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Die drei Dämonischen

Die drei Dämonischen

Titel: Die drei Dämonischen
Autoren: Hans Kneifel
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von Leidenschaften, Trunksucht und zu gutem Leben gezeichneter Mann war. Aufregungen verursachten ihm Übelkeit. Widerspruch machte ihn rasend. Die Furcht, von seinem Thron gestoßen zu werden, ließ ihn nächtelang nicht schlafen.
    Träge wie ein altes Reptil wandte der Sarpha den Kopf und fragte: »Wo bleibt er?«
    »Herr«, sagte sein Leibdiener, der unmittelbar neben Yahids Schulter auf Befehle wartete, »wir sahen zwei Wächter, eine verschleierte Frau und einen Mann, der Croesus sein könnte, in den Serpentinengassen unterhalb deines zauberhaften Palasts. Sie müssen ans Tor klopfen, noch ehe dein Becher leer ist.«
    Yahid blickte in den Becher; er war knapp halb voll. Er trank einen Schluck. Seit ihm der würdevolle Bote des Croesus als Gastgeschenk die »unwiderstehliche Spenderin der Leidenschaft, die zauberhafte Kalathee« versprochen hatte, beherrschten Neugierde, Erwartung und Ungeduld sein Inneres. Croesus interessierte ihn nur am Rande. »Sie kommen also?«
    »Geduld, Herr. Sie kommen. Richte vielmehr dein Augenmerk auf deine Herren Söhne. Sie sprechen zu lange und viel zu leise mit den mächtigsten Kaufherren der Stadt. Es muss nicht, aber es kann Unheil bedeuten!«
    Yahid hob den Kopf, blickte in die treuen Augen des schmächtigen Mannes. Sie hatten vieles geteilt, und Tarfay besaß Yahids uneingeschränktes Vertrauen.
    »Ist es Pon Farr, dieser Sohn einer von Räude gezeichneten Hündin?« grollte Yahid.
    Tarfay schluckte, überlegte kurz und entgegnete: »Ich kenne die Haut seiner Mutter nur aus gebührender Entfernung, Herr, aber es ist in der Tat Pon Farr.«
    »Eines Tages werde ich meine Söhne erwürgen lassen, und dann kann ich nachts wohl besser schlafen.«
    »Wohingegen ich nicht davon überzeugt bin, dass ein Mörder besser schläft als der Sarpha!« lautete die diplomatische Antwort. Ganz schwach kam das Pochen am Palasttor bis an die Ohren der beiden Männer.
    »Was hältst du von Croesus’ großherzigem Geschenk, Tarfay?« fragte der Sarpha.
    »Es kann echt gemeint sein. Andererseits will sich Croesus, der seine Schwierigkeiten haben mag, deines Wohlwollens versichern. Auch eine teuer ersteigerte Sklavin, selbst gegen die Goldstücke des Beschnittenen ersteigert, ist und bleibt eine Sklavin. Er wird ihrer überdrüssig sein, denke ich.«
    »Ist sie wirklich so… begehrenswert?«
    »Ein Fall für Feinschmecker«, sagte Tarfay. »Als Geschenk mag Kalathee durchaus ihren Wert haben. Man sagt, dass Croesus mehr als nur wählerisch in bezug auf seine Bettgenossinnen ist.«
    »Wer sagt dies?«
    »Viele, Herr. Hier kommen sie…tatsächlich.«
    Tarfay war, bei aller Kumpanei und aller Treue, die er dem Sarpha tatsächlich hielt, ein Mann von übergroßer Vorsicht. Achtzig Mannslängen hoch schwebte die Kante der großen Terrasse über den Felsen und der Brandung der Strudelsee. In der Geschichte dieses Palasts waren schon viele gute Männer über die Kante hinuntergestürzt worden. Sie wurden, nachdem ihre Körper an den Felsen zerschmetterten und ins Wasser glitten, eine willkommene Beute der ewig hungrigen Raubfische.
    »Du hast recht, Tarfay. Und noch etwas: Achte auf diesen Bastard, der meine Macht will; ehe ich sie ihm freiwillig in seine gierigen Hände lege.«
    Tarfay entgegnete mit kaltem Grinsen: »Ich werde ihn der Aufmerksamkeit der Wilden Fänger empfehlen, Herr.«
    Yahid trank den Becher leer und warf ihn einem Sklaven zu, der ihn geschickt auffing. Dann stand er auf. Seine Hand fasste in den eckigen Kinnbart, den die Sklavinnen erst heute mittag wieder gefärbt hatten, um die verräterischen Spuren von Grau und Silber zu entfernen. Als sein goldverzierter Schuh den Boden berührte, bildete sich zwischen ihm und den Neuankömmlingen achtungsvoll eine breite Gasse.
    Dort, am oberen Ende der Prunktreppe, standen vier Gestalten.
    Zwei große, breitschultrige Leibwächter mit Masken aus weißem Leder, die nur einen schmalen Streifen der Stirn und das Gesicht unterhalb der Oberlippe frei ließen, traten zur Seite. Hinter ihnen stand ein ebenfalls maskierter Mann in einem Gewand, das sehr lang war – ebenso wie die Umhänge der Wächter. Aber zahllose Ketten, Armbänder, Schärpen und Gürtel zeigten an, dass dieser Gast alten Reichtum sein eigen nannte und leichter Hand mit ihm umzugehen wusste .
    »Du bist Croesus?« fragte Yahid.
    »Ich bin derjenige, den sie in Sarphand Croesus nennen«, sagte der Maskierte. »Und ich danke überaus herzlich für die Ehre, endlich eines der
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