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Die dunkle Macht des Mondes

Die dunkle Macht des Mondes

Titel: Die dunkle Macht des Mondes
Autoren: Susan Krinard
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ist, ein Vermögen auf der Wall Street zu machen oder die neueste Limousine zu fahren … die nicht einmal wussten, woher ihre nächste Mahlzeit kommen sollte. Die Geschichten der vergessenen Männer und Frauen von New York zu erzählen war zu ihrem persönlichen Kreuzzug geworden. Jedenfalls bis ihr Vater gestorben war und ihr seine eigene Besessenheit vermacht hatte.
    Dorian Black hatte etwas an sich, das ihr einfach keine Ruhe ließ. Etwas, das ihr sagte, dass sie nicht nur einen durchschnittlichen Arbeitslosen mit den üblichen Empfindlichkeiten vor sich hatte. Sie hätte fast gewettet, dass er eine kriminelle Vergangenheit hatte.
    Aber ein typischer Kleinkrimineller ließ sich normalerweise nicht in die Armut abgleiten. Er war entweder im Knast oder bereitete einen neuen Coup vor, plante eine neue Betrügerei oder suchte sich ein neues Opfer. Und vor allem würde er nicht jemand anderen vor dem Ertrinken retten. Außerdem fanden sich Typen, die mit der Mafia zu tun hatten, nur selten auf der Straße wieder. Sie arbeiteten entweder für eine Gang, oder man entledigte sich ihrer, falls sie nicht mehr von Nutzen waren. Es war für die Mafiabosse einfach zu gefährlich, ihre einstmaligen Untergebenen frei herumlaufen zu lassen.
    Also was, zum Henker, war er?
    Sie nahm sich zusammen und achtete darauf, ihre Stimme neutral klingen zu lassen. “Sie haben es zurzeit nicht leicht”.
    Er zuckte mit den Schultern.
    “Sie haben Schwierigkeiten, eine Arbeit zu finden”, bohrte sie weiter.
    Etwas Großes raschelte zwischen den Kisten, und Gwen glaubte einen Blick auf einen langen, nackten Schwanz erhascht zu haben. Sie erschauderte. Black ignorierte das Geräusch und lehnte seinen Kopf zurück gegen die Kisten.
    “Warum glauben Sie, dass ich eine Anstellung suche?”, fragte er.
    Sie setzte sich auf. “Sie sind jung und gesund, offensichtlich intelligent. Gebildet”, sagte sie, um ihn zu prüfen.
    “Und?”
    Diese Stimme hätte einen Zug in voller Fahrt aufhalten können. Gwen hielt seinem Blick stand. “Sagen wir einfach, ich wüsste gerne ein bisschen mehr über einen Mann, der einer vollkommen Fremden das Leben rettet.”
    “Zweifeln Sie an der angeborenen Galanterie des starken Geschlechts?”
    Sie unterdrückte ein Schnaufen. “Ich bin keine Romantikerin, Mr. Black.”
    “Ich ebenfalls nicht.”
    “Wie dem auch sei, ich wüsste wirklich gerne, wie es kommt, dass Sie hier leben. Sind Sie allein in der Stadt?”
    Sein Gesicht blieb ausdruckslos. “Kann es sein, dass Sie vielleicht vorhaben, einen rührenden Artikel für Ihre Zeitung zu verfassen, Miss Murphy? Einen Essay über die Misere der arbeitslosen Männer, die bei den Docks leben?”
    Überdrüssiger Zynismus tränkte seine Worte. Sie fühlte sich fast schuldig. “Wenn ich so einen Artikel schreiben sollte, Mr. Black, dann würde ich Ihren Namen nicht benutzen. Aber das habe ich nicht vor.” Sie rutschte herum, bis sie sich mit dem Rücken gegen die Wand lehnen konnte, zog ihre Knie an sich und legte ihren Mantel darüber, um ihren Anstand zu bewahren. “Waren Sie im Krieg, Mr. Black?”
    “Nein.”
    Wenn es etwas gab, worin Gwen wirklich gut war, dann darin, zu sagen, ob jemand log. Sie sah die richtige Antwort in Blacks Augen, noch bevor er den Mund öffnete, um zu sprechen. Sie trübten sich und verloren ihre Schärfe. Als fürchtete er, dass ein weiteres Wort ihn in eine Welt zurückschicken könnte, die er nie ganz verlassen hatte.
    Sie schluckte und vertrieb ihre eigenen Erinnerungen. Black hatte ihr das Leben gerettet, aber sie glaubte nicht, dass er erfreut gewesen wäre, wenn sie noch ein bisschen blieb und Erinnerungen über die Vergangenheit ausgrub, und sie wollte noch ein Thema ansprechen, ehe er sie wieder auf die Straße setzte.
    “Sie müssten doch über so ziemlich alles Bescheid wissen, was hier so vor sich geht”, sagte sie.
    Er runzelte die Stirn, als sie so schnell das Thema wechselte. “Vielleicht.”
    “Haben Sie schon von den Morden gehört?”
    Plötzlich stand er auf. Seine Bewegungen waren ruckartig, ihnen fehlte ganz die frühere Eleganz. “Sind Sie deshalb hier, Miss Murphy? Um Nachforschungen wegen der Morde anzustellen?”
    Nun war Gwen sich sicher, dass er nicht nur von den bizarren Toden wusste, sondern dass sie ihn auch persönlich interessierten. Vielleicht hatte er etwas gesehen. Vielleicht war er Zeuge bei einem der Angriffe gewesen, oder er hatte einen Verdacht, wer diese Verbrechen verübt hatte.
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