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Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller

Titel: Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller
Autoren: Adam-Troy Castro
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die nur eine Person mit diplomatischer Legitimation durch den Zoll bringen konnte, aber ich hatte weder die Zeit noch den Raum, um irgendetwas in die Finger zu bekommen, das sich in dem Moment als nützlich hätte erweisen können.
    Aber das war in Ordnung.
    Ungefähr zehn Schritte hinter mir war ein Schott.
    Ich packte den zweiten Bocai an der Schulter und wirbelte herum, verstärkte seinen Schwung um meinen eigenen. Den letzten Meter oder so legten wir gemeinsam zurück. An dem Punkt, von dem es keine Wiederkehr gibt, brachte ich ihn zum Stolpern. Ein höchst zufriedenstellendes Knirschen ertönte, als er mit dem Gesicht voran gegen das Schott krachte. Ehe er stürzen und sich womöglich wieder erheben konnte, trieb ich ihm das Knie ins Kreuz, eine Stelle, die bei einem Bocai bis ins Detail genauso empfindlich ist wie bei einem Menschen.
    Er schaffte es, sich umzudrehen und die Arme um meine Beine zu schlingen, was ihm ebenso dazu diente, sich abzustützen, wie dazu, seinen verhassten Feind festzuhalten. Ein klagender Laut, beinahe schon ein Heulen, explodierte in seiner Kehle und trug ein Ausmaß an Schmerz mit sich, das er womöglich sein ganzes Leben lang mit sich herumgeschleppt hatte. Ich stieß ihn fort. Er fiel zurück und rollte sich zusammen. Der leise klagende Laut dauerte an. Bocai haben keine Tränenkanäle, sie weinen nicht wie Menschen, aber dieser Laut transzendiert die Spezies. Ich wusste es. Ich hatte selbst ganz ähnliche Geräusche gemacht auf jener Welt, die mir neben dem Leben selbst auch meine Reputation beschert hatte. Auf Bocai.
    »Wie heißt du?«, fragte ich ihn.
    Er hustete ein Wort hervor, begleitet von einigen Zahnbruchstücken.
    Der Name war mir nicht bekannt. »Bist du allein?«
    Er keuchte. Dann passierte etwas mit seinen Augen. Sie leuchteten auf, hell genug, um purpurne Nachbilder auf meinen Retinae zu hinterlassen. Als ich die vorübergehende Blindheit fortgeblinzelt hatte, war seine Miene vollkommen ausdruckslos.
    Mist.
    Da waren Mikrolader hinter seinen Augenlidern. Der Blitz, ausgelöst durch ihn selbst oder einen Bundesgenossen, den ich nicht sehen konnte, war ein komprimierter visueller Impuls, dazu angetan, sein Gehirn mit einem einzigen, vorprogrammierten Bild zu überladen, ein Impuls, stark genug, sämtliche nicht autonomen neuralen Funktionen zu belegen. Ihn anzuschreien, zu schütteln oder zu versuchen, ihn auf irgendeine Weise zu wecken, war nutzlos. Er würde noch tagelang katatonisch sein.
    Ich war selbst einige Male auf diese Weise überladen worden, das letzte Mal als eine unter einem Dutzend Personen, die von der Polizei von New London ausgeschaltet wurden, nachdem ich im falschen Moment versucht hatte, mich auf die andere Seite einer politischen Demonstration durchzuschlagen, die zu Krawallen geführt hatte. Meine nächste Erinnerung setzte fünf Tage später ein, und mein Kopf fühlte sich an, als wäre er voller Watte, Folge der Säuberung meines Hirns von den Fraktalen, mit denen der Impuls es geflutet hatte.
    Ich sah mich nach den Porrinyards um und war keineswegs überrascht, als ich sah, dass der Bocai, den sie entwaffnet und mit Handschellen gefesselt hatten, ebenfalls völlig erschlafft war. Ich machte mir gar nicht die Mühe, sie zu fragen, ob sie in Ordnung waren. Natürlich waren sie. Sie waren die Porrinyards. »Hat sich der Mistkerl selbst überladen?«
    »Ja«, sagten sie in perfektem Gleichklang. »Und eingenässt auch. Ich brauche einen Waschraum.«
    »Was war das für eine Waffe?«
    »Eine interessante. Ich schlage vor, wir verschieben das, bis wir die Sicherheitsleute informiert haben.«
    Ich ließ meinen Blick durch die Halle schweifen und sah jenseits all der verschreckten menschlichen und oft undurchdringlichen außerirdischen Gesichter ein Dutzend bewaffneter Sicherheitsleute auf uns zulaufen. Selbst aus dieser Entfernung konnte ich erkennen, dass sie sämtliche Waffen bei sich hatten, die üblicherweise in orbitalen Umgebungen zum Einsatz kamen und als erprobt gelten durften, darunter auch Großflächen-Streulader. Ein halbes Dutzend Minikameras, insektenartig, sowohl in Hinblick auf ihre Größe als auch auf ihre Wendigkeit, umkreiste uns schon jetzt, erfasste die Lage und übertrug die Daten an die taktischen Kräfte, die noch zu weit entfernt waren und nicht riskieren wollten, Unschuldige ins Kreuzfeuer zu nehmen.
    Bedachte man, mit welchem Kaliber die Bettelhine Munitions Corporation schwelende Konflikte auf anderen Welten ausrüstete,
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