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Die drei Dämonischen

Die drei Dämonischen

Titel: Die drei Dämonischen
Autoren: Hans Kneifel
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Mythor seine Worte glauben, »und in der Nacht verändert diese Stadt ihr Gesicht vollständig. Was am hellen Tag nicht möglich erscheint – in den Nächten wird’s zur schaurigen Wahrheit.«
    »Du weißt es besser als ich«, entgegnete Mythor. Verglichen mit seinen bisherigen Erfahrungen war das Gefüge dieser Stadt weitaus vielschichtiger und raffinierter als alles, was er sich vorstellen konnte. Aber gleichzeitig spürte er, wie ihn jeder weitere Schritt tiefer in die Geheimnisse hineinführte, und dies ausgerechnet an der Seite seines schärfsten Rivalen um den Titel des Sohnes des Kometen.
    »So ist es. Weiter! Hinter mir her!« ordnete Luxon an.
    Sie waren aufgebrochen, um die Vergangenheit beim Schopf zu packen. Es gab noch einige Menschen, die vermutlich die Wahrheit sagen würden. Die Wahrheit? Wer von ihnen nun wirklich der erhoffte Sohn des Kometen war, auf welche Weise ihre Lebensfäden und Schicksale miteinander verknüpft waren. Der erste auf diesem denkwürdigen Weg war der irre Magier Echtamor, der irgendwo in der Unterstadt hauste.
    Luxon wandte sich um, als sie im Zickzack zwischen den verschlossenen Haustüren und Mauern, zwischen Pfeilern und Stufen durch die Nacht glitten. Er rief unterdrückt: »Ich weiß, wie wir den Wilden Fängern entkommen können. Ihr braucht keine Furcht zu haben.«
    Mythor legte die Hand an den Griff seines langen Dolches und gab zurück: »Und wenn sie uns trotzdem fassen?«
    »Dann kann ich uns loskaufen. Es gibt so etwas wie festgesetzte Summen von Lösegeld«, antwortete Luxon. »Ich habe genug bei mir.«
    Natürlich machte sich keiner der Fänger die Mühe, einen halbblinden, verkrüppelten Bettler zu fesseln und davon zu zerren. Für die Lichtfähren, die nach Logghard gingen, brauchte man junge Kämpfer. Falls sie sich loskaufen wollten, mussten sie tief in die Tasche greifen. Den wenigsten gelang es.
    »Drei solch starke und kampferprobte Männer wie wir – du wirst eine Menge zu zahlen haben«, gab Sadagar gallig zurück.
    »Ich habe genug bei mir«, versicherte Luxon mit einem grimmigen Lachen.
    Einige Schritte weiter lag ein schlafender Bettler in einem Hauseingang. Er schlief wie bewusstlos, denn die Blätter und die Sandwirbel, die gegen seinen Kopf peitschten, vermochten ihn nicht aufzuwecken. Über die flachen Stufen einer halb zertrümmerten Treppe sprangen große Ratten mit weißen Schwänzen hin und her und pfiffen durchdringend. Sie rannten auseinander, als die Stiefel der drei Männer zwischen ihnen auf dem Stein auftrafen.
    Hinter der nächsten Ecke lag ein toter Hund auf dem Pflaster. Luxon sprang mit einem Satz darüber hinweg. Ein Windstoß packte seine Begleiter und wirbelte sie vorwärts. Ihre zerrissenen Mäntel schlugen ihnen knatternd um die Ohren. Wieder tappten sie eine Treppe abwärts und liefen durch einen Wirrwarr aus Gassen und winzigen Höfen. Die ersten Regentropfen schlugen fast waagrecht gegen die Mauern. Dann rauschte der Regen gleichmäßig herunter und verwandelte einen Teil der abschüssigen Gassen in ein Bachbett.
    »Wir sind bald am Ziel«, sagte Luxon hundert Schritte weiter. Binnen weniger Augenblicke waren sie von Kopf bis zu den Stiefeln durchnässt .
    Ein Blitz leuchtete den Platz aus, der vor ihnen lag.
    Im letzten Moment hielt Mythor Luxon und Sadagar an den Schultern zurück. Sie duckten sich hinter eine zerfallende Mauer.
    »Das ist, wenn ich nicht halb blind bin«, flüsterte Sadagar, »ein Wilder Fänger.«
    Im flackernden Licht des Blitzes hatten sie ihn gesehen.
    Eine große, breitschultrige Gestalt, den Kopf in einer ledernen Kapuze versteckt, in der es nur Löcher für die Augen und die Mundöffnung gab. Der Fänger lehnte in einem tiefen Spalt einer Hausmauer und wartete. Er war in Leder gekleidet und hatte ein dünnfädiges Netz, Seile und einen Spieß mit einer halbmondförmigen Spitze, die im rechten Winkel zum Schaft angebracht war. In seiner dunklen Regungslosigkeit hatte er etwas Bedrohliches, strahlte Gefühllosigkeit und Stärke aus.
    »Wartet er auf uns?« brummte Luxon.
    »Dann müsste ihm jemand gesagt haben, dass wir heute nacht Spazierengehen«, gab Mythor zurück. »Was ziemlich unwahrscheinlich ist. Oder hast du etwa dafür gesorgt, dass wir eine zusätzliche Unterhaltung haben, König der Stadtstreicher?«
    »Ich werde mich hüten, Freund des Kometensohnes«, knurrte Luxon. »Wir warten, bis er sich bewegt.«
    »Eine sichere Sache«, schloss Sadagar, aber seine Finger zogen zwei Wurfmesser
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