars Einwände hatte er den Kaiser endlich da, wo er ihn hinhaben wollte. Schnell setzte er dem Ganzen noch die Krone auf, um Ottos letzte Bedenken restlos zu zerstreuen.
     »Fürwahr, mein Kaiser, diese Heiden sind keine von Gott geschaffenen Menschen, sondern nichts weiter als dumme Tiere. Ihre Aufgabe ist es, uns wie Kühe, Schweine, Schafe oder Ziegen einen Nutzen zu bringen, und wenn sie gar aufsässig werden, verdienen sie es nicht anders, als wie tollwütige Hunde erschlagen und verbrannt zu werden.«
     Thietmar, der auf der Galerie immer tiefer in seine Ecke gekrochen war, glaubte einem bösen Albtraum zu erliegen. Die Worte des Markgrafen hatten ihn derart getroffen, dass sich sein Magen regelrecht einschnürte. Sämtliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen und seine kleinen Hände zitterten. Sein braver Stari sollte einer Kuh oder einem Schwein ähnlich sein? Alle anderen freundlichen Bediensteten aus dem Lande der Wenden sollten Schafe oder Ziegen sein? Beim kleinsten Ungehorsam mussten all diese netten Leute wie tollwütige Hunde erschlagen werden? Nein, das durfte nicht wahr sein!
     Mein lieber Oheim, wünschte sich Thietmar inbrünstig und kniff ganz fest die Augen zusammen, sage dem Kaiser doch bitte, dass Dietrich ein gemeiner Mensch ist! Sage ihm doch, dass dies alles nicht stimmt, was er gesagt hat, und dass die Wenden gar nicht so böse sind, wie er behauptet.
     Indes, Liuthar schien zu resignieren und schüttelte nur stumm sein gesenktes Haupt.
    Als Ottos Blicke für einen
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