Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die drei Lichter der kleinen Veronika

Die drei Lichter der kleinen Veronika

Titel: Die drei Lichter der kleinen Veronika
Autoren: Manfred Kyber
Vom Netzwerk:
Peter und meine Puppen, nein, die darf niemand essen, das wäre ja schrecklich. Auch Karoline soll nicht gegessen werden. Karoline ist die Köchin, weißt du. Sie spricht sehr laut, aber Mutzeputz schätzt sie sehr. Es ist eigentlich sonderbar, daß Mutzeputz sie schätzt, denn er mag es sonst nicht leiden, wenn man laut mit ihm spricht. Wir sprechen meist nur mit Gedanken zusammen. Papa kann man nicht mehr aufessen. Papa ist im Himmel. Mama sagt, der liebe Gott habe ihn irgendwie sehr nötig gehabt, und wir müssen uns so behelfen.«
    »Liebst du Mutzeputz am meisten, Veronika«, fragte der Luftgeist, »weil du ihn ganz zuerst genannt hast?«
    »Ich liebe alle«, sagte Veronika, »aber ich dachte zuerst an Mutzeputz, weil ich ihn immer nach allem frage. Die anderen kann man gar nicht so fragen, weil sie nicht alles verstehen, was man meint. Am ehesten noch Onkel Johannes. Es kann auch sein, daß Onkel Johannes ebenso klug ist wie Mutzeputz, aber ich glaube das eigentlich nicht. Jedenfalls sind sie beide sehr befreundet, und Onkel Johannes hat große Achtung vor Mutzeputz.«
    »Das ist recht von Onkel Johannes«, meinte der Luftgeist, »aber nun wollen wir zusammen zur silbernen Brücke fliegen.«
    »Wie kann ich das?« fragte Veronika zaghaft, »da müßte ich auch so schöne Flügel haben wie du.«
    »Du hast ja schon welche, merkst du es nicht, daß sie dir an den Schultern gewachsen sind? Bei uns geht das schnell im Garten der Geister.«
    Wahrhaftig – Veronika fühlte, wie sich leise federnde Falterschwingen an ihren Schultern bewegten, und schwerelos glitt sie mit dem Luftgeist von der Krone des Baumes in die weite, durchsonnte Sommerluft.
    Um sie herum flogen Schmetterlinge.
    »Nun bist du wie wir, Veronika«, sagten sie.
    Tief unter ihnen lag der Garten mit Kohl und Radieschen, mit Blumen, Käfern und Regenwürmern, und die Quellnixe warf ihre blanken Bälle in die blaue Luft, daß sie im Sonnenlicht zersprangen wie tausend blitzende Diamanten.
    »Warum fliegst du so hoch über den Garten hinweg, Veronika?« rief die Igelmutter, »du mußt erst einmal sehen, wie hübsch sich meine Kinder zusammenrollen können.«
    »Oh, die niedlichen kleinen Kugeln, mit lauter Stacheln daran!« rief sie entzückt.
    »Was fällt dir ein, von Kugeln zu reden?« ärgerte sich die Igelmutter, »das sind keine Kugeln, das sind meine Kinder. Was würdest du sagen, wenn ich deine Kinder Kugeln nennen wollte? Was sind das überhaupt für Ausdrücke!«
    »Hier wird einem aber leicht etwas übelgenommen«, sagte Veronika, »erst schimpft die Amsel, dann der Käfer und nun der Igel. Dabei habe ich doch gesagt, daß die Kinder reizend sind.«
    »Je tiefer im Garten der Erde, um so mehr wird alles mißverstanden, das kommt von der Dämmerung, Veronika, und am meisten mißverstehen und schimpfen die Menschen«, meinte der Luftgeist. »Veronika hat das gar nicht so gemeint«, rief er nach unten, »und außerdem ist eine Kugel die vollendetste aller Formen.«
    »So? Ist das auch wahr?« fragte die Igelmutter geschmeichelt, »und wohin fliegt ihr so eilig?«
    »Über die Quelle hinüber zur silbernen Brücke«, rief der Luftgeist.
    »Da will ich auch hin«, meinte die Igelmutter, »aber wie soll ich mit den Kleinen über das Wasser? Ich suche schon lange nach einem passenden Übergang.«
    »Am andern Ende des Gartens ist eine kleine Brücke«, sagte der Luftgeist, »die führt über die Quelle hinüber.«
    »Immer diese Umwege!« knurrte die Igelmutter, »nein, das ist mir heute zu umständlich, dann bleiben wir lieber hier. Es ist auch hier recht sonnig und angenehm.«
    »Ja, man muß Umwege machen, bis man zur silbernen Brücke kommt«, sagte der Luftgeist, »auch du wirst noch manchen Umweg machen müssen, kleine Veronika. Aber für den Igel ist es überhaupt noch zu früh, er hat noch hier zu tun. Auch ist er noch zu empfindlich und leicht beleidigt.«
    »Wenn die silberne Brücke jenseits der Quelle liegt, dann ist sie ja da, wo Onkel Johannes wohnt?« fragte Veronika. »Am Ende hat sie Onkel Johannes selber gebaut? Dann hätte er mir freilich auch etwas davon sagen können.«
    »Onkel Johannes hat wohl schon manche Brücke gebaut, die zu der silbernen Brücke führen sollte, aber die silberne Brücke selber kann er nicht bauen. Ich glaube eher, er hat sich seine Wohnung dort eingerichtet, weil er die silberne Brücke daneben entdeckt hat«, sagte der Luftgeist. »Schau, Veronika, da ist sie!«
    Auf silbernen Pfeilern erhob sich die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher