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Die drei Dämonischen

Die drei Dämonischen

Titel: Die drei Dämonischen
Autoren: Hans Kneifel
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auch einige sehr erfolgversprechende Methoden ersonnen. Jedenfalls werden wir dort erfahren können, aus welchem Grund Yahid unschuldige Knaben verfolgen, aussetzen oder töten lässt.«
    »Und wenn ich neunundneunzig Schleier trage«, rief Sadagar aus, »so wird man mich doch schon am Geruch als alten, hässlichen Mann durchschauen und erkennen.«
    Luxon stieß ein gutgelauntes Gelächter aus und sagte: »Vertraue mir, Sadagar! Ich bin ein Meister der Masken, Verkleidungen und vieler kleiner Überraschungen. Jetzt ist Eile geboten, denn die Tausend-Monde-Salbe verliert mehr und mehr ihre tarnende Wirkung.«
    Durch die dunkle Nacht eilten sie weiter. Sie erreichten die Pforte des Palasts, ohne angegriffen worden zu sein. Luxon stieß einen kurzen, schrillen Pfiff aus. Das Tor öffnete sich, und sie befanden sich wieder in der wohltuenden Sicherheit des Palasts. Auf Mythor wartete ein heißes Bad. Er gab seine Kleidungsfetzen einem jungen Diener und entspannte sich im duftenden Wasser. Als er sich schläfrig auf dem weichen Lager ausstreckte und auf das beruhigende Geräusch des Regens lauschte, glitt der Vorhang zur Seite, und Sadyn huschte herein.
    *
    Über dem sternbedeckten Himmel Sarphands zeichnete sich die haarfeine Sichel des Mondes ab. Die Brandung der Neumondphase schlug von fern zischend und rollend gegen die ausgehöhlten Felsen. Die große Terrasse des Palasts war von zahllosen Lampen und Fackeln erhellt.
    Aus einigen Nischen, hinter schleierartigen Vorhängen hervor, ertönte die Musik der Harfner und Flötenspieler.
    Ungehindert ging der Blick hinaus auf die Strudelsee.
    Die winzigen Kämme der Wellen leuchteten im Widerschein der Sterne. Ein Schiff, dessen Laternen glühten, entfernte sich mit einer breiten, schäumenden Kielspur aus dem Hafen. Ein ablandiger Wind füllte prall die hellen Segel. Duftende Blüten an langen Ranken fielen von der Terrassenbrüstung über die abschüssigen Felsen. Drohend ragten die schweren Schleudergeschütze wie knöcherne Finger in die Luft.
    Der Sarpha Yahid der Siebzehnte hatte zum Neumondfest geladen.
    Reiche Kaufleute mit ihren Mätressen standen in kleinen Gruppen beieinander und unterhielten sich leise über ihre letzten Abschlüsse. Zwischen den Gästen glitten aufreizend gekleidete Sklavinnen hin und her und füllten die Becher. Der Hofstaat verteilte sich ebenfalls in Gruppen über die marmornen Fliesen der Terrasse, in deren Mitte, an der Stelle, an der sie zusammenstießen, kleine Goldrosetten funkelten. Männer und Frauen, Sklaven und Sklavinnen, die Tochter und Söhne des Sarpha, bewaffnete, aber prunkvoll gekleidete Wachen – insgesamt wohl zweimal zwei Dutzend Sarphander – befanden sich auf der Terrasse und bewunderten die Freigebigkeit des Gastgebers, die Bögen, den Blumenschmuck, die auserlesenen Speisen und Getränke und die Rundungen der jungen Sklavinnen.
    Ein Gerücht machte die Runde. Niemand wusste es genau, aber jeder erzählte es jedem: Heute nacht würde der geheimnisumwitterte Croesus seinen Palast verlassen und sich in der Mitte der Gäste zeigen.
    Jedermann kannte von außen den kleinen, aber prachtstrotzenden Palast des Croesus. Viele hatten seine Sänfte und die Trägersklaven gesehen. Aber in ganz Sarphand gab es niemanden, der sich brüsten konnte, er habe Croesus ins Gesicht blicken können.
    »Hast du es gehört? Heute abend soll es geschehen!«
    »Was soll geschehen? Du meinst, dass sich Croesus zeigt?«
    »Woher weißt du es?«
    »Alle sagen es!«
    »Und jeder ist gespannt, wie er nun wirklich aussieht.«
    So oder ähnlich raunte man sich zu. Daneben wurden neue Geschäfte abgeschlossen. Sklavinnen und Sklaven wechselten die Besitzer, während die Goldmünzen in fremde Hände oder perlenverzierte Geldkatzen klirrten. Ein junger Sklave streute zermahlene Kräuter aus den fernen Handelsstationen auf die Glut der Kohlebecken. Der Wind, der aufs Meer hinauswehte, wirbelte das exotische Aroma über die Terrasse.
    Der Sarpha war ein wenig ärgerlich.
    Er war es nicht gewohnt, warten zu müssen. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und ließ den Blick seiner dunklen Augen über die farbenfrohe Festgesellschaft schweifen. Der Blick kam unter schweren Lidern hervor, war kalt, kalkulierend und stechend. Die Bewegung der listigen Augen war in diesen Augenblicken das einzige Zeichen von Leben in dem massigen Körper des Mannes. Die kostbaren Gewänder und die breiten Goldfadenstickereien verbargen nur schlecht den Umstand, dass Yahid ein
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