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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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von allen. Aber ein Kamel, ein Trampeltier mit zwei Höckern, ist derjenige, der sich in die Brust wirft, die Nase hoch trägt und sich etwas zugute tut auf Vorteile, die ein reiner Zufall der Blutmischung sind; nur dessen, was der Mensch aus seinen Fähigkeiten macht, nur seiner Ausdauer, seines Fleißes kann er sich rühmen. Was dann das Geflöte gewisser zierlicher Schnäbelchen anlangt, die mit ihrem sanften Gezwitscher dem Autor ebenfalls im Ohr gelegen sind und sich beklagt haben über diese und jene Stelle des Buches wie über ein Weltunglück, ihnen kann ich nur antworten: Warum habt ihr nicht die Pfötchen davon gelassen?
    Durch die verruchten Niederträchtigkeiten gewisser Leute sieht sich der Autor gezwungen, den Wohlwollenden eine Aufklärung zu geben, womit sie den verleumderischen Kakographen und Sudelhänsen das Maul stopfen können. Diese meine Geschichten sind erwiesenermaßen zu der Zeit geschrieben worden, da die Königin Cathérine aus dem erlauchten Hause der Mediceer in Frankreich das Heft in der Hand hatte und sich in alle öffentlichen Angelegenheiten mischte zum Besten unsrer heiligen Religion. Diese Zeit ist nicht sänftiglich mit den Leuten umgesprungen, es war eine Zeit, die viele große Kerle erwürgt hat, von unserem verewigten König Franz, dem Ersten seines Namens, bis zu dem Staatsstreich zu Blois, wo der geriebene Guise sich in der Falle fing. In dieser Zeit unaufhörlicher Kämpfe und Feldzüge, Kriege und Belagerungen, Friedensschlüsse und neuer Kriege und Kämpfe befand sich auch, wie jeder Schulbub weiß, die Sprache im Zustand großer Verwirrung und Zügellosigkeit, wo denn jeder Poet und Autor, wie übrigens heute auch, sich seine eigne Sprache zurechtmachte und seine gute Muttersprache schrieb, wie ihm der Schnabel gewachsen war, außerdem, daß er sie mit den buntscheckigsten Lappen und Flecken verbrämte, mit griechischen, lateinischen, italienischen, mit schweizerischen, deutschen und transatlantischen Wörtern und Wendungen, mit Phantastereien und spanischem Jargon: was sie alles kunterbunt untereinander mengten, geradeso wie auf den Schlachtfeldern die Nationen durcheinander wimmelten, also daß der Skriptophile dem babylonischen Wirrwarr gegenüber alle Freiheit und tausend Möglichkeiten hatte, die seither beträchtlich eingeschränkt wurden durch Leute wie die Herren von Balzac, Blaise Pascal, Furetière, Mesnage, Saint-Évremond, von Malherbe und andere, als welche zuerst unsere Muttersprache rein gekehrt, die fremden Wörter in Verschiß erklärt und den übrigen ein ausschließliches Bürgerrecht verschafft haben, zum bequemen und sichern Gebrauch für jedermann, daß selbst der Herr Ronsard davor kleinlaut werden müßte. So, da hat nun der Autor alles gesagt. Er geht nach Hause zu seinem Liebchen und wünscht ein Füllhorn voll Lust und guten Dingen allen denen, die ihn lieben, und seinen Feinden einen Sack voll hohler Nüsse. Sie verdienen nichts Besseres. Wenn die Schwalben wiederkehren, wird auch er wieder erscheinen und ein drittes und viertes Zehent mitbringen. Das verspricht er feierlich allen guten Pantagruelisten nebst Sippschaft durch alle Stockwerke hindurch, denen alles triste, trübe, traurige und gallsüchtige Geschreibe dieser Zeit ein Greuel ist.

Die drei Scholaren von Saint-Nicolas

     
    Der Gasthof ›Zu den drei Karpfen‹ in der Stadt Tours war ehemals der Ort, wo man in der ganzen Stadt am besten aß. Der Wirt war berühmt als Papst aller Bratenkünstler weit und breit; bis Chastellerault, Loches, Vendôme und Blois mußte er alle Hochzeiten mit seinen Brühen würzen. Dieser alte Knickebein, übrigens ein wirklicher und perfekter Meister in seiner Kunst, zündete niemals eine Kerze an, solange es hell war, hätte sogar die Eier geschoren, wenn es möglich gewesen wäre, verkaufte alles und jedes teuer, Haare, Haut und Federn, hatte das Auge überall, ließ sich niemals um eine Zeche prellen und würde um einen Heller zuwenig sogar einem Fürsten Grobheiten gesagt haben.
    Sonst war er ein Spaßmacher erster Güte, trank und lachte mit allen, die einen guten Zug in der Gurgel und die Leber auf der Sonnenseite hatten, und stand nie anders als sein Käppchen in der Hand vor Leuten, die reichlich fromme Sprüche im Mund führten als wie: ›Wo du nicht bist, Herr Jesus Christ ...‹ Er ermunterte sie zum Trinken und gab ihnen in lustigen Wendungen zu verstehen, daß der Wein teuer sei, daß man in Touraine nichts geschenkt bekomme, sondern alles
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