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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen
Autoren: Unbekannt
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bewaffnete Reiter zusätzlich in Euer Heer einreihen könntet? Äxte und Speere schwingende Männer, auf deren leibliches Wohl Ihr keinerlei Rücksicht nehmen bräuchtet. Wahre Blutknechte, wie sie in den heiligen Schriften stehen, solche, die sich weder vor Tod noch Teufel fürchten und deren Kampfeskraft ungebrochen ist, solange noch ein Funken Leben in ihren Leibern steckt.«
     Eine Mischung aus Unglauben und Neugierde spiegelte sich in Ottos Augen wider.
     »Und, mein lieber Dietrich, wer sollten diese ‘wahren Blutknechte’ sein? Wo wollt Ihr diese so plötzlich hernehmen? Antwortet mir, lasset mich an Euren Gedanken teilhaben und verschwendet nicht meine Aufmerksamkeit mit zweifelhaften Andeutungen.«
     »Wenden«, antwortete der Markgraf mit einer leichten Verbeugung.
     »Wenden?«, echote Otto erstaunt.
     »Ja, Wenden, oder wenn es Euch mehr beliebt: Heidnische Barbaren, mein weiser Kaiser«, spielte Dietrich seinen Trumpf aus und freute sich über das verdutzte Gesicht seines Oberhauptes.
     »Wenn uns das Pack schon den Tribut vorenthält, warum sollten wir sie dann nicht für unsere gerechte Sache vor den Karren spannen? Glaubt mir, mein Kaiser, auch wenn diese ungebildeten Heiden nicht viel von der edlen Kriegskunst verstehen und jeder dieser Tölpel nur zügellos und ungestüm für sich allein kämpft, so machen sie als gemeinsamer Haufen doch ihrem Namen alle Ehre. Der Stamm der Wilzen zum Beispiel vergleicht sich gar mit einem Rudel unerschrockener Wölfe. Und genauso kennen wir sie auch aus ihrem Verhalten. Sie sind wild wie Wölfe, sie kämpfen wie Wölfe, sie sind Wölfe! Ebenso verhält es sich mit den Obodriten, die sich für stolze Adler halten. Ich könnte diese Aufzählung noch eine Weile fortführen, will Eure Geduld jedoch nicht mit langweiligen Erklärungen überfordern. Nur eines noch: Wisst Ihr, mein Kaiser, welch Wappentier sich die Rotte dieser Heidenstämme auf ihre Schilde malt?«
     Otto zeigte sich etwas verunsichert, denn alle Bräuche dieses barbarischen Heidenvolkes konnte er natürlich nicht wissen. Dann hellte jedoch die Spur einer Erinnerung seinen Geist auf.
     »War es nicht irgend so ein seltsames Fabeltier?«
     Dietrich verbeugte sich artig, um gleich darauf mit seinem Wissen über die ihm unterstellte Nordmark zu glänzen. Was für eine gute Gelegenheit, um dem Kaiser von seinen fleißigen Mühen für das Deutsche Reich zu überzeugen.
     »Eure viel gerühmte Weisheit sei gepriesen, mein über alles geliebter Herr. Die Heiden dachten sich in der Tat einen schrecklichen Dämon aus. Er ist ein furchterregendes Fabelwesen. Eines, wie es nur einem kranken, minderwertigen Geiste entspringen konnte. So ein Untier konnte sich nur jemand ausdenken, dessen Gehirn schon längst vom zügellosen Metgenuss zerfressen wurde und auf dessen Seele begierig der Leibhaftige wartet.«
     Graf Liuthar von Walbeck bekreuzigte sich heftig und versuchte abermals auf sein vordringliches Anliegen zurückzulenken:
     »Wie Ihr seht, mein Kaiser, ist die Bekehrung der Heiden unsere heiligste Aufgabe, damit …«
     »Schweigt Liuthar und unterbrecht meinen braven Vasallen nicht«, schnitt ihm Otto das Wort ab. Mit einer gönnerischen Handbewegung forderte er Dietrich zum weiteren Erzählen auf.
     Der Markgraf frohlockte über die grobe Zurechtweisung seines geheimen Widersachers und konnte sich einer gewissen Schadenfreude nicht erwehren.
     »Also, mein Kaiser«, fuhr er fort, »die Heiden nennen ihr Wappentier Greif. Es ist ein Mittelding aus einem Löwen und einem Adler. Das heißt, sie nahmen den Leib eines Löwen, leimten ihm große Adlerschwingen an und als Krönung verpassten sie diesem so entstandenen Untier noch einen großen krummen Schnabel.«
     Otto brach in ein schallendes Gelächter aus, als er sich die Absurdität eines solchen Tieres vor Augen hielt. Mit Tränen in den Augen bekannte er: »Ein Adler als edles Wappentier ist allein für sich schon eines Fürstenhauses würdig und erst recht der König der Tiere eines Königsthrons, aber eine Mischung aus beiden …«
     Erneut schallte sein Lachen durch den Saal, in das kurz darauf die gesamte Tafelrunde einstimmte.
     »… aber eine Mischung aus diesen beiden edlen Tieren«, wiederholte er, »die kann wahrlich nur von einem krankhaften Geiste zeugen.«
     Markgraf Dietrich, vom herzhaften Lachen seines Oberhauptes angesteckt, amüsierte sich am lautesten über diesen unmöglichen Greif. Er ahnte noch nicht, dass gerade
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