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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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die Arme in die Hüften und hält kurzerhand die Pikardin an, wie wenn er sich überzeugen müsse, ob sie vielleicht ihre Jungfernschaft bei sich habe, womit sie ohne Zoll nicht eingelassen werden dürfte. Scherzend, aber mit strenger Miene fragte er sie, in welcher Absicht sie komme; wie wenn er sie für fähig gehalten hätte, Paris im Sturm einzunehmen. Das unschuldige Mädchen antwortete, daß sie eine gute Stelle suche, um sich etwas zu verdienen, daß sie aber gewiß nichts Böses im Schild führe.
    ›Das habt Ihr gut getroffen, Gevatterin‹, sagte der Spaßvogel, ›ich bin Euer Landsmann, Ihr könnt bei mir eintreten, man wird Euch behandeln, wie eine Königin nur wünschen kann, öfter behandelt zu werden, und überdies sollt Ihr nicht leer ausgehen.‹ Er führte sie dann in die Wachtstube und sagte ihr, daß sie den Boden zu kehren, die Töpfe zu spülen, das Feuer anzumachen und sonst zu tun habe, was es zu tun gebe; dafür solle sie einen halben Taler von jedem seiner Leute bekommen, wenn man mit ihrem Dienst zufrieden wäre. Die Mannschaft sei hier für einen Monat, sie könne also einen Haufen Geld gewinnen. Außerdem könne sie bei den andern bleiben, die nachfolgten und die sie jedenfalls auch nicht schlechter behandeln würden, also daß sie eines Tages, beladen mit Gold und vielen Geschenken, lauter Pariser Artikeln, in ihre Heimat zurückkäme. Sofort machte sich das gute Mädchen daran, die Stube zu kehren, alles zu reinigen, das Essen zuzurichten, dabei immer trillernd und zwitschernd, dergestalt, daß die Soldaten ihre Spelunke am Abend wie umgewandelt fanden; und wahrlich: im Refektorium einer Benediktinerabtei hätte es nicht netter und sauberer aussehen können. Sie waren auch sehr zufrieden, und jeder zahlte mit Vergnügen den ausbedungenen Lohn.
    Sie setzten sich zum Schmaus, und nach einem reichlichen Zechen hießen sie das Mädchen schlafen gehen im Bette ihres Kommandanten, der in der Stadt bei seiner Frau zu Besuch war. Als philosophische Soldaten, id est solche, die in alles verliebt sind, was vernünftig ist, brachten sie das gute Kind unter viel Besorgtheiten, Aufmerksamkeiten und Zärtlichkeiten unter die Decke, und um Streit und Händel zu vermeiden, zogen sie das Los, und nach der Ordnung der gezogenen Nummern, hübsch friedlich in der Reihe, einer nach dem andern, gingen sie ohne Lärm und Getöse in die Kammer zu der Pikardin, jeder wohlversehen mit seiner Pike.
    Das war ein harter Nachtdienst für das gute Mädchen, wie sie ihn nicht gewohnt war; aber sie hielt tapfer aus auf ihrem Posten und schloß die ganze Nacht nicht das Auge noch anderes. Gegen Morgen, nachdem sie die Landsknechte eingeschlafen sah, erhob sie sich von ihrem Lager, glücklich, mit ganzer Haut davongekommen zu sein; und nur ein wenig ermüdet von den Strapazen der Nacht, machte sie sich mit ihrem Lohn auf den Weg, wo sie das freie Feld gewann und bald einer Freundin begegnete, die, lüstern gemacht durch der andern Beispiel, ebenfalls im Begriffe stand, in Paris ihr Glück zu suchen, und sie über den Dienst befragte. ›Ich rate dir, Perrine, bleib weg‹, sagte die Gewitzigte, ›da muß man einen eisernen Hintern haben, und dann hält er's noch nicht aus. ‹«
    »An dir ist die Reihe nun, Dickbauch von Burgund«, rief der Pikarde, indem er seinem Nachbar auf den dicken Podex einen Klatsch versetzte wie ein Feldweibel; »huste uns deine Geschichte oder bezahle.«
    »Bei der Königin der Knackwürste!« rief der Burgunder. »Bei meiner Treue! Bei der Pest! Bei Gott! Beim Teufel! Ich weiß nur Historien vom Hof von Burgund, und die haben nur Kurs zusammen mit unsrer burgundischen Münze.«
    »Brav, Kamerad«, schrie der andre, »wir sind hier nicht in Abstinenzlingen ...« Und er wies den Wirt auf die leeren Kannen.
    »Ich werde euch also ein Abenteuer erzählen, das in Dijon jedermann kennt und das sich zugetragen hat in der Zeit, wo ich dort ein Kommando hatte; auch hat es gewiß irgendein Schreiber in ein Buch gesetzt. War da ein gewisser Gerichtsbüttel namens Muffler, dessen Haut war nichts als ein alter Sack voller Niederträchtigkeiten, er brummelte, schimpfte, fluchte in einem fort, machte jedem ein Gesicht, wie wenn er ihn fressen wollte, und nie geschah es, daß er einem armen Teufel, den er zum Galgen führte, den Weg durch einige lustige Scherze verkürzt hätte; kurz, er war ein Kerl, um auf einem Kahlkopf Läuse und sogar beim lieben Gott Fehler zu finden.
    Diesem Meister Muffler, so
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