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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee
Autoren: James Barclay
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unterband Vennegoors Antwort mit einer Geste und machte einen weiteren Schritt, bis sie dicht vor Arducius stand.
    »Ihr wart von Anfang an eine Abscheulichkeit und werdet es immer sein«, sagte sie leise. »Eines Tages wird einer von Euch, einer Eurer widerwärtigen Brüder und Schwestern, die Grenze überschreiten. Dann wird die Advokatin mir wieder Gehör schenken, und Ihr werdet keine Freunde mehr haben. Ich muss nur abwarten.«
    Arducius lächelte, und Ossacer erkannte, dass sein Zorn verflog. »Diese Genugtuung werden wir Euch nicht geben, Felice. Ich weiß, warum Ihr uns bekämpfen müsst. Ihr tut es, weil Ihr fürchtet, dass eines Tages Eure Verbrechen gegen uns auf Euch zurückfallen. Nur dank der Gnade der Advokatin und der nachsichtigen Gesetze unserer Konkordanz seid Ihr noch am Leben und dürft Euch Kanzlerin nennen. Die Advokatin mag vergeben und vergessen, aber das werden wir Aufgestiegenen nicht tun. Eines Tages werdet Ihr fort sein, und der Aufstieg und der Orden werden eins sein, wie es dem Willen des Allwissenden entsprechen mag.«
    Die Kanzlerin starrte ihn mit grauem Gesicht und zorniger Miene an.
    »Eure Worte verraten Euch«, sagte sie. »Eines Tages werde ich Euch brennen sehen.«
    »Ich an Eurer Stelle würde nicht mein Leben darauf verwetten«, erwiderte Arducius. Er wandte sich wieder an Ossacer und Harkov. »Kommt mit. Wir haben noch viel zu tun.«

 
3

    859. Zyklus Gottes,
    1. Tag des Genasauf
     
    S o, jetzt kannst du reinkommen.« Die Stimme ihres Sohnes erfüllte Mirrons Herz mit Freude, seit sie seinen ersten Schrei als Neugeborener gehört hatte. Sie wandte sich vom Fenster ihres Schlafzimmers ab, das einen wundervollen Blick auf Estorr bot, und ging ins große Empfangszimmer. Durch die halb offene Tür hörte sie Füßescharren und ein leises Murmeln, sie roch die Grünpflanzen und den Duft frisch geschnittener Blumen und hörte das Wasser im Zierbrunnen tröpfeln.
    Ihr Sohn war an ihrer Seite.
    »Sieh zuerst nach links, aber nicht nach rechts«, sagte der Junge und hob eine Hand, um den Rest des Raumes vor ihren Augen abzuschirmen.
    »Na gut«, willigte sie ein.
    Links stand der Springbrunnen. Im Becken fuhr ein geschnitztes Boot mit einem Segel aus Tuch gemächlich im Kreis herum. Das Segel wurde von einer kleinen Brise gebläht, die das Boot antrieb.
    »Oh, mein Lieber, so etwas kannst du tun?« Sie kniete nieder und nahm ihn in die Arme.
    Das Boot wurde langsamer und blieb stehen, weil sie seine Konzentration gestört hatte.
    »Ach je, Mutter!«
    »Kessian, ich bin ja so stolz auf dich. Ich wusste, dass du es schaffen würdest.«
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Mutter.«
    Sie küsste ihn auf die Wange und ließ ihn los. »Wie hat du das gemacht?«
    »Er brauchte ein wenig Hilfe, aber es war eigentlich schon in ihm, genau wie du gesagt hast.«
    Mirron fuhr in der Hocke herum und musste sich am marmornen Springbrunnen festhalten. Sie hatte ganz vergessen, dass noch andere Gäste im Raum waren. Eigentlich war er sogar mit Freunden überfüllt, doch die Stimme gehörte einem Mann, den sie seit einem Jahr nicht mehr gesehen hatte. Sie sprang auf und umarmte ihn.
    »Ardu! Wann bist du zurückgekommen? Warum hast du mir nichts gesagt?«
    »Weil dein Sohn zuerst bei mir war und dich überraschen wollte«, erklärte Arducius. Seine Augen wechselten von Grün zu einem sanften, warmen Blau.
    »Außerdem dachten wir, dass wir vielleicht gemeinsam Geburtstag feiern.«
    Eine weitere Stimme, die Mirron fast in Tränen ausbrechen ließ. Sie schob Arducius sanft zur Seite, um zu Ossacer vorzudringen. Dann umarmten sie sich zu dritt, und die anderen Gäste applaudierten.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag für uns alle«, sagte Mirron.
    Die anderen im Raum wiederholten den Glückwunsch und hoben die Weinkelche.
    »Vierundzwanzig sind wir jetzt«, sagte Ossacer. »Wir werden alt …«
    »Manchmal fühle ich mich, als wäre ich zwanzig Jahre älter«, gab Mirron zu.
    »Aber du sieht aus, als wärst du zehn Jahre jünger«, meinte Arducius.
    »Lügner.« Sie schüttelte den Kopf und trat einen Schritt zurück, damit sie beide anschauen konnte. Sie waren müde, sahen aber mit den weißen Togen und den dunkelroten Schärpen des Aufstiegs wundervoll aus. Ossacer hatte sich die Haare kurz schneiden lassen, während Arducius sein Haar lang und leicht gewellt trug. »Eigentlich hättet ihr erst im Solastro wieder hier sein sollen. Es war einsam ohne euch.«
    »Unseren Geburtstag
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