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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee
Autoren: James Barclay
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mir bleiben. Ihr habt mir noch eine Menge zu erzählen. Falls einer Eurer Leute ausbricht, werden wir ihn über den Haufen reiten. Eure Waffen dürft Ihr nur deshalb behalten, weil wir keine Möglichkeit haben, sie zu transportieren, und ich will nichts zurücklassen. Allerdings werdet Ihr Euch als Gefangene betrachten. Ist das klar?«
    Ruthrar nickte. »Einige meiner Leute sollten allerdings den Feind beobachten.«
    »Kommt nicht infrage. Das werden meine eigenen Reiter tun.«
    »Ich verstehe.«
    »Dann lasst uns aufbrechen. Die Toten werden nicht warten.«
     
    Roberto saß da, die Hände vors Gesicht geschlagen, und hörte, wie die Toten sich entfernten. Die Erschütterungen im Boden waren erschreckend und Übelkeit erregend gewesen. Er hatte Julius dazu gebracht, sich still zu verhalten und war mit ihm rasch auf höheres, felsiges Gelände geflohen, wo sie den träge strömenden Fluss überblicken konnten und gleichzeitig von der Burg und der Klippe aus nicht entdeckt wurden. Der einst dicht bewachsene Boden, auf dem sie nach der Flucht gerastet hatten, war zerstört. Gorian hatte die ganze Lebenskraft eingesetzt, um diese Woge der Krankheit zu erschaffen. Das war die widerwärtigste Möglichkeit, die Kräfte des Aufstiegs einzusetzen, abgesehen davon, die Toten zu erwecken. Roberto hatte genug gesehen. Er konnte den Anblick der Toten, die sich im Grab wanden, nicht vergessen. Sein Bruder, noch im Tode gefoltert.
    »Was sollen wir jetzt tun?«, fragte Julius.
    Der Tag war noch jung, aber Roberto hatte das Gefühl, schon eine Ewigkeit überstanden zu haben. Er wollte schlafen, aber auch das wäre keine Erlösung von den schrecklichen Bildern gewesen. Er wollte seinen Zorn und seine Ohnmacht hinausschreien. Er wollte seinen Bruder ausgraben und ihn heil und lebendig vorfinden. Er wollte dem Sprecher Julius Barias einen Fausthieb versetzen, damit er nie wieder ein Wort sagte.
    Roberto starrte Julius an, der ein Stück unter ihm saß und den Fluss anstarrte. Der Sprecher war voller Dreck und Unrat vom verwesten Hügel hinter ihnen und hatte eine blutende Schnittwunde an der Schulter.
    »Warum habt Ihr das getan?«
    »Was denn?« Julius drehte sich um.
    »Warum seid Ihr hinuntergesprungen und habt versucht, die Verlorenen zu retten? Was ist nur in Euch gefahren?«
    »Ein guter Priester lässt die Gläubigen nicht im Stich«, erwiderte Barias. »Ganz egal, wie groß die Gefahr ist. Warum habt Ihr denn eingegriffen?«
    »Gute Frage. Ich habe nicht die geringste Ahnung. Hätte ich vorher richtig darüber nachgedacht, dann hätte ich es vielleicht nicht getan. Oh, Verzeihung, war das nicht genau die Reaktion, auf die Ihr gewartet habt? Vermutlich hätte ich auch etwas Angenehmeres sagen können wie: ›Ein Erbe der Advokatur lässt seine Ordenspriester niemals im Stich‹, aber ehrlich gesagt wäre das in Eurem Fall eine Lüge.
    Ihr sitzt da und haltet mich vielleicht für unreif und verbittert, und das soll mir recht sein. Ich habe gerade meinen Bruder verloren.
    Ich habe gesehen, wie Pavel Nunan von dieser Woge überflutet wurde, wie er starb und wieder auf die Füße kam, um fortzumarschieren. Jetzt ist er mein Feind. Ich habe gesehen, wie eine Armee der Toten in die Konkordanz meiner Mutter einmarschiert ist, und sitze mit einem Menschen fest, den ich in so einer Krise auf gar keinen Fall neben mir haben will. Mit einem Mann, der mich vor Gericht stellen und verbrennen will.
    Wollt Ihr wissen, was als Nächstes kommt? Bei Einbruch der Dämmerung werde ich mich auf der Burg umsehen, ob ich etwas Nützliches finde. Ein Boot wäre das Beste. Dann werde ich so schnell wie möglich nach Estorr zurückkehren und unterwegs alle vor dem warnen, was da auf sie zukommt. Ihr dürft mich begleiten, wenn Ihr es schafft und den Mund haltet. Wenn Ihr aber noch einmal mein Leben in Gefahr bringt, dann werde ich keinen Augenblick zögern, Euch niederzumachen und den Würmern zu überlassen. Habt Ihr das verstanden?
    Ihr habt den Schutz von Kell und Nunan und den Bärenkrallen genossen, bis Ihr Euch eingeschaltet habt, damit die Toten verschont würden, aber ich sage es noch einmal, falls Ihr auch nur den geringsten Zweifel habt: Nunan marschiert jetzt mit den Toten, und was aus Kell geworden ist, wissen wir nicht. Hier draußen sind wir zwei allein, und Ihr habt kein Schwert.«
    Julius sagte nichts, und seine Miene verriet, dass er auch nicht das Bedürfnis dazu verspürte.
    »Gut«, fuhr Roberto fort. »Habt weiter Angst, dann bleibt
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