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Die Drachenreiter von Pern 08 - Nerilkas Abenteuer

Die Drachenreiter von Pern 08 - Nerilkas Abenteuer

Titel: Die Drachenreiter von Pern 08 - Nerilkas Abenteuer
Autoren: Anne McCaffrey
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besaß beachtliche Talente als Heilerin, auch wenn ich sie außerhalb der Familie selten anwenden durfte. Im nächsten Moment schämte ich mich meiner Gedanken und richtete die Schritte zu den unteren Höhlen der Burg, wo sich die Vorratsräume befanden.
    Wenn diese Krankheit eine Quarantäne erforderte, dann lohnte es sich vielleicht, unsere Arzneien zu überprüfen. Zwar besaß die Heiler-Halle Medikamente für alle möglichen Notfälle, aber von den Burgen und größeren Höfen wurde erwartet, daß sie sich einige Vorräte für den Eigenbedarf anlegten. Und die besondere Situation erforderte vielleicht seltene Kräuter und Heilpflanzen, die wir nicht in ausreichender Menge gesammelt hatten. Leider erspähte mich Campen. Er schoß auf mich zu, schwer schnaufend wie immer, wenn er aufgeregt war.
    »Rill, was ist los? Stimmt das mit der Quarantäne? Soll das etwa heißen, daß Vater auf Ruatha bleiben muß? Was tun wir jetzt?«
    Dann fiel ihm ein, daß es unter seiner Würde als Stellvertreter des Burgherrn war, den Rat von Untergebenen einzuholen - ganz besonders den seiner Schwester. Er räusperte sich heftig, blähte die Brust und setzte eine so strenge Miene auf, daß ich ein Lachen unterdrücken mußte.
    »Haben wir genügend frische Kräuter für unsere Leute im Haus?«
    »Mehr als genug.«
    »Laß die schnippischen Antworten, Rill! Dazu ist jetzt nicht der rechte Augenblick.«
    Er sah mich mit düster gerunzelter Stirn an.
    »Ich bin dabei, die Arzneien zu überprüfen, Bruder, aber ich kann schon jetzt ohne Ubertreibung sagen, daß unsere Vorräte jedem Notfall gewachsen sind.«
    »Sehr gut. Ich erwarte von dir ein schriftliches Verzeichnis aller gelagerten Medikamente und Kräuter.«
    Er tätschelte mir die Schulter, als sei ich sein Lieblingshund, und trollte sich schnaufend. Mit einer gewissen Genugtuung stellte ich fest, daß er nicht recht wußte, wie er sich in dieser Katastrophe verhalten sollte.
    Manchmal bin ich entsetzt über die Verschwendung in unseren Vorratshöhlen. Im Frühling, Sommer und Herbst sammeln wir Unmengen von Kräutern, Obst und Feldfrüchten. Wir kochen sie ein, pökeln sie, legen sie in Essig oder Öl ein. Aber trotz Mutters Bemühungen schaffen wir es nie, die Ernte eines Planetenumlaufs aufzubrauchen. Und so stapeln sich die Vorräte. Tunnelschlangen und Insekten räumen in den tiefergelegenen Nischen auf. Wir Mädchen zweigen hin und wieder ein paar Sachen ab und verschenken sie heimlich an notleidende Familien im Herrschaftsbereich der Burg. Weder Vater noch Mutter neigen zur Freigebigkeit, nicht einmal dann, wenn die Pächter durch Mißernten in Not und Armut geraten.
    Meine Eltern betonen stets, daß es die Pflicht der Burgherren sei, für die Zeit der Krise vorzusorgen, aber irgendwie haben sie den Begriff ›Krise‹ nie näher erklärt. Und so horten wir weiterhin nicht verbrauchte und nicht mehr brauchbare Dinge.
    Natürlich behalten Kräuter und Arzneipflanzen, richtig getrocknet und gelagert, viele Planetenumläufe ihre Wirksamkeit. In den Regalen stapelten sich die Säckchen, die Trockengestelle quollen über von Bündeln, die Glasbehälter waren bis zum Rand mit Samen und Salben gefüllt. Schwitzwurzel und Federfarn - all die Fiebermittel, die man seit undenklichen Zeiten als Medikamente verwendete. Schwarzwurz, Akonit, Thymus, Ysop und Oesob: Ich betrachtete sie der Reihe nach; wir hatten so viel davon, daß Burg Fort notfalls jeden einzelnen der knapp zehntausend Bewohner behandeln konnte. Im letzten Planetenumlauf hatten wir eine Rekordernte an Fellis eingebracht. Hatte das Land gewußt, was geschehen würde? Auch Akonit war in großen Mengen vorhanden.
    Erleichtert über die Fülle wandte ich mich zum Gehen, als ich einen Blick auf die Regale warf, in denen die medizinischen Archive der Burg verwahrt wurden - die Rezepte für diverse Mixturen und Säfte, dazu die Aufzeichnungen der jeweiligen Arznei-Verwalter.
    Ich öffnete den Leuchtkorb über dem Lesetisch und holte aus einem Stapel von Bänden mühsam die ältesten Aufzeichnungen hervor. Vielleicht war diese Seuche schon einmal aufgetreten, in einem der vielen Planetenumläufe seit der Überfahrt. Das Archiv war staubig, und der Einband bröckelte ab, als ich ihn anfaßte. Nun, wenn Mutter es nicht für notwendig hielt, die Dinger abstauben zu lassen, dann fiel ihr der angerichtete Schaden vielleicht nicht auf. Der Band roch modrig; ich öffnete ihn vorsichtig, um die vergilbten Seiten nicht zu zerreißen.
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