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Die dunkle Macht des Mondes

Die dunkle Macht des Mondes

Titel: Die dunkle Macht des Mondes
Autoren: Susan Krinard
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dachte Gwen, drehte ihren Kopf und versuchte, mehr von ihrer Umgebung zu erkennen. Zu ihrer Linken befand sich eine solide, fensterlose Holzwand. Rechts beugte sich Black über sie und blockierte ihre Sicht. Sie hätte außerhalb des Bereichs, den die Lampe beleuchtete, sowieso nicht viel erkennen können, aber sie spürte dort einen offenen Bereich, der durch gestapelte Kisten abgetrennt war, die eine Art Zimmer schufen, gerade groß genug für ihr improvisiertes Bett, einen Schemel mit einem wackligen Bein und eine kleinere Kiste, auf der einige Dinge standen, unter anderem ein Becher, eine Schüssel und verschiedene Nippes, die sie nicht genau erkennen konnte. Von Nägeln, die in die gestapelten Kisten geschlagen waren, hingen ein paar fleckige, fadenscheinige Hemden, eine geflickte Jacke und ein zusammengefaltetes Paar zerrissener Hosen. Es war offensichtlich, dass Black sich hier, an diesem Ort, den die meisten Menschen Spinnen und Ratten überlassen hätten, sein Zuhause geschaffen hatte.
    Sie hatte schon Männer getroffen, die unter schlechteren Bedingungen lebten, aber nicht sehr oft.
    “Sind wir noch bei den Docks?”, fragte sie.
    Er nickte. Offenbar hielt er eine verbale Antwort für unnötig. Gwen richtete sich mit Hilfe ihrer Ellenbogen halb auf.
    “Ich bin wohl in Ohnmacht gefallen”, stellte sie ihren Stolz hinunterschluckend fest.
    “Sie haben das Bewusstsein verloren”, erwiderte Black.
    “Sie sind nicht für mich verantwortlich, nur weil Sie mir das Leben gerettet haben.”
    Er hob eine Augenbraue auf ihren scharfen Ton hin, und für einen Moment glaubte sie, den Anflug eines Lächelns auf seinen Lippen zu erkennen. “Jetzt, wo ich Ihr Leben gerettet habe”, sagte er, “wäre es mir lieb, wenn meine Mühen nicht ganz umsonst gewesen wären.”
    “Es muss bereits Tag sein. Irgendjemand hätte mich schon gefunden.”
    Er verlagerte sein Gewicht und ließ seine langen, eleganten Hände zwischen seine gespreizten Knie fallen. “Sie scheinen mir nicht die Art von Frau zu sein, die auf dem Gehsteig, noch dazu in einer Lache ihres eigenen Erbrochenen liegend, gefunden werden möchte.”
    Seine Offenheit erstaunte sie, aber sie konnte sie ihm nicht vorwerfen. Sie zog es selbst vor, offen zu reden … auch wenn das ihre männlichen Mitarbeiter beim
Sentinel
immer wieder verblüffte.
    “Na ja”, lenkte sie ein, “wenn Sie es so sehen …” Sie befeuchtete sich die Lippen. “Sie hätten nicht zufällig etwas Wasser da?”
    Er drehte sich um, nahm einen angeschlagenen Krug von der Kiste, die als Tisch diente, und goss etwas Wasser in den Becher. Gwen nahm ihn zögerlich, roch verstohlen daran und legte dann ihre Lippen an den Becherrand. Das Wasser war erstaunlich frisch.
    “Danke”, sagte sie und gab ihm den Becher zurück. Sie öffnete den Mund, um ein weiteres Argument vorzutragen, warum er sie gehen lassen sollte, aber die Worte erstarben in ihrem Hals. Stattdessen starrte sie ihn an … starrte wie ein kleines Mädchen, das plötzlich ihrem Lieblingsfilmstar gegenübersteht. Es war die lächerlichste Sache der Welt. Und sie konnte einfach nicht anders.
    “Wer sind Sie?”, fragte sie. “Ich meine, was ist das hier für ein Ort, und was tun Sie hier?”
    Er sah sie einen Augenblick lang an, als wollte er abschätzen, ob sie die Mühe einer Antwort wert war. Schließlich lehnte er sich gegen die Kisten in seinem Rücken und streckte seine Beine in den Raum zwischen ihnen.
    “Ich habe Ihnen meinen Namen bereits genannt”, sagte er. “Ich und ein paar andere leben in diesem verlassenen Lagerhaus. Wir stören niemanden.”
    Sie fragte sich, warum er den letzten Satz hinzugefügt hatte. Hatte er den Verdacht, dass sie etwas Gefährliches in seinen Augen entdeckt hatte?
    “Die meisten Menschen würden, wenn sie die Wahl hätten, nicht so leben”, meinte sie.
    Seine Augen nahmen einen leeren Ausdruck an, der auf eine Tragödie in seiner Vergangenheit schließen ließ. Gwen war davon wenig überrascht. “Ich denke nicht, dass Sie das etwas angeht”, sagte er.
    Stolz. Sogar Männer ohne Obdach hatten ihn, manchmal mehr davon als diejenigen, die alles besaßen. Gwen wusste, dass sie am besten einfach die Klappe halten und die Sache auf sich beruhen lassen sollte. Schließlich würde sie Dorian Black wahrscheinlich nie wiedersehen, wenn sie diesen Ort erst einmal verlassen hatte.
    Aber sie hatte viel Zeit damit verbracht, mit Menschen auf der Straße zu sprechen, die nicht wussten, wie es
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