Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunkle Seite des Mondes

Die dunkle Seite des Mondes

Titel: Die dunkle Seite des Mondes
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
gegossen worden, um diesen Moment für die Ewigkeit zu konservieren. Ein seltsam süßlicher, übelkeiterregender Geruch breitete sich aus. Charity kam auf die Beine, tastete nach einem Ladestreifen für ihre Waffe und schaute sich um. Harris und Dubois knieten vor den Transportbändern, zielten auf den Shait, feuerten aber nicht, weil Charity mitten in ihrem Schußfeld stand. Charity sah, wie Skudder über die Kante der Baugrube kam und erschrocken innehielt. Er starrte nicht auf den Shait, sondern an ihm und ihr vorbei. Sie drehte sich um. Im Licht der Scheinwerfer stand ein Wesen, das auf den ersten Blick an einen übergroßen Moroni-Krieger erinnerte. Der dreigeteilte Körper lastete auf vier stelzenartigen Extremitäten, die vorderen Gliedmaßen endeten in zwei herabhängenden Zangenhänden. Der Körper schimmerte wie aus glattem, schwarzem Hörn, und der flache Kopf lief in einen gewaltigen Zangenkiefer aus, der einen Moroni-Krieger einfach in der Mitte durchtrennt hätte. Die Zangen endeten in scharfkantigen Stacheln, groß genug, um eine menschliche Hand aufzunehmen. Die Facettenaugen waren relativ klein und dunkelblau, und die Fühler hingen zu beiden Seiten des Kopfes und von den Endgliedern der Arme und Beine herab. Der hintere Thorax trug einen schildkrötenähnlichen Panzer, einen Rückenschild, der einen Teil des Oberkörpers überragte. Insgesamt wirkte die Kreatur wie ein drei Meter langer Käfer aus poliertem Obsidian. Der süßliche Geruch verstärkte sich. Charity spürte, wie der Shait hinter ihr im Griff einer seltsamen Lähmung zitterte, und sie erkannte, daß das gewaltige Monstrum Angst hatte, Angst vor einem Gegner, dem es an Masse mindestens zehnfach überlegen war.  Dieses Ding betäubt ihn, erkannte sie plötzlich, mit irgendeinem Duftstoff.  Charity begann, sich ganz langsam aus der Reichweite des Shait zu bewegen. Die aufgerissenen Klauen waren nur eine Handbreit von ihr entfernt, als sie zwischen ihnen hindurchging. Der linke Flügel lag größtenteils unter den Trümmern des brennenden Baugerüstes. Sie ging am Rand des Lavabeckens entlang. Blasen zerplatzten an der Oberfläche des glutflüssigen Gesteins. Charity wagte es nicht, sich umzudrehen und dorthin zu sehen, wohin sie die Füße setzte. Die Raumpilotin blieb stehen und löste den Blick vom Shait, um die Käferkreatur anzusehen. Blaue Facettenaugen musterten sie mit insektenhafter Geduld. Die Farbe erinnerte sie an Hartmanns Bericht. »Kyle?« sagte sie zögernd. Das Wesen zeigte keine erkennbare Reaktion. Vorsichtig ging sie näher heran, entfernte sich dabei vom abrutschenden Rand des Beckens. »Kyle?« fragte sie noch einmal. Ihre Hand schloß sich schwitzend um die Waffe. Das Käferwesen legte den Kopf auf die Seite und öffnete die Zangen ein wenig. Erschrocken hielt sie den Atem an. Der Käfer neigte den Kopf in einer Geste ironischer Höflichkeit. Eine der beiden tödlichen Hände hob sich leicht, deutete eine Begrüßung an. »Um Himmels willen«, flüsterte Charity. Skudders Stimme riß sie aus ihrer Erstarrung. »Mach, daß du da wegkommst«, brüllte der Indianer. Das Wesen richtete sich auf und blickte an ihr vorbei, in Skudders Richtung und auf den Shait, schenkte ihr keine weitere Beachtung. Charity fragte sich, wieviel von dem Megakrieger noch in diesem veränderten Körper vorhanden sein mochte. Der Käfer setzte sich in Bewegung, näherte sich langsam dem versteinerten Shait, der ihm hilflos entgegensah. Ein lauter, klagender Ruf hallte durch die Halle. »Nicht schießen«, sagte Charity. Skudder wich auf der anderen Seite an den Rand der Plattform zurück. »Verschwinde endlich«, sagte er. »Diese Fläche kann jeden Moment abrutschen und in die Lava fallen.« Charity rannte los, an drei Moroni vorbei, die ebenso gelähmt wirkten wie ihr unheimlicher Gebieter, und nahm einem toten Krieger das Lasergewehr ab. Die Moroni hatten den Felsboden unter Plattformen auf stützenden Gerüsten verborgen, und zwischen der eingebrochenen und der nächsten Bodenplatte klaffte ein zwei Meter langer und drei Meter tiefer Spalt. Sie stieß sich von der Kante ab und rollte sich auf der anderen Seite ab, kam auf die Beine und schlug einen weiten Bogen in Richtung auf das Transmitterpodest. Das Käferwesen hatte inzwischen den Shait erreicht. Es schob die kraftlosen Klauenarme beiseite und näherte sich dem unförmigen Kopf. Die Zangen öffneten sich. Durch die Gewichtsverlagerung hatte sich die Plattform noch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher