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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen
Autoren: Unbekannt
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dieses Wappentier ihn in absehbarer Zeit das Fürchten lehren sollte.
     Graf Liuthar hingegen saß geschlagen auf seinem Platz und sprach leise ein Gebet. Es schien, als ob er von düsteren Zukunftsvisionen erfüllt wurde.
     Als sich die edle Tafelrunde endlich beruhigt hatte, kam Otto wieder auf den Kern der Sache zu sprechen: »So, mein treuer Dietrich, nun sagt mir aber endlich, wie Ihr die Heiden für unsere Sache gewinnen wollt.«
     Schnell kühlte sich der Markgraf seine vom lauten Lachen angeraute Kehle mit einem großen Schluck guten Weines, wobei er sich fast verschluckte. Dann verneigte er sich artig und blinzelte dem Kaiser unterwürfig zu.
     »Dies, mein geliebter Kaiser, soll nicht Eure Aufgabe sein. Habt Ihr wahrlich noch nicht genug der Probleme, welche Euch des Nachts um den wohlverdienten Schlaf zu bringen vermögen.
    Aber, mein Kaiser, Ihr kennt doch mein Geschick in diesen Angelegenheiten. Und mein Wort drauf, noch ehe ein Mond vergangen ist, werden sich eintausend Heiden darum reißen für Euch in den Tod zu ziehen.«
     »Und?«, entgegnete Otto, der diesem Versprechen noch nicht so recht trauen wollte.
     Offensichtliches Nichtverstehen spiegelte sich in Dietrichs Zügen wider. »Wie, und?«
     Der Kaiser lächelte: »Mein treuer Markgraf! Setzt nur keine falsche Bescheidenheit auf. Wenn es Euch tatsächlich gelingen sollte, mir in so kurzer Zeit eintausend bewaffnete Reiter beizustellen, dann habt Ihr natürlich einen Wunsch offen bei mir.«
     Scheinbar entrüstet hob Dietrich die Stimme: »Mein Kaiser, was denkt Ihr denn von mir! Nicht im Traume dachte ich an irgendeinen Lohn für meine Dienste. Stets und immer Euer hilfreicher Diener zu sein, nur dafür schlägt mein Herz, nur darauf ist all mein Sinnen und Trachten gerichtet.«
     Geschmeichelt lächelte Otto zurück. Tief in seinen Gedanken blieb jedoch eine gesunde Portion Skepsis erhalten. Wahrhaftig, dieser Markgraf war ein gerissener Fuchs und er würde zukünftig ein wachsames Auge auf ihn werfen müssen. Nun, im Moment war es jedoch völlig nebensächlich, welche Ziele der Markgraf verfolgte. Allein wichtig war der bevorstehende Feldzug gegen die Sarazenen, die schon halb Kalabrien erobert hatten.
     Selbstzufrieden lehnte sich Dietrich zurück, faltete die Hände über seinen Bauch zusammen und wagte es sogar, dem Reichsoberhaupt direkt in die Augen zu schauen.
    »Wann immer Ihr es befehlt, mein Kaiser, die eintausend Reiter werden Eurem Aufruf mit Freuden folgen.«
     Graf Liuthar von Walbeck schwante hingegen nichts Gutes, als er die Konsequenzen durchdachte, die dieses unselige Versprechen nach sich ziehen musste. Langsam wurden seine Ahnungen immer mehr zur Gewissheit, nämlich, dass dieser hinterlistige Dietrich diesmal den Bogen überspannte. Wahrscheinlich käme es sehr bald zu großen Erhebungen, die aber diesmal nicht mehr an den Ufern von Elbe und Havel enden würden. Im Gedanken sah Liuthar bereits die vielen Feuersbrünste, das viele Leid und Elend, und er sah den tausendfachen Tod eines grausamen Krieges. Egal welch falsche Versprechen der Markgraf den Wendenfürsten auch geben mochte, würden diese nach dem Feldzug nicht eingelöst, dann musste die Situation unweigerlich eskalieren.
     Thietmar, der immer noch auf der Galerie kauerte, schwirrte der Kopf. Zu viele Gedanken auf einmal waren auf ihn eingedrungen, viel zu viele, als dass sein junges Gehirn sie verarbeiten konnte. Auch spürte er plötzlich eine tiefe Müdigkeit aufkommen, die ihn zum Rückzug mahnte. Auf leisen Sohlen zog er sich in sein Schlafgemach zurück, wo eine aufgeregte Dienerschar bereits fieberhaft nach ihm suchte.
     Am morgigen Tage fände der aufgeweckte Knabe schon eine Gelegenheit, um sich mit seinem Oheim und natürlich mit seinem Stari über all diese verworrenen Dinge zu unterhalten. Sie konnten ihm bestimmt erklären, welche Gemeinheiten der Markgraf sich ausgedacht hatte.
     Vielleicht fand er dabei sogar eine Möglichkeit, seinen geheimen Wunsch zu äußern. Er wollte, nein, er musste unter allen Umständen selbst die Wunder der Nordmark sehen: die Insel des Riesenmädchens im Feisnecksee zum Beispiel.
     Und vielleicht durfte er sogar seinen Stari mitnehmen.
     Na, wie der sich erst darüber freuen würde!
     Schon bald fand Thietmar sich im Reich der Träume wieder und er sah ein Riesenmädchen an den Ufern eines glasklaren Sees stehen, eine Schürze voller Sand und ihre Haare wogten im Winde wie die Wellen des Meeres
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