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Die Drenai-Saga 3 - Waylander

Die Drenai-Saga 3 - Waylander

Titel: Die Drenai-Saga 3 - Waylander
Autoren: David Gemmell
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selbst jetzt in einem so düsteren Licht?
    Der Priester.
    Der verdammte Priester!
    Waylander hatte die letzten zwanzig Jahre im Schatten gelebt, aber Dardalion war wie eine Laterne, die die dunklen Winkel seiner Seele erleuchtete.
    Er setzte sich ins Gras. Die Nacht war kühl und klar, die Luft süß.
    Zwanzig Jahre. Verschwunden im Vakuum der Erinnerungen. Zwanzig Jahre ohne Zorn, in denen Waylander sich wie ein Egel an den unnachgiebigen Fels des Lebens geklammert hatte.
    Aber was jetzt?
    »Du wirst sterben, du Narr«, sagte er laut. »Der Priester wird dich mit seiner Reinheit umbringen.«
    War es das? War das der Bann, den er so gefürchtet hatte?
    Zwanzig Jahre lang war Waylander über die Berge und Ebenen der zivilisierten Völker geritten, über die Steppen und Einöden der Nadirwildnis und durch die weiten Wüsten der Nomaden. In dieser Zeit hatte er sich keine Freunde erlaubt. Niemand hatte ihn berührt. Wie eine bewegliche Festung, mit dicken Mauern, sicher, war Waylander durchs Leben gegeistert, so allein, wie ein Mensch nur sein kann.
    Warum hatte er den Priester gerettet? Die Frage quälte ihn. Seine Festung war zerbröckelt, seine Verteidigungslinien zusammengefallen wie nasses Pergament.
    Ein Instinkt hatte ihm geraten, sich in den Sattel zu schwingen und die kleine Gruppe zu verlassen – und er vertraute seinen Instinkten, denn sie waren durch die Gefahren, die sein Beruf heraufbeschwor, geschärft. Beweglichkeit und Schnelligkeit hatten ihn am Leben erhalten. Er konnte zuschlagen wie eine Schlange und vor Morgengrauen verschwunden sein.
    Waylander der Schlächter, ein Fürst unter den Mördern. Nur durch Zufall hätte er je geschnappt werden können, denn er hatte kein Zuhause – nur eine wahllose Liste von Kontaktleuten, die für ihn in einer Reihe von Städten Verträge hielten. Er erschien in tiefster Dunkelheit, erhob Anspruch auf seinen Vertrag oder sein Honorar, und dann war er wieder fort, ehe es Morgen wurde. Immer gejagt und gehaßt, bewegte sich der Schlächter im Schatten und suchte dunkle Orte heim.
    Selbst jetzt wußte er, daß seine Verfolger ihm dicht auf den Fersen waren. Dringlicher als je zuvor hätte er jetzt in die Ödlande und über das Meer nach Ventria und in die östlichen Königreiche verschwinden müssen.
    »Du Narr«, flüsterte er. »Willst du denn sterben?«
    Doch der Priester hielt ihn mit seinem unausgesprochenen Bann gefangen.
    »Du hast dem Adler die Flügel gestutzt, Dardalion«, sagte er leise.
    Auf seinem Hof hatte es einen Blumengarten gegeben, in dem Hyazinthen, Tulpen und welkende Narzissen geleuchtet hatten. Sein Sohn hatte so friedlich ausgesehen, als er dort lag, und das Blut hatte inmitten der Blüten nicht fehl am Platze gewirkt. Der Schmerz zerrte an ihm, Erinnerungen zersplitterten wie zerbrochenes Glas. Tanya hatte man ans Bett gefesselt und dann ausgeweidet wie einen Fisch. Die beiden Mädchen … Babys noch …
    Waylander weinte um die verlorenen Jahre …
    Er kehrte eine Stunde vor Sonnenaufgang ins Lager zurück und fand sie alle schlafend vor. Er schüttelte den Kopf über ihre Dummheit und fachte das Feuer wieder an, um eine Mahlzeit aus Haferbrei in einer Kupferpfanne vorzubereiten. Dardalion erwachte als erster. Er lächelte zur Begrüßung und reckte sich.
    »Ich bin froh, daß du zurückgekommen bist«, sagte er und kam ans Feuer.
    »Wir müssen etwas zu essen finden«, erklärte Waylander, »denn unsere Vorräte sind mager. Ich bezweifle, daß wir ein Dorf finden, das nicht niedergebrannt ist, und das heißt, wir müssen unser Fleisch jagen. Du mußt vielleicht deine Prinzipien vergessen, Priester, wenn du nicht vor Hunger zusammenbrechen willst.«
    »Kann ich mit dir sprechen?« fragte Dardalion.
    »Eine seltsame Frage. Ich dachte, das würden wir gerade tun?«
    Dardalion ging etwas vom Feuer weg. Waylander seufzte und nahm den Kupferkessel vom Feuer, ehe er ihm nachging.
    »Warum so niedergeschlagen? Bedauerst du schon, daß du uns mit der Frau und den Kindern belastet hast?«
    »Nein. Ich … ich muß dich um einen Gefallen bitten. Ich habe kein Recht …«
    »Nur heraus damit, Mann. Was ist los?«
    »Wirst du sie sicher zu Egel bringen?«
    »Ich dachte, das wäre unser Plan. Bist du in Ordnung, Dardalion?«
    »Ja … Nein … Ich werde sterben, verstehst du.« Dardalion wandte sich von ihm ab und wanderte den Hang zum Rande der Senke hinauf. Waylander folgte ihm. Dort erzählte Dardalion von seinem Geisttreffen mit dem Jäger, und der
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